Stubb und Haavisto gehen in Stichwahl um Präsidentenamt in Finnland
Bei der Präsidentschaftswahl in Finnland sind der frühere konservative Regierungschef Alexander Stubb und der grüne Ex-Außenminister Pekka Haavisto in die Stichwahl eingezogen. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam Stubb auf 27,2 Prozent der Stimmen, gefolgt von Haavisto mit 25,8 Prozent.
Die zweite Wahlrunde findet am 11. Februar statt. Die Finnen stimmen unter dem Eindruck wachsender Spannungen mit dem Nachbarn Russland über ihren künftigen Präsidenten ab.
Deutlich hinter Stubb und Haavisto landete der Kandidat der rechten Finnenpartei, Jussi Halla-aho, auf dem dritten Platz. Er errang im ersten Wahlgang nach den vorläufigen Angaben 19 Prozent der Stimmen.
Vor dem eigentlichen Wahltag am Sonntag hatten bereits 44,5 Prozent der Wahlberechtigten die Möglichkeit einer vorzeitigen Stimmabgabe genutzt. Da im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit von 50 Prozent errang, findet am 11. Februar eine Stichwahl statt.
Konservativ oder grün?
In einer ersten Reaktion sagte Stubb im öffentlich-rechtlichen Sender Yle, er sei „dankbar“, dass er in der ersten Wahlrunde so viel Zustimmung erfahren habe. Er gehe davon aus, dass es vor der Stichwahl eine „konstruktive, zivilisierte und gehaltvolle Debatte über schwierige Fragen der Außenpolitik“ geben werde. Haavisto sagte, Finnland bleibe „ein friedliches Land und es ist wichtig, dass wir die Stabilität hier erhalten“.
Die Sozialwissenschaftlerin Hanna Wass von der Universität Helsinki hob hervor, sowohl Stubb als auch Haavisto verfügten über „große Erfahrung in der Innen- und Außenpolitik“. Der Außenpolitik-Experte Tuomas Forsberg von der Universität Tampere sagte, es gehe in der Stichwahl um „Nuancen“ zwischen den beiden Kandidaten.
Der Präsident wird in Finnland für eine Amtszeit von sechs Jahren direkt vom Volk gewählt. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört es, zusammen mit der Regierung über die Außen- und Sicherheitspolitik zu entscheiden, die Regierung zu ernennen und Gesetze abzusegnen.
NATO-Beitritt und Migration
Amtsinhaber Sauli Niinistö durfte nach zwei sechsjährigen Amtszeiten nicht erneut antreten. Außenpolitisch gesehen fand der Urnengang unter dem Eindruck wachsender Spannungen mit dem Nachbarn Russland statt.
Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast zwei Jahren hatte Finnland seine jahrzehntelange militärische Blockfreiheit aufgegeben. Im April 2023 wurde das nördlichste Land der EU als 31. Mitglied in die NATO aufgenommen.
Für die Finnen, deren Land auf einer Länge von 1.340 Kilometern an Russland grenzt, stellte das eine große Zeitenwende dar. Russland drohte daraufhin mit „Gegenmaßnahmen“.
Im August registrierte Helsinki eine steigende Zahl von Migranten, die ohne Visum über die 1340 Kilometer lange finnisch-russische Grenze kamen. Die finnische Regierung vermutete eine russische Strategie dahinter, um das Land innenpolitisch zu destabilisieren. Finnland schloss deshalb im November seine Ostgrenze.
Innenpolitisch: Streiks am 31. Januar und 1. Februar
Innenpolitisch steht Finnland vor Streiks. Die Regierung will Arbeitsmarktreformen und Kürzungen der Sozialleistungen durchsetzen. Ausgehend von zwei der größten Gewerkschaftsverbände des Landes, SAK (Industrieunion) und STTK (Büro- und Fachgewerkschaften), wurde zu Aktionen und zum Streik aufgerufen.
Neben vielen Betrieben wollen beispielsweise auch die Kindertagesstätten in Helsinki am 31. Januar und 1. Februar schließen, weil das Lehrpersonal für frühkindliche Bildung an den landesweiten Streiks teilnehmen will. Das berichtet Yle, die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Finnlands.
Die finnische Regierung nutzt das sogenannte „Exportmodell“: Jede Lohnerhöhung in der Exportindustrie legt die Obergrenze für alle anderen Sektoren der finnischen Wirtschaft fest. Dies ist seit langem Tradition in Finnland, die Regierung will es nun gesetzlich verankern. Das Modell kann die Lohnentwicklung in anderen Sektoren begrenzen.
Wirtschaftliche Lage: Insolvenzen nehmen zu
Im Land gingen 2023 mehr Unternehmen in Konkurs als in den 25 Jahren zuvor. Insgesamt schlossen 3.293 Firmen, so Statistics Finland. Tommi Veistämö, Chefstatistiker der Behörde, sagte: „Die Zahl der Insolvenzen ist höher als während der Finanzkrise im Jahr 2009“.
Allgemein läge die Zahl der Insolvenzen zwischen 600 und 2.200, der Rekord wurde mit 7.391 in den 1990er-Jahren erreicht. Fast 15.000 Arbeitsplätze gingen verloren, die meisten in der Bauindustrie und der Dienstleistungsbranche wie Restaurants.
Zwar gab es in Helsinki den größten Jobabbau, manche ländliche Gemeinden waren allerdings überproportional betroffen und verloren teilweise ein Viertel ihrer lokalen Jobs. Beispiel dafür ist Pyhäntä, wo das Aus der Wohnungsbaufirma Jukkatalo zu einem Verlust von 28 Prozent der Arbeitsplätze der Gemeinde führte.
Manche, die plötzlich arbeitslos wurden, gründeten daraufhin eigene kleine Firmen. Die Bank von Finnland und das Finanzministerium stuften Mitte Dezember 2023 die Wirtschaftsprognosenherab und rechneten damit, dass das Land bis weit ins Jahr 2024 hinein in einer Rezession bleiben wird. (afp/red)
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