Streit um Brexit-Abkommen: Druck auf Theresa May wächst
In der Schlussphase der Brexit-Verhandlungen mit der Europäischen Union wächst in London immer stärker der Widerstand gegen die Verhandlungsführung der Regierung. Es scheint zunehmend fraglich, ob Premierministerin Theresa May im Parlament eine Mehrheit für ein Abkommen mit Brüssel finden kann.
Gleichzeitig treten wegen der politischen Blockade in London auch die Gespräche mit der EU auf der Stelle. „Es gibt bislang keinen Durchbruch“, hieß es am Freitagabend nach Beratungen der Botschafter der 27 bleibenden EU-Staaten. Der Ball liege im britischen Feld, sagte ein EU-Diplomat. Offen ist, ob und wann es den ursprünglich für November anvisierten Sondergipfel gibt, bei dem endlich der Austrittsvertrag unter Dach und Fach gebracht werden soll.
Großbritannien will am 29. März 2019 aus der EU austreten. Die Verhandlungen über den Vertrag sind weitgehend abgeschlossen. Doch fehlt eine Einigung, wie nach dem Brexit Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden können. Brüssel hat einen Notfallplan (Backstop) für die Irland-Frage zur Bedingung für ein Austrittsabkommen und die etwa zweijährige Übergangsphase gemacht, in der sich so gut wie nichts ändern soll.
May ist im Parlament auf die Unterstützung der nordirisch-protestantischen DUP angewiesen. Doch die DUP-Chefin Arlene Foster erklärte am Freitag, sie könne ein Abkommen auf Grundlage der derzeitigen Vorschläge nicht unterstützen. Sie befürchtet, der Deal mit Brüssel könnte Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs bedeuten. Das will die DUP unbedingt verhindern.
Zudem trat der Bruder des ehemaligen Außenministers Boris Johnson, Jo Johnson, am Abend aus Protest gegen die Brexit-Strategie der Regierung von seinem Amt als Staatssekretär für Verkehr zurück. „Was jetzt vorgeschlagen wird, hat nichts mit dem zu tun, was vor zwei Jahren versprochen wurde“, schrieb Jo Johnson. Das geplante Abkommen ordne Großbritannien der EU dauerhaft unter. Er forderte eine erneute Volksabstimmung über den Brexit.
Anders als sein älterer Bruder wünschte sich Jo Johnson einen Verbleib des Landes in der EU. Boris Johnson hatte bereits im Juli im Streit um die Brexit-Strategie der Regierung sein Amt als Außenminister niederlegt, weil er einen klareren Bruch mit Brüssel fordert.
Sollte ein Abkommen nicht rechtzeitig zustande kommen, drohen Chaos in vielen Lebensbereichen und erhebliche Schäden für die Wirtschaft zu beiden Seiten des Ärmelkanals.
Die britische Regierung hofft auf einen baldigen Durchbruch bei den Verhandlungen in Brüssel – auch gegen den Widerstand im Inneren. Das könne eine „neue Dynamik“ im Parlament in London bewirken, sagte Vize-Premierminister David Lidington nach Gesprächen mit dem irischen Premierminister Leo Varadkar und anderen Regierungschefs auf der Isle of Man. „Ich hoffe und glaube, dass wir eine Mehrheit im Parlament für das Abkommen bekommen können“, fügte Lidington hinzu.
Die Regierung will die Abgeordneten bei einer Abstimmung vor die Wahl stellen, für das Abkommen der Regierung zu stimmen oder einen chaotischen Austritt aus der EU in Kauf zu nehmen. Es könnte dabei auf wenige Stimmen ankommen. Auch einige Abgeordnete aus den Reihen der Konservativen Regierungspartei drohen mit Meuterei. Auf die Unterstützung von Oppositionsabgeordneten darf Premierministerin May nur sehr eingeschränkt hoffen. (dpa)
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