Stau von über 400 Schiffen – Verkehr im Suez-Kanal läuft nach Bergung der „Ever Given“ wieder an
++++ UPDATE 17:40 Uhr +++
Die knapp einwöchige Blockade der wichtigen Schifffahrtsstraße durch den havarierten Riesenfrachter „Ever Given “ ist beendet. Nach der Bergung der „Ever Given“ wurde der Wasserweg am Montagnachmittag wieder für den Schiffsverkehr freigegeben. Nach Angaben der ägyptischen Kanalbehörde (SCA) könnte es aber mehrere Tage dauern, bis sich der immense Schiffs-Stau am Suez-Kanal aufgelöst hat. Mehr als 400 Schiffe warteten dort auf die Weiterfahrt.
Die an der Rettungsaktion beteiligten Schlepper ließen zur Feier der erfolgreichen Bergung ihre Schiffshörner ertönen, wie AFP-Korrespondenten berichteten. „Wir haben sie befreit“, erklärte das niederländische Bergungsunternehmen Boskalis. Den Experten der Tochterfirma Smit Salvage sei es in enger Zusammenarbeit mit der Kanalbehörde gelungen, die „Ever Green“ gegen 15.00 Uhr wieder in Bewegung zu setzen.
Im ägyptischen Fernsehen war zu sehen, wie die „Ever Given“ sich langsam fortbewegte. Wegen der Havarie des Frachters hatten sich am Suez-Kanal 425 Schiffe angestaut.
Sechs Tage
Die „Ever Given“ war am 23. März während eines Sandsturms auf Grund gelaufen. Das 400 Meter lange und mehr als 220.000 Tonnen schwere Schiff steckte danach quer in dem engen Kanal fest und blockierte den Wasserweg zwischen Rotem Meer und Mittelmeer. Am 29. März wurde dann das Heck des Schiffes freigelegt, später konnte auch der Bug befreit werden.
Nach Angaben von Boskalis mussten dafür 30.000 Kubikmeter Sand abgegraben werden. 13 Schlepper seien im Einsatz gewesen. Die „Ever Given“ soll nun nach Angaben des Bergungsunternehmens den Suez-Kanal passieren und anschließend technisch überprüft werden.
Die Kanalbehörde hatte vor der erfolgreichen Rettungsaktion angekündigt, dass der Kanal nach der vollständigen Bergung des Schiffs sofort „24 Stunden am Tag funktionieren“ könne. Gleichwohl werde es noch „rund dreieinhalb Tage“ dauern, bis sich der Schiffs-Stau am Kanal auflöse.
Die Schiffe, die tagelang auf die Weiterfahrt warten mussten oder auf andere Routen auswichen, transportieren unterschiedlichen Schätzungen zufolge Waren im Gesamtwert von drei bis neun Milliarden Dollar.
Täglich 14 Millionen Dollar Verlust für Ägypten
Nach Angaben der Kanalbehörde entgingen Ägypten während der Blockade Einnahmen von täglich bis zu 14 Millionen Dollar. Im vergangenen Jahr durchquerten laut der Behörde fast 19.000 Schiffe die Wasserstraße. Der 1869 eröffnete Suez-Kanal ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt und ermöglicht die Durchfahrt für zehn Prozent des gesamten internationalen Seehandels.
Der Zwischenfall habe deutlich gemacht, „welch elementare Bedeutung der Schifffahrt als Treiber des Welthandels zukommt“, erklärte der Verband Deutscher Reeder (VDR). „Die Ursachen des Zwischenfalls sollten jetzt zügig, gründlich und ohne Vorurteile geklärt werden.“ Der Verband warnte davor, nun „vorschnell“ Beschränkungen für große Containerschiffe zu fordern.
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Das seit sechs Tagen im Suez-Kanal feststeckende Container-Schiff „Ever Given“ ist wieder in Bewegung gesetzt worden: Auf den beiden Schiffverkehrs-Websites Myshiptacking und Vesselfinder war am Montagmorgen zu sehen, dass sich das Heck des Schiffes vom Westufer des Kanals entfernte.
Die ägyptische Kanalbehörde (SCA) vermeldete am Montagnachmittag die Wiederaufnahme des Schiffsverkehrs in der Meerenge.
Nach seiner teilweisen Freilegung ist nach Angaben der ägyptischen Kanalbehörde (SCA) in die „richtige Richtung“ gelenkt worden. Das Heck des Frachters habe sich inzwischen um 102 Meter vom Ufer entfernt, teilte SCA-Chef Osama Rabie am Montag mit. Zuvor habe das Heck nur einen Abstand von vier Metern zum Ufer gehabt.
