Tabubruch nach fast 40 Jahren: Italien liebäugelt mit Rückkehr zur Atomenergie

Mini-Kernkraftwerke könnten Italiens Energiesicherheit verbessern. Die Regierung in Rom will Millionen Euro in die Kernkraft investieren. Geprüft wird, ob ein staatlich unterstütztes Unternehmen gegründet wird, dass derartige Kernkraftwerke herstellt.
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Italiens Premierministerin Giorgia Meloni lässt prüfen, ob Kernkraft für Italien wieder in Frage kommt.Foto: Emiliano Lasalvia/AFP via Getty Images
Epoch Times7. März 2025

Fast 40 Jahre nach einem Referendum, bei dem die Italiener der Kernkraft den Rücken kehrten, strebt die Regierung in Rom eine nukleare Renaissance an.

Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verspricht sich davon eine stärkere Energiesicherheit für Italien und eine Reduzierung der CO2-Emissionen.

Mini-Kernkraftwerke sollen hergestellt werden

Bis zum kommenden Jahr will Energieminister Gilberto Pichetto Fratin einen detaillierten Plan für die Rückkehr zur Kernenergie ausarbeiten.

Durch moderne Kernkraftwerke in Kombination mit erneuerbaren Energien könne Italien in die Lage versetzt werden, seine Klimaziele zu erreichen, sagt der Minister. Zugleich könne Italien damit „volle und umfassende Energiesicherheit“ erlangen.

Zwischen 2027 und 2029 will sein Ministerium jährlich 20 Millionen Euro in die Kernkraft investieren. Dabei sollen Gespräche zur Gründung eines staatlich unterstützten Unternehmens geführt werden, das sogenannte Mini-Kernkraftwerke (Small Modular Reactors – SMRs) herstellen soll.

SMRs erzeugen nur etwa ein Drittel der Energie eines traditionellen Kraftwerks. Sie sind deutlich kleiner als normale Reaktoren und so konzipiert, dass sie in einer Fabrik gefertigt werden können.

Viele setzen auf diese Technologie, auch wenn sie noch nicht ausgereift ist. Darüber hinaus hofft die italienische Regierung auch auf Kernfusion, die allerdings ebenfalls eine Wette auf die Zukunft bedeutet.

Benedettini: „Tabu“ um Kernenergie gebrochen

Die Energieberaterin Simona Benedettini begrüßt es, dass die Regierung nun das „Tabu“ um die Kernenergie in Italien gebrochen habe. Italien verfüge nach wie vor über erstklassige Wissenschaftler in dem Bereich, die einen solchen Wandel in der Energiepolitik unterstützen könnten, sagt sie.

Kritiker weisen darauf hin, dass die Energiegewinnung mit Kernkraftwerken teurer sei als andere Energieformen mit niedrigem CO2-Ausstoß. Zudem würde der Bau neuer Kraftwerke viele Jahre dauern.

Die Energieexpertin des Klima-Thinktanks Ember, Beatrice Petrovich, hält eine Fokussierung auf Kernenergie für kontraproduktiv. Besser wäre es aus ihrer Sicht, sich auf erneuerbare Energien zu konzentrieren.

Denn das Ziel der Energiesicherheit und einer größeren Unabhängigkeit von ausländischen Rohstoffen, etwa Gas, sei mit Kernkraft nicht automatisch erreicht: Vielmehr würde die Kernkraft „eine zusätzliche Abhängigkeit“ bedeuten, sagt Petrovich mit Blick auf den dann anfallenden Bedarf an Uran. Eine solche Abhängigkeit könne ein geopolitisches Risiko bergen.

2011 waren viele Italiener gegen die Kernkraft

Offen ist, ob die Italiener von den Plänen ihrer Regierung überzeugt werden könnten. Ursprünglich gehörte das Land zu den KKW-Pionieren. Nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 kippte die Stimmung.

Ein Referendum brachte das Ende der vier Kernkraftwerke im Land, die letzten schlossen 1990, bis heute läuft ihr Rückbau. Atommüll-Endlager gibt es in Italien nicht, an 50 möglichen Standorten war der Widerstand dafür zu groß.

Nach der Katastrophe im japanischen Fukushima 2011 sprach sich die Bevölkerung in einem Referendum erneut gegen eine Rückkehr zur Kernkraft aus. In einer Umfrage vom November äußerten vier von fünf Italienern ihre Ablehnung. (afp/red)



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