Südafrika kämpft gegen das Krebsgeschwür der Korruption

Von 17. August 2011

Durban, Südafrika – einundzwanzig Jahre nach Nelson Mandelas Freilassung entwickelte sich die Korruption zum Tagesthema in Südafrika.

Selbst Präsident Jacob Zuma, der ein Korruptionsverfahren vor seiner Wahl nur knapp überstand, geht gegen die Korruption in den Reihen des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) vor, der an die Macht kam, weil er als die moralisch überlegene Alternative zu einem Apartheid-Regime galt, das den von ihm kontrollierten Reichtum schamlos benutzte, um den Weißafrikanern Vorteile zu verschaffen und der schwarzen Mehrheit Dienstleistungen vorzuenthalten.

„Lasst uns einen Plan schmieden“, waren die Codewörter der Mitglieder der nur aus Weißen bestehenden Nationalpartei. Sie suchten nach Möglichkeiten, staatliche Mittel zu entwenden, um sich zu bereichern und eine angenehme Realität zu schaffen, die von der brutalen Rassenpolitik überschattet wurde, die die Welt empörte.

Als der ANC dabei war, demokratische Macht zu erlangen, gab es Bedenken unter den Führungspersonen, dass eine sozial benachteiligte schwarze Bevölkerungsmehrheit vielleicht das Gefühl haben könnte, jetzt „an der Reihe“ zu sein und damit das Recht zu haben, von ihrem politischen Sieg zu profitieren. Einige ihrer Führer sollten dann auch bald die trügerischen Worte des „Pläne“-Schmiedens verwenden.

Als am Wahltag des Jahres l994 Millionen Menschen wählten, setzte ich mich in den leeren Sitzungsraum des ANC-Hauptquartiers, das sich in einem ehemaligen Shell Oil-Gebäude befand, und interviewte den inzwischen verstorbenen Joe Slovo, einen ANC-Führer, Verhandlungsführer und ehemaligen Leiter der Bewegung des militärischen Flügels, der schon damals befürchtete, seine Kameraden könnten versuchen, sich persönlich zu bereichern.

Für den Film „Countdown to Freedom“, den ich über die Wahl drehte, sagte er mir: „Wenn wir uns von den Fleischtöpfen verführen lassen, sind wir bald am Ende.“

„Absahnen“

Mit einem schnellen Blick auf das Jahr 2011 wird klar, dass Slovos Ängste in der Nach-Mandela- und Mbeki-Ära mittlerweile ernst genommen werden. Das Problem entwickelte sich zu einer Krise, die den ANC in Fraktionen spaltete und zu Spannungen innerhalb der langfristigen Allianz mit den COSATU-Gewerkschaften und der Kommunistischen Partei führte.

Während die ANC-Jugendliga eine Verstaatlichung fordert, waren ihre Führer wie Julius „Juju“ Malema angeblich bestechlich und profitierten von dem, was Erzbischof Desmond Tutu als „absahnen“ bezeichnete. Während sie nach dem Schuldigen suchen und die Verstaatlichung der Bergwerke fordern, steigt die Jugendarbeitslosigkeit steil an, weil die Jugendleiter die Lösung dieses Problems nicht zur Priorität machen.

Der COSATU-Generalsekretär, Zwelinzima Vavi, spricht sich gegen einen „räuberischen Staat auf seinem Weg zu einer Bananenrepublik“ aus. Er prangert diejenigen an, die die „Hebel des Staates“ ansetzen, um sich mit hohen Gehältern, schicken Autos und satten Regierungsangeboten bzw. -verträgen zu bereichern. Deswegen werden sie auch als „Tenderpreneurs“ belächelt.

In einigen sehr brisanten Fällen zogen sich hochrangige ANC-Führer ohne mit der Wimper zu zucken aus der Politik direkt in die Privatwirtschaft zurück. Sie kümmerten sich um ihre Bedürfnisse und die Kumpanen ihrer Kameraden. Die soziale Aufstiegsmöglichkeit wurde für die höhere Gesellschaftsschicht wichtiger als die Gleichberechtigung der Rassen. Ein Führer der Bergarbeiter im Kampf gegen die Apartheid leitet jetzt McDonalds. Andere wurden Geschäftsführer von Konglomeraten und Investmentgruppen.

Die Korruption einzelner Personen ist weit verbreitet. Ein ehemaliger Landespolizeichef wurde schuldig befunden, in Geschäfte mit einem Mafioso-Gangster verwickelt zu sein; ein ehemaliger ANC-Verteidigungsminister, an einem Multi-Milliarden-Dollar-Waffengeschäft mit vielen illegalen Provisionen und Auszahlungen teilgenommen zu haben, die noch strafrechtlich verfolgt werden müssen. Es gibt tiefere institutionelle Fragen, die noch besorgniserregender sind wegen dem, was Südafrikas großer Schriftsteller Njabulo S. Ndebele eine „Kultur des Verschweigens“ nennt, die das Gegenteil von Transparenz und Rechenschaftspflicht ist.

In einem Artikel der südafrikanischen Zeitung The New Age schreibt Ndebele: „Der Wunsch nach Verschleierung und die damit verbundene Kultur verbreiten sich nun im ganzen Staatswesen. Dies liegt an den vorgeschlagenen Gesetzen gegen Verschleierung, an einer militarisierten und brutalen Polizei, an der Schirmherrschaft des Kaders, an der Bereitschaft der Wähler, die Hoffnung aufrechtzuerhalten und an der offiziellen Selbstgerechtigkeit, mit der die Wahrheit mit der Regierungserklärung gleichgesetzt wird.“

Mamphela Ramphele, die in ihrer Jugend eine Black-Power-Aktivistin war und zu einer angesehenen Akademikerin und Vizedirektorin der Weltbank wurde, befürchtet, dass „Südafrikas junge Demokratie sehr viel anfälliger ist und einer größeren Gefahr als die etablierten Länder des Mittleren Ostens ausgesetzt ist“. Sie sagt, der Versuch, das Bildungssystem in Südafrika zu verändern, sei gescheitert und „unsere jungen Leute sind auf die Gnade dieser vielversprechenden ‚Schnellreparaturen‘ angewiesen“.

Hier wie in anderen Ländern stellt die Jugendkultur einen wohlhabenden Lebensstil und krassen Materialismus zur Schau, der viele dazu bringt, korrupte und kriminelle Abkürzungen zu nehmen, um einen aufwendigen und unhaltbaren Lebensstil zu finanzieren.

Die Ungleichheit hat sich vertieft. Die Johannesburger Sunday Times berichtet: „Obwohl Afrika eine der ärmsten Regionen der Welt ist, wuchs hier die Anzahl der Superreichen im Jahr 2010 schneller als in jeder anderen Region.“ Ein Angestellter des Daimler-Benz-Konzerns erzählte mir, dass in Südafrika mehr Mercedes verkauft werden als in Deutschland.

Skandale

Zumindest in Südafrika erkennen Führungspersönlichkeiten und Presse das Problem und sprechen es aus.

Dies alles wird durch mehrere große Skandale auf die Spitze getrieben, in die die Regierung in großem Umfang direkt verwickelt ist, wobei sie kaum Regeln für Interessenkonflikte durchsetzt.

Bei den Black Empowerment-Betrugsfällen vereinnahmen die von Weißen geführten Unternehmen einige Schwarze, die Aktien bekommen, um ihre eigenen Ziele im Namen eines vorgetäuschten Ausgleichs zwischen den Rassen und zur Wiedergutmachung zu erreichen. Während einige in der neuen schwarzen Mittelschicht und Oberschicht profitieren, wird die Ungleichheit größer. Dies führt zu großem Zynismus und fördert die Gier. Geld, nicht die Moral, ist der Antrieb im vom ANC sanktionierten Streben nach schnellem Reichtum.

Große Ereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft, die von Südafrikas Steuerzahlern bezuschusst wurde, ermöglichten es einer großen Partei, dem Land riesige Schulden zu hinterlassen, was Kürzungen im öffentlichen Dienst erforderlich machte. Der Fußballverband FIFA erklärte die WM in Südafrika zur profitabelsten von allen, aber sie und die örtlichen Firmen bekamen am meisten davon ab. Die FIFA erhielt die TV-Rechte und musste keine Steuern zahlen. Die Presse berichtete meistens über die Spiele, nicht aber über die heimtückischen Machenschaften dahinter. Die TV-Sender weigerten sich, einen kritischen Dokumentarfilm zu zeigen.

Gegenwärtig kommt es gerade zum größten Skandal „Oilgate“, wobei Gelder aus dem Ölgeschäft in die ANC-Parteikasse abgezweigt wurden, der den korrupten Waffenhandel noch übertrifft. Es geht dabei um den Bau von zwei Multi-Milliarden-Dollar-Kohlekraftwerken, die nicht nur zu erhöhter Umweltverschmutzung beitragen, sondern dem ANC über die Partnerschaft einer angeblich unabhängigen Investmentgesellschaft mit Hitachi aus Japan darüber hinaus direkt nützen.

