Staat bot Opfer keinen Schutz: Menschenrechtsgericht verurteilt Italien in Fall von schwerer häuslicher Gewalt

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat Italien in einem Fall schwerer häuslicher Gewalt verurteilt: Die Straßburger Richter kamen in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Urteil zu dem Schluss, dass der italienische Staat Leben und physische Unversehrtheit von Mutter und Sohn nicht geschützt hat, obwohl die Frau Anzeige wegen häuslicher Gewalt erstattet hatte.
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Italienischer Gendarm (Symbolbild)Foto: FILIPPO MONTEFORTE/AFP/Getty Images
Epoch Times2. März 2017

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat Italien in einem Fall schwerer häuslicher Gewalt verurteilt, weil der Staat nichts zum Schutz einer misshandelten Frau und ihrer Kinder vor dem gewalttätigen Mann getan hat. Die wiederholten Angriffe des alkoholabhängigen Mannes gipfelten in der Ermordung eines Sohnes und einem Mordversuch an der Familienmutter. Diese hatte mehrfach die Behörden um Schutz gebeten, ohne dass diese aktiv wurden.

Die Straßburger Richter kamen in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Urteil zu dem Schluss, dass der italienische Staat Leben und physische Unversehrtheit von Mutter und Sohn nicht geschützt hat, obwohl die Frau Anzeige wegen häuslicher Gewalt erstattet hatte. Die Behörden seien auch nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, das Opfer mit rumänischen und moldauischen Wurzeln vor der Diskriminierung als Frau zu bewahren.

Durch die mangelnde Reaktion der Behörden auf die Anzeige der Frau sei ein Klima der „Straffreiheit“ geschaffen worden, das weitere Misshandlungen durch den Mann begünstigt habe.

Die 1965 geborene, im nordostitalienischen Remanzacco lebende Frau hatte sich erstmals im Juni 2012 bei der Polizei über ihren Mann beschwert, der sie und ihre Tochter geschlagen hatte. Im August griff er sie erneut mit einem Messer an und zwang sie zum Geschlechtsverkehr mit seinen Freunden. Die um Hilfe gebetenen Polizisten belegten den Angreifer wegen illegalen Tragens einer Waffe mit einem Bußgeld und rieten der Frau, nach Hause zu gehen.

Sie ging stattdessen ins Krankenhaus, wo die Ärzte ein Schädeltrauma und zahlreiche Verletzungen am Körper diagnostizierten. Drei Monate lang wurde sie von einer Frauenschutzorganisation aufgenommen, die danach keinen Platz mehr hatte. Anschließend soll die Frau teilweise auf der Straße geschlafen haben, bevor sie von einer Freundin aufgenommen wurde und schließlich dank einer Arbeit als Pflegekraft eine Wohnung anmieten konnte.

Der Ehemann verfolgte sie jedoch weiter: im September 2012 zeigte die Frau ihn wegen Körperverletzung, Misshandlung und Bedrohung an und bat die Behörden dringend, sie und ihre Kinder zu schützen. Erst im April 2013 wurde sie von der Polizei dazu befragt und milderte ihre Aussage ab.

Einige Monate später wurden die Vorwürfe der Misshandlung und Bedrohung fallen gelassen, der Täter wurde im Oktober 2015 zur Zahlung von 2000 Euro wegen Körperverletzung verurteilt.

Im November 2013 ereignete sich jedoch das tödliche Drama: nach einem Streit mit ihrem Mann rief die Frau die Polizei, die den Betrunkenen ins Krankenhaus brachte. In den frühen Morgenstunden wurde der Mann jedoch bei einer Personenkontrolle wieder auf der Straße aufgegriffen, die Polizisten ließen ihn nach einer Verwarnung laufen.

Gegen fünf Uhr morgens drang er mit einem Küchenmesser in die Familienwohnung ein und griff seine Frau an. Der Sohn, der seine Mutter schützen wollte, wurde erstochen. Die Frau erlitt schwere Stichverletzungen in der Brust. Im Januar 2015 wurde der Angreifer wegen Mordes und Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der EGMR verurteilte Italien nun wegen der Untätigkeit der Behörden. Das Land muss der Klägerin 30.000 Euro wegen erlittenen immateriellen Schadens zahlen sowie 10.000 Euro für entstandene Kosten. (afp)



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