Syrien: Krisengipfel in Jordanien – USA hoffen auf geordneten Übergang

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Assad werden die Karten in dem Land neu gemischt. US-Außenminister Blinken lässt wissen, was die USA von den Beteiligten erwarten. Heute beraten virtuell die G7-Staaten über die Lage, am 14. Dezember findet in Jordanien ein Gipfeltreffen statt.
US-Außenminister Blinken traf den türkischen Präsidenten Erdogan zu Beratungen über die Lage in Syrien.
US-Außenminister Blinken traf den türkischen Präsidenten Erdogan zu Beratungen über die Lage in Syrien.Foto: Andrew Caballero Reynolds/Pool AFP via AP/dpa
Epoch Times13. Dezember 2024

Die US-Regierung unterstützt nach eigenen Angaben einen von Syrien geführten politischen und gewaltfreien Übergang in dem Land.

Dabei müssten alle Gruppierungen einbezogen werden, sagte Chefdiplomat Antony Blinken laut Angaben des Außenministeriums nach einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Die Zivilbevölkerung einschließlich der Minderheiten müsse geschützt werden.

Die von den Islamisten eingesetzte Übergangsregierung kündigte die Aussetzung von Verfassung und Parlament für drei Monate an – zugleich sicherte sie die Schaffung eines „Rechtsstaates“ zu.

Krisengipfel in Jordanien am 14. Dezember

Eine Allianz von Islamisten, Milizen und Rebellen hatte am Sonntag den seit 24 Jahren in Syrien regierenden Machthaber Baschar al-Assad gestürzt. Dieser floh nach Russland, wo er Asyl erhielt. Wie es nun weitergeht in Syrien, wird zentrales Thema eines Krisengipfels sein, den das Nachbarland Jordanien am Samstag ausrichten will.

Am 12. Dezember 2024 in einer Drogenproduktionsanlage in der Stadt Douma am östlichen Stadtrand von Damaskus. Vor allem die Hisbollah produziert(e) industriell die verbotene Droge Captagon. Es wurden Militärbasen und Vertriebszentren für das mit Amphetaminen versetzte Aufputschmittel eingenommen, das den Schwarzmarkt im gesamten Nahen Osten überschwemmt hat. Foto: Aris Messinis/AFP via Getty Images

Dort sollen neben Außenministern von arabischen Staaten der Region auch Blinken und sein türkischer Kollege Hakan Fidan dabei sein sowie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen.

Blinken betonte, dass die Koalition zur Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ihre Aufgabe weiterhin erfüllen könne. Hintergrund sind Kämpfe zwischen Türkei-nahen Milizen und Kurdenmilizen, die von den USA unterstützt werden. Die Türkei will deren Einfluss schwächen.

G7-Staaten beraten am 13. Dezember

Die Staaten der G7-Gruppe kommen heute zu virtuellen Beratungen über die Lage in dem Land zusammen. Sie hatten sich bereit erklärt, einen Übergangsprozess mit dem Ziel einer „glaubwürdigen, inklusiven“ Regierung zu unterstützen.

Die sieben großen Industriestaaten (G7) forderten von den neuen Machthabern den Schutz der Menschenrechte, einschließlich derer von Frauen und Minderheiten. Es sei zudem wichtig, „das Assad-Regime für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“. Die G7 würden mit einer künftigen syrischen Regierung, die sich an die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte halte und die aus diesem Prozess hervorgehe, zusammenarbeiten und sie uneingeschränkt unterstützen, hieß es weiter.

Die Miliz HTS ist aus der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida hervorgegangen, hat nach eigenen Angaben aber seit 2016 keine Verbindungen mehr zu Al-Kaida. Ihr Anführer Mohammed al-Dscholani präsentiert sich moderat. Viele westliche Staaten, darunter die USA, stufen die HTS als Terrororganisation ein.

Autoverkehr auf dem zentralen Umayyad-Platz in Damaskus am 12. Dezember 2024. Foto: Omar Hat Kadour/AFP via Getty Images

Scholz telefoniert mit Jordanien

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) telefonierte mit König Abdullah II. (Jordanien), dessen Land in der Region eine wichtige Vermittlerrolle innehat. Beide waren sich dabei nach Angaben Berlins einig, dass ein „inklusiver politischer Prozess in Syrien nun sehr wichtig“ sei. „Jetzt ist unsere Aufgabe zu gucken, dass dort ein Leben möglich wird, sicher, wo man ohne Angst sich bewegen kann“ und wo „die ganz unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen zusammenleben“, sagte Scholz im „Deutschlandradio Kultur“.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte in Berlin als Ziel des Übergangsprozesses die Abhaltung von „freien Wahlen“.