Südafrika, das seine von den Israelis gelieferten Atomwaffen zur Zeit der Apartheid abschaffte, plant jetzt trotz Fukushima und der Risiken auch ein riesiges neues Kernkraftwerk. Laut Financial Mail, dem führenden Wirtschaftsmagazin, gibt es bereits „Gerüchte über Korruption und Vetternwirtschaft“.

Natürlich grassiert die Korruption auch in anderen Ländern, aber in Südafrika werden korrupte Beamte weitgehend ignoriert oder sogar belohnt. In der Tat wurden Anti-Korruptions-Polizei und Staatsanwälte an den Rand gedrängt.

Die Vereinigten Staaten können Südafrika sicherlich nicht belehren. Ich habe einen Film gedreht, „Plunder The Crime of Our Time“, der zeigt, wie unsere Finanzkrise von Verbrechen an der Wall Street angefeuert wird, bei der US-Bankster illegal sich selbst mehr Reichtum verschafften als es sich die Kleptokraten hier jemals vorstellen könnten. In den Vereinigten Staaten gibt es inzwischen mehr Menschen mit einem großen Vermögen als in jedem anderen Land.

Südafrikas Versprechen

Ich hätte nie gedacht, dass das „neue“ Südafrika – ein Land, für das ich und so viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt kämpften – so schnell tiefgreifender und krasser Korruption zum Opfer fallen würde. Vieles davon hatte seinen Ursprung in der „Hilfe“ der Privatwirtschaft sowie in der Bestechung bereitwilliger Politiker.

Es ist schmerzhaft für mich, darüber zu schreiben, weil ich an Südafrikas Potenzial als „Regenbogennation“ glaubte, die die Welt viel zu lehren hat. Es hat das Schicksal von Millionen Menschen verbessert, auch wenn die Armut allgegenwärtig bleibt. Es gibt hier großartige Leute, die für ihre Freiheit Opfer brachten und immer noch für die Werte und Ziele, an die sie glauben, kämpfen.

Sie können zwischen Gut und Böse unterscheiden.

Wenn wir die wenigen korrupten Menschen anklagen, sollten wir dabei aber nicht die Mehrheit übersehen, die sich darüber bewusst ist, wo sie einmal stand und die jetzt hart arbeitet, um zu überleben und wenn möglich erfolgreich zu werden.

Gleichzeitig sind auch sie in Gefahr, dem zu erliegen, was der altgediente Journalist Allister Sparks „ein korruptes Spiel mit der Gier“ nennt. Wenn es nicht bekämpft wird, warnt er, „wird es für das vielversprechende neue Südafrika nur noch bergab gehen.“

Der Glaube an die Versprechungen von Nelson Mandela für ein „besseres Leben für alle“ tritt gegen eine habgierige und geheimnisvolle Clique in einer Partei an, die wie eine „Familie“ der Cosa Nostra handelt und ihre eigenen Interessen über das öffentliche Interesse stellt. Die Grenze zwischen Partei und Regierung ist oft fließend.

Mandela selbst sagte über diese beschämende Situation: „Die Symptome unserer geistigen Malaise sind nur allzu vertraut. Dazu gehören das Ausmaß der Korruption im öffentlichen und privaten Bereich, in denen Ämter und verantwortungsvolle Positionen als Chancen zur Selbstbereicherung behandelt werden … Wir haben jetzt erfahren, dass auch jene Leute, mit denen wir die Korruption der Apartheid bekämpften, selbst korrupt werden können.“

In Südafrika haben einige Aktivisten ihre eigene Variante des Slogans „A Luta Continua“ (Der Kampf geht weiter), der von der Befreiungsbewegung im benachbarten Mosambik verwendet wird. Sie sagen hier: „die Plünderungen gehen weiter.“

Zumindest in Südafrika erkennen die Führer und die Presse das Problem und sprechen es aus. Vielleicht ist das etwas, was Politiker und führende Köpfe in der Finanzwelt im Westen, vor allem in den Vereinigten Staaten, nachahmen können.

Die Medien nehmen es zur Kenntnis.

Der Medienkritiker Danny Schechter schrieb auch „The Crime Of Our Time“, ein Exposé über Wirtschaftskriminalität.

Artikel auf Englisch: http://www.theepochtimes.com/n2/opinion/south-africa-faces-cancer-of-corruption-59579.html

 

 



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