Swift-Konzerte: Er wollte wohl mit dem Auto in die Menge rasen – Wien tröstet „Swifties“

Die Ermittlungen nach der Anschlagsplänen auf die Konzerte in Wien laufen weiter auf Hochtouren. Mit einigen Nettigkeiten versuchen Stadt und Handel die Laune der Frustrierten etwas zu heben. In London die Konzerte sollen stattfinden, für die Adele-Konzerte in München wird keine erhöhte Gefahr gesehen.
Das Ernst-Happel-Stadion in Wien war für alle drei Konzerte ausverkauft.
Das Ernst-Happel-Stadion in Wien war für alle drei Konzerte ausverkauft.Foto: Florian Wieser/APA/dpa
Epoch Times9. August 2024

Nach der Absage der Taylor-Swift-Konzerte in Wien ist eine weitere Person festgenommen worden. Es handle sich um einen 18 Jahre alten Mann aus dem Irak, sagte der österreichische Innenminister Gerhard Karner.

Der Verdächtige habe einen Treueschwur auf den „Islamischen Staat“ abgelegt. Er sei im Umfeld des 19-jährigen Hauptverdächtigen unterwegs gewesen, so Karner. Hinweise, dass der 18-Jährige direkt in die Anschlagspläne auf ein Taylor-Swift-Konzert eingebunden war, gibt es demnach aber nicht.

„Taylor-Town“ Wien

Die Stadt Wien möchte die angereisten Fans von Taylor Swift über die Konzert-Absagen etwas hinwegzutrösten. Wer ein Ticket vorzeigt, kann bei einem Edel-Burger-Laden einen Hamburger bekommen – gratis. Einige Lokale bieten den „Swifties“ außerdem kostenlose Getränke an.

Eine Kaffee-Kette schenkt einen Gratis-Kaffee aus. Wer sich für Kultur interessiert, kann mit dem Swift-Ticket umsonst in die berühmte Sammlung der Albertina.

Ein Vintage-Store bietet 20 Prozent Rabatt auf die dort angebotene Secondhand-Ware. Auch die Wiener Bäder haben ein Angebot parat: Jede und jeder mit einer Eintrittskarte für die abgesagten Konzerte kann am Freitag, Samstag und Sonntag für 2,60 Euro – das ist der günstigste Tarif – ein Freibad der Stadt Wien besuchen.

Es wurden rund 200.000 Fans in Wien erwartet. Nach der Absage der drei Konzerte versammelten sich viele Taylor Swift-Fans in den Straßen und sangen pünktlich zur Konzertzeit am Abend selbst – in der Reihenfolge, in der Swift ihre Hits bei der Eras Tour aufführt.

Taylor Swift-Fans singen auf dem Stephansplatz am 08. August 2024 in Wien, Österreich. Foto: Thomas Kronsteiner/Getty Images

„Ich versuche immer wieder, mir zu sagen: ‚Ich wäre lieber traurig als tot‘“, zitiert das „Wall Street Online“ Andrea Douglass. Sie gab als Fan über 2.000 Euro für die Flüge und das Hotel ausgegeben hat. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, es abzusagen.

Zwar werden die Ticketpreise erstattet, doch viele haben über Tausend Euro für Anreise und Hotels ausgegeben. Für Wien fühlt es sich an wie eine große Gemeinschaft, die versucht, das Beste aus der Situation zu machen.

Untröstlich, aber weise: Leben wichtiger als Show

Cameron Menesi ist 18 Jahre alt und ein Super-Swiftie – seit zehn Jahren glühender Fan des US-Superstars Taylor Swift, und untröstlich über die Absage.

„Es war mein größter Traum, auf ein Swift-Konzert zu gehen“, berichtet sie dpa mit tränenerstickter Stimme. „Vor genau einem Jahr haben wir die Karten bekommen, und ich habe mich jeden einzelnen Tag darauf gefreut.“ Menesi lebt mit ihrer Familie in Kalifornien und war eigens wegen des Konzertes nach Wien gekommen.

