Streit um die Rentenreform: Generalstreik in Frankreich
Zu Fuß, per E-Scooter oder mit dem Rad: Die Bürger Frankreichs müssen ab Donnerstag für ihren Weg zur Arbeit Alternativen finden, wenn der angekündigte Generalstreik das öffentliche Leben lahmlegt. Die Proteste richten sich gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron, doch dahinter verbirgt sich ein größerer Groll. Die Gewerkschaften hoffen auf eine Mobilisierung wie 1995, als die Regierung Rentenpläne nach wochenlangen Protesten kippte.
Die Bahn, der Pariser Nahverkehr, Schulen, Krankenhäuser sowie die Müllabfuhr: Weite Bereiche des öffentlichen Dienstes in Frankreich dürften am „schwarzen Donnerstag“ von dem Streik betroffen sein. Aber auch das Bodenpersonal an Flughäfen, Polizisten, Anwälte oder Mitarbeiter der Autobauer Renault und PSA sind zum Ausstand aufgerufen.
Den mehr als 150 Kundgebungen im Land wollen sich Mitglieder der Protestbewegung der „Gelbwesten“ anschließen, die seit gut einem Jahr mehr soziale Gerechtigkeit und niedrigere Steuern verlangen. Auch die Landwirte könnten erneut auf die Straße gehen, die über existenzbedrohende Bedingungen klagen.
Unbegrenzter Streik bei Bahn und im Pariser Nahverkehr
Frankreichs Präsident Macron droht ein heißer Herbst und Winter: Der Streik bei der Bahn und beim Pariser Nahverkehr ist „unbegrenzt“ angekündigt, in Krankenhäusern und Schulen kommt es bereits seit Wochen immer wieder zu Protesten gegen zu geringe Löhne und aufgehäufte Überstunden.
Offiziell richtet sich der Generalstreik gegen die Rentenreform, die im Detail noch gar nicht bekannt ist. Die Gewerkschaften warnen aber vor massiven Einschnitten, seit Präsident Macron die Pläne 2017 im Wahlkampf ankündigte.
Der 41-jährige Staatschef will das komplizierte System vereinheitlichen, das neben einer Normalrente „Spezialregime“ für 42 Branchen vorsieht. Sie umfassen Beamte über Bahnangestellte bis hin zu Mitarbeitern der Pariser Opernhäuser.
Klar ist bisher nur: Macron will die Vorrechte für diese Branchen abschaffen, deren Angehörige teils schon mit Mitte 50 in den Ruhestand gehen. Ein „gerechteres“ System soll an die Stelle treten, bei dem „jeder eingezahlte Euro die gleichen Rechte für alle“ bietet, so verspricht es die Regierung. Zugleich will sie das Defizit der Rentenkassen bekämpfen, das bis 2025 auf bis zu 17 Milliarden Euro ansteigen könnte.
Die Pläne sollen „entschlossener denn je“ durchgezogen werden
Die Regierung verhandelt bereits seit Monaten mit den Sozialpartnern über die Rentenreform, doch die Fronten sind verhärtet. Premierminister Edouard Philippe zeigte sich vor der geplanten Vorstellung der Pläne Mitte Dezember „entschlossener denn je“, die Reform durchzuziehen. Das gesetzliche Renten-Eintrittsalter von 62 Jahren will die Regierung zwar offiziell nicht antasten, aber wer es wahrnimmt, muss künftig mit Abschlägen rechnen. Bis zum Sommer soll das Parlament die neuen Regeln beschließen.
Mit ähnlichen Plänen scheiterten der konservative Präsident Jacques Chirac und sein Premier Alain Juppé 1995 krachend: Rund einen Monat lang legten Streikende damals den öffentlichen Dienst lahm. Die Reform wurde kassiert, Juppé trat nach der verlorenen Wahl 1997 zurück. Seitdem gilt das französische Rentensystem als unreformierbar.
Macron aber ist als Reform-Präsident angetreten, auch mit Blick auf Berlin und Brüssel. Den Kündigungsschutz hat er bereits gelockert, seit November gelten auch für Arbeitslose schärfere Regeln.
Bei der Rente beruft sich der Staatschef auf Umfragen: Danach befürworten bis zu drei Viertel der Franzosen grundsätzlich eine Rentenreform. Allerdings glaubt nur eine Minderheit, dass diese dem ungeliebten Präsidenten auch gelingen wird. (afp)
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