Die „Ever Given“ sei zu „80 Prozent in die richtige Richtung“ gewendet worden, erklärte Rabie.
Keine Entwarnung
Verkehrsminister Andreas Scheuer erklärt am Montagmittag, dass noch keine Entwarnung gegeben wurde. Der Bug sitze noch auf Sand: „Nach der direkten Rückmeldung von vor Ort ist das Schiff noch nicht frei.“
Und weiter: „Wir analysieren gerade die Auswirkung des Staus bei so vielen betroffenen Schiffen auf die Logistik, besonders für die Lieferketten.“
Das 400 Meter lange und über 220.000 Tonnen schwere Containerschiff war am Dienstag in einem Sandsturm vom Kurs abgekommen und in Ufernähe des Suez-Kanals auf Grund gelaufen. Es blockiert seitdem den Wasserweg zwischen Rotem Meer und Mittelmeer. Seit 24. März laufen die Bemühungen der ägyptischen Kanalbehörde SCA auf Hochtouren, die „Ever Given“ wieder freizubekommen.
Zuletzt stauten sich auf beiden Seiten des Kanals bereits fast 400 Schiffe mit Frachtgut im Wert von Milliarden von Dollar. Jeder Tag, an dem der Suez-Kanal blockiert bleibt, kostet den Welthandel nach einem Bericht des Versicherers Allianz zwischen sechs und zehn Milliarden Dollar.
Vorsicht Internet
Berücksichtigt werden muss vermutlich auch, dass sich im Suezkanal auch das längste Unterseekabel der Welt mit dem Namen Sea-Me-We3 (SMW3) befindet, welches Südostasien, den Mittlerer Osten und Westeuropa verbindet. An 39 Kabelanlandestationen in 33 Ländern geht das Hochleistungskabel in die normalen Internet-Backbones über und verbindet als Gigabit-Kabel die vier Kontinente miteinander.
Schäden an diesem System könnten zu Internet-Abschaltungen ganzer Kontinente führen, wie es nach einem Kabelbruch (vermutlich durch Schiffsanker) im Jahr 2001 mit Australien zeitweise geschehen war.
Waren von 9,6 Milliarden Dollar pro Tag – 400 Millionen pro Stunde
Jeden Tag fließen nach Schätzungen von Llyod’s List Waren im Wert von 9,6 Milliarden Dollar durch den Kanal. Obwohl es sich dabei lediglich um „grobe Berechnungen“ handelt, bedeute dies Werte von 400 Millionen Dollar – pro Stunde, wie Fleetmon.com titelte.
Lloyd’s List Intelligence geht bei seinen „groben Berechnungen“ davon aus, dass der westgehende Verkehr im Kanal einen Wert von etwa 5,1 Milliarden Dollar täglich hat, während der ostgehende Verkehr etwa 4,5 Milliarden Dollar wert ist.
Was die von Lloyds List errechnete Zahl von 9,6 Milliarden Dollar betrifft, so erklärte Lars Jensen, CEO von Sea Intelligence Consulting, gegenüber „Forbes“, dass dieser Wert wahrscheinlich den „Wert der Güter widerspiegelt, die jeden Tag durch den Kanal bewegt werden – und dieser Wert ist natürlich nicht verloren. Die Ladung wird einfach vorerst verzögert.“
Die Höhe des tatsächlichen Verlustes sei „viel schwieriger“ zu beurteilen: „Wenn sich die Fracht um zwei Tage verzögert, welchen Wert hat das?“ Global kommen im Schnitt durch COVID-19 „zwei von drei Schiffen nicht pünktlich an, und wenn sie sich verspäten, sind sie im Durchschnitt fünf Tage zu spät. Daher fügt sich eine zweitägige Verspätung für einige Containerschiffe im Suez jetzt einfach in diesen Kontext ein und ist sehr schwer zu quantifizieren.“ S&P Global Market Intelligence teilte Forbes mit, dass sie die Schätzung von Lloyds nicht bestätigen können und auch keine eigene Zahl erstellt haben.
Durch den Suezkanal liefen im Vorjahr mehr als eine Milliarde Tonne Fracht auf fast 19.000 Schiffen – zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens. Etwa 30 Prozent des weltweiten Containervolumens wird durch dieses Nadelöhr verfrachtet. Ein Problem können Fertigungsteile aus China sein, die von Europa bestellt wurden und so nicht durchkommen.
Nach Angaben der Kanalbehörde SCA verliert Ägypten pro Tag der Schließung zwischen zwölf und 14 Millionen Dollar. (afp/ks)
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