Starköchin Sarah Wiener will Lebensmittelindustrie in Europa reformieren
Sarah Wiener, ehemalige Starköchin aus Österreich, hat letzte Woche wegen ihrer Insolvenz Schlagzeilen gemacht. Sie musste wegen der Corona-Krise ihre Restaurants und ihre Cateringfirma aufgeben. „Eine Tür schließt sich, eine andere wird aufgehen. Sehen wir die Krise als Chance zu etwas Neuem, vielleicht sogar Besserem?“, schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite.
Doch hinter ihren Kochkünsten steckt mehr. Wiener ist 2019 in die Politik gegangen und möchte die Lebensmittelindustrie von Brüssel aus ändern.
Wiener: Verbraucher haben keine wirkliche Wahl, wenn sie gesund essen wollen
Der Eintritt der ehemaligen Starköchin in die europäische Politik hätte zu keinem günstigeren Zeitpunkt kommen können, schreibt „Politico“. „Ich bin wegen meiner Liebe zu gutem Essen in die Politik gekommen“, sagte sie in einem Interview mit dem Brüsseler Blatt.
Seit 2019 ist sie bei den Grünen in Österreich und diskutiert über die „From Farm to Fork-Strategie“ („Vom Erzeuger zum Verbraucher“ oder „Vom Hof auf den Tisch“) in der EU-Kommission mit. Die Strategie, von der wir bereits im Juni anhand des Beispiels mit einem Cheeseburger berichtet hatten, will Reformen im Agrar- und Lebensmittelsystem in ganz Europa umsetzen.
Wiener habe sich zu dieser Änderung entschlossen, weil sie das Gefühl habe, dass das europäische Lebensmittelsystem kaputt sei und die Verbraucher keine wirkliche Wahl hätten bei dem, was sie auf ihren Teller legen, sagte sie im Interview.
„Ich kann nicht einfach sagen ‚das ist alles Mist‘, aber ich muss mich auch fragen, was ich zum Besseren tun kann, nicht nur kritisieren“, sagte die Starköchin.
Wiener unterstützt die „Vom Hof auf den Tisch“- Strategie der EU-Kommission
Wieners Kritik gilt vor allem den nur geringen Möglichkeiten der Europäer, sich gesund zu ernähren. Die Lebensmittelkette sei nicht nachhaltig genug, angefangen von der industrialisierten Agrarproduktion über die Lebensmittelherstellung bis hin zu Einzelhandel und Werbung. Das sind Probleme, welche „gesunde und klimafreundliche Lösungen“ brauchen.
„Unser Agrarsystem geht dorthin, wo es am billigsten, am billigsten, am billigsten ist. Nicht das beste, nicht das sicherste, niemand denkt an die sozialen Aspekte“, sagte sie gegenüber „Politico“.
„Die Strategie ‚Vom Hof auf den Tisch‘ stellt das Kernstück des Grünen Deals dar. Sie gibt eine umfassende Antwort auf die Herausforderungen nachhaltiger Lebensmittelsysteme und erkennt an, dass gesunde Menschen, gesunde Gesellschaften und ein gesunder Planet untrennbar miteinander verbunden sind“, steht in einer Mitteilung der Kommission über das Vorhaben.
Wiener stellt zwar die Strategie nicht in Frage, es sei „eine gute Diagnose über die Probleme“ und „ein Schritt in die richtige Richtung“. Aber die Umsetzung wird ein „harter Kampf“.
Dies ist nur ein Papier, nur eine Absicht … aber es bedeutet nicht, dass wir eine Gesetzesänderung haben und dass wir uns wirklich darauf freuen, wie wir die europäische Landwirtschaft und auch das Lebensmittelsystem … nachhaltiger machen können“, so die Grünen-Politikerin.
„Die Corona-Krise hat uns vor Augen geführt, wie verletzlich wir alle sind, und wie wichtig es ist, menschliches Handeln und Natur wieder miteinander in Einklang zu bringen. Es geht schließlich um die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen und nicht zuletzt um Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität. Bei dem Umbruch, den wir in Angriff nehmen möchten, spielen diese Strategien eine tragende Rolle“, sagte kürzlich Frans Timmermans, Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission.
Die richtigen Schlüsse aus der Corona-Krise ziehen
Die Europaabgeordnete hat ihren eigenen Bio-Bauernhof in der Uckermark, eine Holzofen-Bäckerei Wiener Brot und einen Schlachthof, mit denen sie ihre Restaurants fast vollständig selbstversorgend gemacht hat. Wiener erzählt „Politico“, dass sie dieses Modell passend hält für das europäische Lebensmittelsystem.
„Ich füttere meine Kühe mit meinem eigenen Gras, ich habe meinen eigenen Schlachthof mit Milchtransport, wir haben keine chemischen Ersatzstoffe in unseren Würsten, also sind wir völlig unabhängig bei der Herstellung von Fleisch und Wurstwaren“, erzählt sie.
Die großen Schlachthöfe und Fleischbetriebe hätten Probleme in der Corona-Krise gehabt, da sie keine Transporte sichern konnten, auch die Grenzen waren geschlossen. „Corona zeigte, dass [die Lebensmittelkette] regional sein muss und dass sie vielfältig sein muss“, schlussfolgert Wiener.
Ihrer Meinung nach hat die Krise auch gezeigt, dass die Europäer mehr Ökologisches essen wollen. Durch den Lockdown an vielen Orten konnten die Menschen nicht draußen essen gehen, sie waren gezwungen zu Hause zu kochen.
„Während der Corona-Krise … begannen die Menschen in ganz Europa den Wunsch nach mehr ökologischer Nahrung zu haben. Und auch viele Menschen begannen zu kochen und Mahlzeiten zuzubereiten. Die regionalen Lebensmittelgeschäfte und Bio-Lieferketten explodierten“, sagte sie.
Die Werbung ist schuld daran, dass wir bei McDonald´s essen
Sie prangert gleichzeitig die Werbebranche an, sie sei schuld daran, dass viele doch zu ungesunden Lebensmitteln greifen. „Man isst McDonald’s nicht, weil es so lecker und so gesund ist … Es liegt daran, dass es eine Menge Werbung, Gehirnwäsche und öffentliche Propaganda gibt, die uns sagt, dass wir das brauchen und dass es uns glücklich machen wird“, fügte sie hinzu.
Wiener glaubt, wenn die Menschen die ganze Geschichte hinter ihren Lebensmitteln kennen würden, also wie sie hergestellt werden und welche chemischen Ersatzstoffe sie enthalten, würden sie nicht so viele schädliche Produkte kaufen. Zugleich sollte man die gesunden Essgewohnheiten nicht als eine Art Strafe behandeln oder als Opfer im Namen des Klimaschutzes, meint Wiener.
„Natürlich sollten wir nicht zu 100 Prozent so essen, das tut niemand. Ich meine, zumindest tue ich es nicht … denn ich will nicht den ganzen Winter lang Kohl essen“, sagte sie „Politico“. „Man muss so kochen, wie man sagt: ‚Oh mein Gott, es ist so lecker, warum habe ich diesen Mist vorher gegessen?‘“
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion