Studie: US-Ärzte kassierten Milliarden von der Pharmaindustrie und Geräteherstellern
Ein Team unter der Leitung eines Forschers der Penn State University in Pennsylvania hat herausgefunden, dass amerikanische Ärzte in einem Jahrzehnt rund 12 Milliarden US-Dollar von Arzneimittel- und Geräteherstellern kassierten.
Dies ergab eine Analyse der Datensätze auf der Open-Payments-Plattform. Diese Datenbank ist Teil eines landesweiten Transparenzprogramms, das im Jahr 2013 aus der Sorge heraus eingerichtet wurde, dass die finanziellen Beziehungen zwischen Ärzten und der Medizinindustrie Einfluss auf die Behandlungsmethoden und -kosten haben.
Für die Studie verwendete das Forscherteam Daten aus den Jahren 2013 bis 2022. Diese umfassten Zahlungen an Ärzte für Beratungsleistungen, beratungsfremde Leistungen, Speisen und Getränke, Reisen und Unterkunft, Unterhaltung, Fortbildung, Geschenke, Zuschüsse, wohltätige Spenden und Honorare.
Welche Ärzte erhielten wie viel?
Die Studie analysierte die Daten aus 39 medizinischen Fachgebieten und ermittelte zudem die 25 Arzneimittel und medizinischen Geräte, die mit den höchsten Gesamtzahlungen verbunden waren.
Laut dem Bericht erhielten Orthopäden mit 1,4 Milliarden US-Dollar die größten Summen, gefolgt von Neurologen und Psychiatern mit 1,3 Milliarden US-Dollar, Kardiologen mit 1,3 Milliarden US-Dollar und Hämatologen/Onkologen mit 825,8 Millionen US-Dollar.
Fast 55 Prozent der Kinderärzte und 63 Prozent der Fachärzte für Infektionskrankheiten erhielten Zahlungen von der Industrie, während Präventivmediziner die geringsten Summen erhielten.
„Von 2013 bis 2022 zahlte die Pharmaindustrie 12 Milliarden Dollar an US-Mediziner. Das ist schier unglaublich. Ein Wahnsinn“, sagte Dr. Manni Mohyuddin, Onkologe, Hämatologe und Assistenzprofessor am Huntsman Krebsinstitut in Utah, gegenüber der Epoch Times. “So wird Schweigen gekauft, die Meinung von Ärzten beeinflusst und letztlich die Patientenversorgung beziehungsweise das Verschreibungsmuster beeinflusst.“
Die gewinnbringendsten Medikamente und Geräte
Die drei Medikamente, für die Ärzte am meisten Geld erhielten, waren Xarelto (176,3 Millionen US-Dollar), Eliquis (102,6 Millionen US-Dollar) und Humira (100,2 Millionen US-Dollar).
Xarelto wurde gemeinsam von Janssen Pharmaceuticals und Bayer entwickelt. Es wird zur Vorbeugung und Behandlung von Blutgerinnseln eingesetzt. Janssen hat auch einen COVID-Impfstoff entwickelt, der seltene und manchmal tödliche Blutgerinnungsstörungen verursacht.
Eliquis ist ein milliardenschweres Blutverdünnungsmittel, das von Bristol-Myers Squibb und Pfizer hergestellt wird. Das Medikament machte im Jahr 2023 zwölf Prozent des Gesamtumsatzes von Pfizer aus, gleich nach dem BioNTech/Pfizer-COVID-Impfstoff. Das Pfizer-Vakzin wird auch mit Blutgerinnungsstörungen in Verbindung gebracht.
Humira ist ein von AbbVie hergestelltes Immunsuppressivum zur Behandlung von Arthritis, Schuppenflechte, Morbus Bechterew, Morbus Crohn und die entzündliche chronische Dickdarmerkrankung Colitis ulcerosa. Auf den Plätzen vier bis sechs folgen die Typ-2-Diabetes-Medikamente Invokana, Jardiance und Farxiga.
Die medizinischen Geräte, die mit den meisten Zahlungen verbunden waren, sind die roboterassistierten Operationssysteme da-Vinci der Firma Intuitive Surgical (307,5 Millionen US-Dollar) und Mako-SmartRobotics der Firma Stryker (50,1 Millionen US-Dollar) sowie das CoreValve-Evolut-System zum Setzen von Herzkathetern (44,8 Millionen US-Dollar).