Cameron Menesi (r) hat ein Jahr jeden Tag auf das Swift-Konzert in Wien hingefiebert.

Cameron Menesi (r) hat ein Jahr jeden Tag auf das Swift-Konzert in Wien hingefiebert. Foto: Cameron Menesi/dpa

Ihre Mutter Monique Menesi kann die Absage der Konzerte nachvollziehen. „Man mag sich gar nicht vorstellen, man wäre auf dem Konzert und es passiert etwas.“ Tochter Cameron sagt auch: „Das Leben ist wichtiger als ein Konzert.“ Die Begeisterung für den Superstar ist so groß, dass sie sofort zusagen würde, wenn sie ein Ticket für ein anderes Swift-Konzert bekommen könnte.

Die Familie hat nach eigenen Angaben Tausende Dollar investiert. „Wir wären sonst gar nicht nach Europa geflogen“, sagt Monique Menesi. Die ganze Reise sei um das Konzert geplant gewesen. „Wir zahlen in Wien für ein einfaches Airbnb-Zimmer 350 Euro die Nacht, nur um hier zu sein.“

Dabei waren die Tickets das geringste: Sie kosteten nur 150 Euro, im Vergleich zu mehreren Tausend Euro für Swift-Konzerte in den USA und Kanada, wie die Menesis sagen.

Geständnis: Mit dem Auto in die Menge rasen

Unterdessen wurde gegen die beiden bereits am Mittwoch festgenommenen Verdächtigen Untersuchungshaft verhängt, wie APA weitere berichtete. Der 19-Jährige mutmaßliche Haupttäter gestand demnach, er habe mit seinem Auto am Donnerstag oder Freitag in eine Menge von Taylor-Swift-Fans vor dem Wiener Ernst-Happel-Stadion rasen wollen.

Er habe Fans im Visier gehabt, die keine Karten mehr bekommen hätten und vor dem Stadion gewartet hätten.

Zuvor hatten österreichische Sicherheitsbehörden bereits erklärt, der Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln habe nach eigenen Angaben mit einem Selbstmordattentat „eine große Zahl an Menschen“ töten wollen. Er habe eine Attacke mit Sprengstoff sowie Hieb- und Stichwaffen im Sinn gehabt.

Gute Erinnerungen schaffen: Ein Swiftie zeigt seine Freundschaftsbänder am 8. August 2024 in Wien. Die Botschaft ihres Idols sei Liebe – nicht Terror, sagen sie. Foto: Halada/AFP via Getty Images

Der 19-Jährige und ein 17-Jähriger befinden sich unterdessen in Untersuchungshaft in dem Gefängnis Wiener Neustadt. Gegen die beiden wird aufgrund ihrer mutmaßlichen Verbindungen zum IS laut Staatsanwaltschaft wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation ermittelt.

Der 17-jährige mutmaßliche Komplize mit türkisch-kroatischen Wurzeln verweigert weiterhin die Aussage. Er war APA zufolge dem österreichischen Staatsschutz bereits zuvor bekannt und seit wenigen Tagen bei einem für Dienstleistungen innerhalb des Ernst-Happel-Stadions zuständigen Unternehmen angestellt.

Ein weiterer 15-Jähriger gilt demnach nicht als tatverdächtig und wurde nur als Zeuge vernommen. Er soll den 19-Jährigen belastet haben.

Österreichs Geheimdienstchef Omar Haijawi-Pirchner zufolge arbeitete der 17-Jährige für eine Firma, die während des Taylor-Swift-Konzerts am Donnerstag unter anderem Getränke und Essen anbieten sollte. Bei ihm war demnach Material der IS-Miliz sowie des Terrornetzwerks Al-Kaida gefunden worden.

Mutmaßlicher Täter: Anleitung zum Bombenbauen

Die Pläne des 19-Jährigen seien fortgeschritten gewesen, hieß es. Bei ihm wurden am Mittwoch Anleitungen zum Bombenbauen sowie zwölfprozentiges Wasserstoffperoxid gefunden, aus dem zusammen mit anderen Chemikalien hochexplosiver Flüssigsprengstoff hergestellt werden kann.

Er hatte bei einem Chemieunternehmen gearbeitet. Sichergestellt wurden auch Zündmittel, Zündkabel und Zündvorrichtungen, Messer, Macheten und 21.000 Euro Falschgeld.

Während der 19-Jährige nach Polizeiangaben bei der Vernehmung sagte, er wollte vor dem Stadion möglichst viele Menschen töten, sagte der Anwalt des 17-Jährigen, der Teenager habe nichts mit Anschlagsplänen zu tun gehabt. Er habe nichts von der Radikalisierung seines Freundes mitbekommen, sagte Verteidiger Nikolas Rast der APA.

Allerdings soll die Polizei bei ihm Propagandamaterial für den IS und die Terrororganisation Al-Kaida gefunden haben. Zudem besuchte er nach ersten Ermittlungen eine Moschee, in der islamistische Inhalte vertreten wurden.

Innenminister Karner hatte gesagt, eine „Tragödie“ habe verhindert werden können, die „terroristische Bedrohung für ganz Europa“ habe sich bestätigt. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer weiterhin hohen Terrorgefahr in Europa und damit auch in Deutschland.

Londoner Bürgermeister hält an Taylor Swifts Konzerten fest

Londons Bürgermeister Sadiq Khan hält an den geplanten Konzerten von Superstar Taylor Swift fest. Kommende Woche soll Swift auf ihrer Tour wieder in der britischen Hauptstadt spielen.

Der Fernsehsender „Sky News“ fragte Khan, ob die Ereignisse die Pläne änderten. „Wir sind eine Hauptstadt, wir sind eine internationale Stadt, wir sind regelmäßig Gastgeber für Großveranstaltungen“, sagte Khan dem TV-Sender. Er verwies auf Konzerte wie etwa von Bruce Springsteen im Wembley Stadium oder Fußballspiele in London. „Wir freuen uns darauf, Taylor Swift wieder zu begrüßen.“

Taylor-Swift-Fans haben teils ein Jahr auf die Konzerte in Wien hingefiebert.

Taylor-Swift-Fans sind überall aus der Welt. Foto: Eva Manhart/APA/dpa

„Wir haben viel Erfahrung bei der Polizeibegleitung solcher Veranstaltungen“, sagte Khan. Man habe viel gelernt nach dem furchtbaren Anschlag in Manchester. 2017 hatte dort ein islamistischer Selbstmordattentäter nach einem Konzert der Sängerin Ariana Grande einen Sprengsatz gezündet und 22 Menschen mit in den Tod gerissen.

Khan betonte, man werde eng mit der Polizei zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Konzerte der US-Popstars in London sicher stattfinden könnten. Die 34-Jährige soll vom 15. bis 20. August im Wembley Stadium spielen. Sie war dort schon im Juni aufgetreten.

Gefahr bei Adele in München?

Nach dem verhinderten Terroranschlag sieht die deutsche Polizei in München keine erhöhte Gefahr für die anstehenden Großkonzerte von Adele. „Das fließt natürlich in unsere Lagebewertung mit ein. Wir prüfen das fortlaufend, und wenn sich etwas Konkretes ergibt, werden wir natürlich darauf reagieren“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums. Doch eine konkrete Gefahr liege aktuell nicht vor.

„Wir sind sowieso mit ausreichend Polizeikräften vor Ort“, ergänzte der Sprecher. Denn: „Aufgrund der weltpolitischen Lage haben wir schon seit längerer Zeit eine erhöhte abstrakte Gefährdung besonders bei Großereignissen und Veranstaltungen.“

In der bayerischen Landeshauptstadt gibt die britische Popsängerin Adele im August insgesamt zehn Konzerte in einem eigens für sie konzipierten Pop-up-Stadion mit 73.000 Plätzen. Die nächsten Shows sind für diesen Freitag und Samstag geplant (9./10. August). (dpa/red)



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