Stoltenberg schlägt „NATO Mission Ukraine“ und einen 100-Milliarden-Euro-Fonds vor
Beim Treffen der NATO-Außenminister am Mittwoch in Brüssel will NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach Angaben aus Diplomatenkreisen einen Fonds in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Unterstützung der Ukraine auf den Weg bringen. Dieser solle auf fünf Jahre angelegt sein, hieß es am Dienstag. Die Minister der 32 Mitgliedstaaten würden erste Gespräche führen, eine endgültige Entscheidung werde noch nicht getroffen.
„Die Außenminister werden erörtern, wie die Unterstützung der NATO für die Ukraine am besten organisiert werden kann, um sie schlagkräftiger, berechenbarer und dauerhafter zu machen“, hieß es aus Diplomatenkreisen. Die Finanzierung des Fonds werde noch diskutiert. Die Idee sei, dass jedes NATO-Mitglied entsprechend seines Bruttoinlandsprodukts dazu beitragen solle.
Die NATO-Außenminister kommen am Mittwoch anlässlich der Gründung des Militärbündnisses vor 75 Jahren in Brüssel zusammen. Sie wollen den Jubiläumsgipfel in Washington Anfang Juli vorbereiten. Mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba wollen die NATO-Länder zudem über weitere Unterstützung im Ukrainekrieg beraten.
Für Deutschland wird Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Brüssel erwartet.
NATO soll deutlich größere Rolle spielen
Die NATO soll nach dem Willen von Generalsekretär Jens Stoltenberg eine deutlich größere Rolle bei der Unterstützung der Ukraine bekommen. Wie mehrere Diplomaten dpa bestätigten, hat der Norweger dafür unter anderem den Aufbau einer speziellen NATO-Mission für das von Russland angegriffene Land vorgeschlagen.
Zudem will er die Bündnispartner dazu bewegen, der Ukraine für die kommenden fünf Jahre militärische Unterstützung im Wert von 100 Milliarden Euro zuzusagen. Gespräche zu den Vorschlägen laufen den Angaben zufolge derzeit im Verteidigungsbündnis. Endgültige Entscheidungen sollen beim Bündnisgipfel im Juli in Washington getroffen werden.
Koordinierung von Waffenlieferungen
Kernaufgabe der „NATO Mission Ukraine“ würde im Fall einer Zustimmung der Mitgliedstaaten die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte werden.
Diese Koordination nehmen derzeit die USA wahr. Sie organisieren dazu regelmäßig Treffen auf ihrem Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein oder zum Beispiel in Brüssel.
Die Idee von Stoltenberg sei es, die Unterstützung der Ukraine zu vergemeinschaften, um sie weniger abhängig von politischen Entwicklungen in einzelnen Bündnisstaaten zu machen, hieß es. Dies gelte besonders vor dem Hintergrund einer möglichen Rückkehr von Donald Trump als Präsident ins Weiße Haus. Damit verbunden ist die Sorge, dass der Republikaner dann die US-Unterstützung für die Ukraine stark reduzieren oder sogar einstellen könnte.
Um einen Einsatz von NATO-Truppen in der Ukraine gehe es nicht, wurde betont.
Gerechtere Lastenteilung
Details zu dem Vorschlag für das 100-Milliarden-Euro-Paket blieben zunächst offen. Insbesondere die Frage, ob bereits getätigte Unterstützungszusagen von einzelnen Staaten eingerechnet werden sollten oder nicht, blieb unbeantwortet.
Diplomaten sagten, es gehe bei dem Vorstoß Stoltenbergs auch um eine gerechtere Lastenteilung bei der Unterstützung der Ukraine. Derzeit ist es so, dass östliche Alliierte sowie Länder wie Deutschland, die Niederlande und die USA im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftskraft deutlich höhere Beiträge leisten als Länder wie Frankreich, Italien und Spanien.
Eine weitere Idee von Stoltenberg ist es den Angaben zufolge, einen NATO-Rahmen für bilaterale Sicherheitsvereinbarungen mit der Ukraine zu schaffen. Details blieben allerdings auch bei diesem Punkt zunächst unklar.
Keine Entscheidungen bei Außenministertreffen
Ein NATO-Sprecher wollte sich am Dienstagabend nicht inhaltlich zu den Vorschlägen äußern. Er sagte lediglich, bei dem Außenministertreffen an diesem Mittwoch und Donnerstag solle darüber diskutiert werden, wie man die Unterstützung der NATO für die Ukraine schlagkräftiger, berechenbar und dauerhaft machen könne. Endgültige Entscheidungen werde es aber noch nicht geben.
Als schwierig gelten die Gespräche auch wegen der Positionierung der Bundesregierung. Insbesondere das Kanzleramt hatte sich in der Vergangenheit immer wieder ablehnend zu Vorschlägen geäußert, die ein stärkeres NATO-Engagement bei der Unterstützung der Ukraine vorsehen.
Begründet wurde dies hauptsächlich mit der Sorge vor einer Eskalation und Ausweitung des Ukraine-Kriegs auf NATO-Gebiet. Bis heute werden beispielsweise von der NATO selbst keine tödlichen Waffen an die Ukraine geliefert. (dpa/red)
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