„Auf lukrative Verfahren ausgerichtet“
„Unsere Arbeit ist eine bescheidene Analyse. Sie erklärt nicht die finanziellen Interessenkonflikte. Aber es geht um sehr viel Geld. Und es ist in hohem Maße auf lukrative Verfahren ausgerichtet“, schrieb Mitautor und Herz-Elektrophysiologe Dr. John Mandrola in einem Beitrag auf Substack.
Seiner Ansicht nach zeige sich der starke Einfluss der Medizinindustrie darin, dass zahlreiche medizinische Geräte von der US-amerikanischen Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA zugelassen würden, auch wenn nur sehr „fragwürdige Beweise“ vorlägen.
„Die Kardiologie ist ein technisches Fachgebiet. Wir benutzen Geräte. Innovation erfordert eine gewisse Zusammenarbeit. Innovation hat die Kardiologie besser gemacht“, sagte Dr. Mandrola.
Aber der Einfluss der Industrie ist viel zu stark.“
Er ist überzeugt, dass die in der Studie genannten Zahlungen nicht nur für die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Industrie, sondern auch für Marketing und Freundschaftsdienste geleistet werden, die zur Etablierung von bestimmten Behandlungen unter Ärzten beitragen.
Die Branche sei gewinnorientiert, und wenn die direkten Zahlungen an Ärzte nicht funktionieren würden, würde die Branche nicht Milliarden dafür ausgeben, fügte er hinzu.
Interessenkonflikte
Dr. Andrew Foy, Mitautor und Kardiologe, teilte der Epoch Times in einer E-Mail mit, dass es außer den Ergebnissen der Analyse noch weitere Indikatoren für die enge Beziehung zwischen Ärzten und Medizinindustrie gebe.
Es sei etwa nicht ungewöhnlich, dass Anzeigen der Industrie auf den Websites großer medizinischer Fachzeitschriften erscheinen oder Ärzte auf medizinischen Konferenzen oder Tagungen mit Werbung der Industrie bombardiert würden.
„Wenn ich das bei Konferenzen erlebe, habe ich das Gefühl, dass die Industrie bei diesen Veranstaltungen nicht nur willkommen ist, sondern dass die Veranstaltung auf die Industrie und ihre Beteiligung ausgerichtet ist“, sagte Dr. Foy.
„Es wird sicherlich nicht versucht, diese Beziehungen zu verbergen. Der Hauptgrund dafür ist, zumindest meiner Meinung nach, dass viele Ärzte, vielleicht sogar die Mehrheit, davon überzeugt sind, dass die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Industrie für die Patienten und die Gesellschaft von Vorteil ist“, so der Arzt weiter.
Dr. Foy ist nicht unbedingt dieser Ansicht. Allerdings glaubt er nicht, dass es aussagekräftige objektive Beweise dafür oder dagegen gebe. „Zum jetzigen Zeitpunkt scheint der Berufsstand nur an Transparenz interessiert zu sein. ‚Solange alle transparent sind, ist alles in Ordnung’“, sagte er.
Dennoch ist er besorgt, dass die finanzielle Verbindung zwischen Ärzten und Medizinindustrie dazu führen könnte, dass Produkte empfohlen würden, die bisher nicht ausreichend getestet seien.
Die direkten Geldflüsse würden „die Sympathie der Ärzte gegenüber der Industrie“ und den „neuen medizinischen Errungenschaften“ erhöhen. „In gewisser Weise werden sie zu Befürwortern der Industrie und sind allein aufgrund dieser Verbundenheit offener für die Einführung neuer Produkte“, so Dr. Foy gegenüber der Epoch Times. Das sei ein „großes Problem“.
„Ich denke, unsere Studie liefert einige Zahlen, die manche schockieren mögen“, fügte er hinzu. Er hoffe sehr, dass die Studie die öffentliche Debatte anregt und weitere Untersuchungen fördert.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „US Physicians Received Billions From Pharmaceutical and Medical Device Industry, New Research Finds“. (deutsche Bearbeitung nh)
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