Syrien: Türkischer Außenminister droht kurdischen Kämpfern mit „Vernichtung“
Die Türkei hat den kurdischen Kämpfern im Nordosten Syriens mit Vernichtung gedroht. Die „Bedingungen“ in Syrien hätten sich verändert, sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan am Montag vor Journalisten unter Verweis auf die Machtübernahme der islamistischen HTS-Miliz in dem Nachbarland. „Wir glauben, es ist nur eine Frage der Zeit, bevor PKK/YPG vernichtet wird.“
Den Westen warnte Fidan zudem vor jeglicher Unterstützung der kurdischen Kämpfer in Syrien. „Wenn Sie andere Ziele in der Region haben, wenn Sie eine andere Politik betreiben wollen, indem Sie Daesch als Vorwand benutzen, um die PKK zu ermutigen, dann gibt es auch dafür keinen Weg“, sagte Fidan.
In arabischen Ländern ist Daesh eine weitverbreitete Bezeichnung für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Ankara steht in engem Kontakt mit den neuen islamistischen Machthabern in Damaskus. Seit deren Sieg über Assad halten die Spannungen im Norden Syriens an, da die Türkei trotz internationaler Kritik ihre Einsätze dort fortsetzt.
Allein am Wochenende wurden bei Kämpfen zwischen pro-türkischen Gruppierungen und YPG-Einheiten mindestens hundert Menschen getötet.
Erdoğan: „Sollte die Gefahr bestehen, könnten wir in einer Nacht eingreifen“
Der türkische Außenminister äußerte sich nach Gesprächen mit seinem jordanischen Kollegen Ajman Safadi. Bei dem Treffen ging es unter anderem um die Bedrohung durch den IS in Syrien nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad durch islamistisch angeführte Milizen.
Später erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, die Türkei könne „unter keinem Vorwand akzeptieren, dass Syrien geteilt“ werde.
„Wenn wir das geringste Risiko bemerken, werden wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen“, sagte Erdoğan am Montag an die kurdischen Kämpfer gewandt. Es gebe keinen Platz für „Terror“ in Syrien, warnte er. „Sollte die Gefahr bestehen, könnten wir in einer Nacht eingreifen.“
Kurden und die Öl- und Gasförderung
Im Nordosten von Syrien – wo die Kurden leben – gibt es bedeutende Erdöl- und Erdgasvorkommen, die eine zentrale Rolle in der syrischen Wirtschaft spielen. Die Förderung deckt etwa 50 Prozent der Staatseinnahmen. Und sie befindet sich in den Händen der Kurden.
Die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte SDF kontrollieren den Großteil der syrischen Ölfelder im Nordosten des Landes. Von den rund 1.300 Ölquellen sind etwa 250 in Betrieb. Moderne Raffinerien gibt es nicht, primitive Methoden der Ölverarbeitung dominieren. Die Kurden verkaufen die Produkte an andere Gruppierungen weiter.
Kurden spielen entscheidende Rolle gegen den IS
Die USA hatten sich im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) mit der kurdischen YPG-Miliz verbündet. Die kurdischen Kämpfer spielten beim im Jahr 2019 erreichten Sieg über den IS, der vormals weite Teile Syriens und des Irak beherrscht hatte, eine zentrale Rolle.
Syrische Kurden betreiben in Nordostsyrien mehrere Lager und Gefängnisse für frühere IS-Terroristen und deren Familien.
Das größte und bekannteste ist al-Hol, in dem rund 40.000 Menschen untergebracht sind. Insgesamt sind über 90.000 Menschen in kurdisch kontrollierten Hafteinrichtungen. Die Situation in den Lagern ist problematisch.
Es wurden bereits geheime Waffendepots und Tunnel entdeckt, zudem erfolgt eine Radikalisierung der Insassen.
Kurdische Behörden fühlen sich von der internationalen Gemeinschaft in diesem Punkt alleingelassen. Sie fordern, dass ausländische Staaten ihre Staatsbürger zurücknehmen, was nur in kleinem Umfang geschehen ist. Die Lager stellen einen potenziellen Rekrutierungspool für den IS dar. Tausende IS-Kämpfer im Untergrund würden nur darauf warten, erneut loszuschlagen.
Die Unterstützung der USA ist der Türkei ein Dorn im Auge. Ankara betrachtet die innerhalb der SDF dominierenden kurdischen YPG-Einheiten als Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von der Türkei wie von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird.
Die PKK kämpft in der Türkei seit Jahrzehnten gewaltsam gegen die türkische Armee und für die Rechte der Kurden.
Die SDF kontrollieren große Teile des Nordostens Syriens und Teile der östlichen Provinz Deir Essor, wo die Kurden nach dem Rückzug der Regierungskräfte zu Beginn des Bürgerkriegs 2011 eine autonome Verwaltung eingerichtet haben. Aus der Sicht Washingtons ist die SDF entscheidend, um ein Wiedererstarken des IS zu verhindern.
Der zuvor unter seinem Kampfnamen Mohammed al-Dscholani bekannt gewordene De-facto-Herrscher in Syrien, HTS-Chef Ahmed al-Scharaa, fordert die Eingliederung der SDF in die künftige syrische Armee. Unter der Führung seiner HTS-Miliz war am 8. Dezember die Herrschaft Assads beendet worden.
(afp/red)
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