Streit in der „GroKo“ droht EU-Reformdebatte zu verzögern

Doch in den Reihen von CDU und CSU gibt es große Skepsis gegenüber den diskutierten Ideen. "Der Knackpunkt sind für uns die Fragen, die eine direkte finanzielle Auswirkung haben", sagte Dobrindt.
Epoch Times17. April 2018

Streitigkeiten in der großen Koalition drohen die Bemühungen um eine EU-Reform zu verzögern. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles (SPD) kritisierte am Dienstag, von CDU und CSU seien „sehr viele rote Linien“ genannt worden, „die ich nicht akzeptieren kann“. Sie reagierte damit auf Äußerungen etwa von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der zunächst nur noch wenige Vorhaben der auf dem Tisch liegenden Ideen verfolgen will.

Bei dem EU-Gipfel im Juni sollen die europäischen Staats- und Regierungschefs über die EU-Reform beraten. Bis dahin wollen sich die Regierungen Deutschlands und Frankreichs auf eine gemeinsame Position einigen, nachdem der französische Staatschef Emmanuel Macron bereits vor Monaten ehrgeizige Vorschläge für eine EU-Reform gemacht hatte, wegen der langen Regierungsbildung aber auf eine Antwort aus Berlin warten musste.

Am Dienstag warb Macron im EU-Parlament in Straßburg für seine Vision für Europa, am Donnerstag ist er in Berlin zu Gast, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber zu sprechen.

Die Kanzlerin zeigte sich überzeugt, dass Berlin und Paris vor dem EU-Gipfel im Juni „ein starkes Paket auf die Beine stellen werden“.

Doch in den Reihen von CDU und CSU gibt es große Skepsis gegenüber den diskutierten Ideen. „Der Knackpunkt sind für uns die Fragen, die eine direkte finanzielle Auswirkung haben“, sagte Dobrindt. Ein klares Nein gab es von ihm zu der Idee eines EU-Finanzministers, zu einer EU-weiten Arbeitslosenversicherung sowie einer europäischen Einlagensicherung.

Zudem stehe er dem Vorschlag eines eigenen Budgets für die Eurozone „kritisch“ gegenüber, fügte der CSU-Politiker hinzu. Zunächst müsse die Zukunft der Finanzierung des EU-Gesamthaushalts nach einem EU-Austritt Großbritanniens geklärt werden.

Der CSU-Politiker machte deutlich, dass er in einer kraftvollen deutschen Unterstützung Macrons im Bemühen um eine Erneuerung Europas keine vordringliche Aufgabe sieht:

„Ich habe überhaupt keine Veranlassung, Macrons persönliche Glücksgefühle zu meinem politischen Programm zu machen“, sagte er.

Dobrindt empfahl, sich vor dem Juni-Gipfel auf die „wesentlichen Vorschläge“ zu konzentrieren und nannte etwa die Weiterentwicklung des Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds.

Dieser Schritt ist unter den europapolitischen Vorhaben im Koalitionsvertrag aufgelistet. „Und ich bestehe auch darauf, dass die eingehalten werden“, sagte Nahles.

Doch auch hier treten Unionspolitiker auf die Bremse. Sie befürchten, dass bei der Weiterentwicklung des ESM Mitspracherechte der nationalen Parlamente zugunsten der EU-Kommission beschnitten werden. Sie werfen der EU-Kommission zudem vor, das Ziel einer europäischen Einlagensicherung zu voreilig voranzutreiben.

„Auch wir wissen, dass in Europa Reformen durchgeführt werden müssen“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Die EU-Kommission dürfe jedoch nicht „tricksen“ und die Einlagensicherung umsetzen wollen, bevor die Risiken in den Bankensektoren der Mitgliedstaaten nachweisbar reduziert seien: „Das gibt Misstrauen.“

Im Beisein Merkels diskutierte die Unionsfraktion am Dienstag über ihre Haltung in der EU-Reformdebatte. Vor seinem Besuch in Berlin stellt sich Macron offenbar bereits auf Gegenwind ein.

Im EU-Parlament sprach er am Dienstag beim Thema Eurozonen-Haushalt und Bankenunion nur noch von dem Ziel, einen „Fahrplan“ aufzustellen, um „in Schritten“ voranzukommen.

(afp)



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