Syrien: HTS-Truppen werden aufgelöst und in Armee eingegliedert

Was geschieht nach dem Sturz Assads in Syrien? Internationale Kräfte wollen ein Erstarken des IS verhindern. Der in Teilen des Landes siegreiche HTS unterstellt seine Kämpfer dem Verteidigungsministerium. Rund 70 Prozent der Menschen ist auf Hilfe angewiesen.
Titelbild
Lastwagen mit syrischen Flüchtlinge sind am 16. Dezember 2024 auf einer Straße von einem Lager in Arsal im Ostlibanon auf dem Weg nach Syrien.Foto: Nidal Solh/AFP via Getty Images
Epoch Times17. Dezember 2024

In Syrien haben die siegreichen Islamisten die Auflösung ihrer Kampftruppen und deren Eingliederung in die Armee angekündigt.

Die Kämpfer würden dem Verteidigungsministerium unterstellt, erklärte der Anführer der Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), Mohammed al-Dscholani, der inzwischen unter seinem bürgerlichen Namen Ahmed al-Scharaa auftritt, am Montag bei einem Treffen mit Würdenträgern der Gemeinschaft der Drusen. „Alle werden dem Gesetz unterworfen sein.“

Das Problem IS

Die USA teilten unterdessen mit, dass bei US-Luftangriffen auf Stützpunkte der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zwölf Mitglieder der Gruppierung getötet worden seien. Mit den Angriffen solle der IS daran gehindert werden, „sich im Zentrum Syriens neu zu formieren“.

Rebellen in Syrien suchen Kontakte ins Ausland. (Archivbild)

Rebellen in Syrien suchen Kontakte ins Ausland. Foto: Hussein Malla/AP/dpa

HTS-Chef al-Scharaa versucht, den Minderheiten im Land sowie ausländischen Regierungen zu versichern, dass die syrische Übergangsregierung alle Syrer sowie die staatlichen Institutionen schützen werde. Nun betonte er die Notwendigkeit von Einheit in dem Land, in dem zahlreiche Religionsgemeinschaften und Ethnien leben.

Er kündigte an, einen „Vertrag“ zwischen dem Staat und Religionen schließen zu wollen, um „soziale Gerechtigkeit“ sicherzustellen.

„Syrien muss geeint bleiben, und es muss einen Sozialvertrag zwischen dem Staat und allen Konfessionen geben, um soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten“, erklärte der Islamisten-Chef nach Angaben seiner von der HTS angeführten Koalition bei Telegram.

70 Prozent der Menschen ist auf Hilfe angewiesen

Misswirtschaft hat dazu geführt, dass 70 Prozent der Bevölkerung auf Hilfe angewiesen sind. Der Leiter des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (Ocha), Tom Fletcher, rief am Montag zu einem „massiven Strom von Unterstützung“ für Syrien auf. Die syrische Wirtschaft leidet auch unter europäischen und US-Sanktionen.

Im Nordosten des Landes gibt es bedeutende Erdöl- und Erdgasvorkommen, die eine zentrale Rolle in der syrischen Wirtschaft spielen. Die Förderung deckt etwa 50 Prozent der Staatseinnahmen – sie befindet sich in den Händen der Kurden.

Die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte SDF kontrollieren den Großteil der syrischen Ölfelder im Nordosten des Landes. Von den rund 1.300 Ölquellen sind etwa 250 in Betrieb.

Moderne Raffinerien gibt es nicht, primitive Methoden der Ölverarbeitung dominieren. Die Kurden verkaufen die Produkte an andere Gruppierungen weiter.

Dichter Rauch steigt aus einer Ölförderanlage auf, die am 25. Oktober 2024 nahe der nordöstlichen Grenze Syriens zur Türkei in der Landschaft von Qahtaniyah im äußersten Nordosten der Provinz Hasakeh beschossen wurde. Foto: Delil Souleiman/AFP via Getty Images

EU bemüht sich um Kontakte

Westliche Staaten bemühen sich um Kontakte zu der neuen Führung in Syrien, gleichzeitig wird die HTS von mehreren westlichen Ländern als „terroristisch“ eingestuft. Sie ist aus der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida hervorgegangen.

Bei einem Treffen mit einer Delegation von britischen Diplomaten betonte al-Scharaa am Montag die Notwendigkeit, „alle gegen Syrien verhängten Sanktionen aufzuheben, um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Land zu ermöglichen“, wie seine Gruppe bei Telegram mitteilte.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas kündigte am Montag an, der für Syrien zuständige EU-Diplomat Michael Ohnmacht werde im Tagesverlauf in Damaskus eintreffen. Die EU könne „kein Vakuum“ in Syrien zulassen, sagte Kallas weiter. Russland und Iran „sollten keinen Platz in Syriens Zukunft haben“, warnte sie.

Auch die Bundesregierung will bald eine Delegation nach Damaskus schicken. Der UN-Syriengesandte Geir Pedersen rief bei einem Treffen mit al-Dscholani zu einem geordneten politischen Übergang in Syrien auf.

Ein Gemüsehändler im Stadtteil Baba Amr in Homs am 16. Dezember 2024. Foto: Aaref Watad/AFP via Getty Images

Assad wurde von russischer Militärbasis evakuiert

Assad äußerte sich erstmals öffentlich und versichert, vor seiner Flucht noch so lange wie möglich in Damaskus ausgeharrt zu haben. „Ich bin bis zum Tagesanbruch des Sonntag, 8. Dezember, in Damaskus geblieben und habe meine Pflicht erfüllt“, hieß es in einer am Montag bei Telegram verbreiteten Erklärung des Ex-Staatschefs.

Assad gab weiter an, er sei auf Bitten Moskaus von einer Militärbasis evakuiert worden. Fünf frühere Regierungsmitarbeiter hatten der Nachrichtenagentur AFP zuvor berichtet, dass Assad das Land schon Stunden vor der Einnahme der Hauptstadt durch die HTS und der mit ihr verbündeten Milizen verlassen habe.

Der Sturz der Assad-Regierung hatte in Syrien und an anderen Orten Jubel ausgelöst. Der Machthaber, der Proteste gegen die Regierung im Jahr 2011 mit Gewalt niederschlagen ließ, hinterlässt ein durch Folter, dem Verschwindenlassen von Menschen und Hinrichtungen im Schnellverfahren zerrüttetes Land.

Rebellen unter Führung der islamistischen HTS-Miliz hatten am 8. Dezember Damaskus erobert und die langjährige Herrschaft des Machthabers Baschar al-Assad in Syrien beendet.

Die wichtigsten Verbündeten Assads – Russland, der Iran und die im Libanon ansässige Hisbollah-Miliz – griffen nicht ein, um den Vormarsch der islamistischen Kämpfer auf die syrische Hauptstadt zu stoppen. (afp/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion