Südafrika kündigt Rückzug aus Internationalem Strafgerichtshof an
Schwerer Schlag für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag: Südafrika hat am Freitag seinen Rückzug aus dem Gerichtshof verkündet. Der formelle Antrag wurde nach Regierungsangaben aus Pretoria am Mittwoch an die Vereinten Nationen gesandt, der Prozess bis zum endgültigen Austritt dauert ein Jahr. Pretoria zog damit die Konsequenz aus einem Streit um seinen Umgang mit dem per internationalem Haftbefehl gesuchten sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir.
Justizminister Michael Masutha sagte vor Journalisten in Pretoria, der internationale Strafgerichtshof hindere Südafrika daran, seinen diplomatischen Verpflichtungen nachzukommen. Trotz seines Rückzugs aus dem IStGH bleibe sein Land aber dem Kampf gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verpflichtet, fügte er hinzu. Es werde weiter dafür sorgen, dass „diejenigen, die diese und andere schwere Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden“.
Der IStGH ahndet seit 2002 schwerste Vergehen im Rahmen des Völkerstrafrechts, darunter Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Al-Baschir will es wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermords im Zusammenhang mit dem Darfur-Konflikt den Prozess machen. Bislang wollte ihn jedoch keiner der Staaten, in die er seit der Ausstellung des internationalen Haftbefehls gereist ist, nach Den Haag überstellen.
Auch Pretoria ließ den sudanesischen Präsidenten nach seiner Teilnahme an einem Gipfel der Afrikanischen Union (AU) ungehindert wieder ausreisen, und das, obwohl ein einheimisches Gericht ein vorläufiges Ausreiseverbot angeordnet hatte. Als Grund gab die südafrikanische Regierung an, al-Baschir genieße als Staatsoberhaupt eines AU-Mitglieds Immunität.
Der Sender SABC veröffentlichte am Freitag das von der Ministerin für Internationale Beziehungen, Maite Nkoana-Mashabane, unterzeichnete Austrittsgesuch. Darin heißt es, Südafrika sei der Ansicht, dass seine „Verpflichtungen zum Respekt der friedlichen Lösung von Konflikten“ zuweilen mit der „Interpretation des Internationalen Strafgerichtshofs unvereinbar“ seien.
Einige afrikanische Länder werfen dem IStGH eine postkoloniale Voreingenommenheit gegenüber Anführern des Kontinents vor. Neun der bislang zehn Ermittlungen des IStGH betrafen afrikanischen Länder, eine Georgien. Erst vor kurzem beschloss Burundi seinen Rückzug aus dem Gericht, und auch die afrikanischen Staaten Namibia und Kenia schließen einen solchen Schritt nicht aus.
Human Rights Watch kritisierte die Entscheidung der südafrikanischen Regierung scharf. Der Schritt sei eine „überraschende Missachtung“ der Justiz in einem Land, das bislang ein Vorreiter im Kampf um Gerechtigkeit für Opfer von schweren Verbrechen gewesen sei, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Amnesty International erklärte, Südafrika verrate „Millionen Opfer schwerster Menschenrechtsverletzungen“ und schwäche das internationale Justizsystem.
Die größte Oppositionspartei Demokratische Allianz leitete umgehend juristische Maßnahmen gegen den nach ihrer Ansicht „verfassungswidrigen“ Schritt der Regierung ein. Sie warf Ministerin Nkoana-Mashabane vor, auf Anweisung von Präsident Jacob Zuma gehandelt zu haben.
Der südafrikanische Experte Anton du Plessis befürchtet einen Domino-Effekt bei anderen afrikanischen Staaten. „Südafrika spielte beim Zustandekommen des IStGH eine wichtige Rolle“, fügte er hinzu. „Dass es nun eine derart zerstörerische Rolle übernimmt, stimmt traurig.“ (afp)
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