Laut dem Nothilfebüro der Vereinten Nationen Ocha sind seit Beginn der Offensive der syrischen Islamisten und Rebellen rund 1,1 Millionen Menschen in Syrien auf der Flucht. Der Großteil seien Frauen und Kinder. In Syrien leben rund 23 Millionen Menschen.

In Gebieten im Norden und Osten des Landes komme es weiterhin zu Feindseligkeiten, berichtete Ocha. In weiten Teilen des Landes habe sich die Lage aber stabilisiert.

Israel: Großteil der Boden-Luft-Raketen in Syrien zerstört

Die Lage in Syrien ist auch für den Nachbarn Israel von großem Interesse – der jüdische Staat fürchtete zeitweise, dass das Machtvakuum nach Assads Sturz auch seine Sicherheit gefährden und das Waffenarsenal der Regierungstruppen in falsche Hände geraten könnte.

Nach dem Umsturz habe Israels Luftwaffe innerhalb von 48 Stunden mehr als 500 Ziele des syrischen Militärs attackiert, schrieb die „Jerusalem Post“. Die Angriffe hätten das Bedrohungspotenzial für Israel dauerhaft und radikal gesenkt, hieß es unter Berufung auf die Armee.

Das israelische Militär habe einen Großteil des Waffenarsenals zerstört, darunter mehr als 90 Prozent der zur Abwehr von Luftangriffen einsetzbaren Raketen in Syrien, von denen Israel Kenntnis habe. Israel habe zudem weitere strategische Waffen in Syrien schwer beschädigt, darunter Boden-Boden-Raketen, Drohnen und Kampfjets.

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich besorgt über die israelischen Angriffe in Syrien. Er betonte „die dringende Notwendigkeit, die Gewalt an allen Fronten in ganz Syrien zu deeskalieren“, wie es in einer am Donnerstag von seinem Büro veröffentlichten Erklärung heißt.

Netanjahu: „Kettenreaktion“ gegen den Iran

Das israelische Vorgehen gegen den Iran und seine Verbündeten hat nach den Worten des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu eine „Kettenreaktion“ ausgelöst, die den gesamten Nahen Osten verändern könnte.

„Die historischen Ereignisse, die wir heute erleben, sind eine Kettenreaktion“, sagte Netanjahu am Donnerstag in einer Videoansprache, die an das iranische Volk gerichtet war.

Netanjahu nannte das Vorgehen gegen die islamistische Palästinenserorganisation Hamas, die „Dezimierung“ der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon und die Tötung ihres Anführers Hassan Nasrallah sowie „die Schläge, die wir der Terrorachse des iranischen Regimes versetzt haben“.

Der Iran habe Dutzende Milliarden Dollar ausgegeben, um die Regierung des nun gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad sowie die Hamas und die Hisbollah zu stützen. „Das Einzige, was Israel will, ist die Verteidigung unseres Staates, aber damit verteidigen wir die Zivilisation gegen die Barbarei“, sagte Netanjahu.

Ein Mann hängt am 12. Dezember 2024 in einem Krankenhaus in Damaskus, Syrien, ein Bild eines vermissten Angehörigen auf. Foto: Chris McGrath/Getty Images

Der israelische Regierungschef sagte, er glaube, dass die Menschen im Iran Frieden wollten. Sie litten jedoch „unter der Herrschaft eines Regimes, das Sie unterjocht und uns bedroht“. Dies werde sich eines Tages ändern, dann werde der Iran „frei sein“.

Der Iran ist seit langer Zeit ein Verbündeter der Assad-Familie. Assad spielte eine strategische Rolle in der iranischen „Achse des Widerstands“, die gegen Israel gerichtet ist. Zu ihr gehören auch die Hamas und die Hisbollah.

Hoffnung auf baldiges Gaza-Abkommen

Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sieht nach einem Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Hoffnung auf ein Abkommen im Gaza-Krieg noch im Dezember.

Zugleich mahnte Sullivan mehr Hilfen für den Gazastreifen an. „Stellen wir sicher, dass Israel nicht für die dritte Hungersnot des 21. Jahrhunderts verantwortlich ist“, sagte Bidens Berater laut der „Times of Israel“ bei einem Besuch in Israel. Hungernde Kinder seien keine Gefahr für den jüdischen Staat, so Sullivan.

Teilweise gehen im Gazastreifen die Angriffe weiter. (dpa/red)



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