Spaniens Regierungschef Sánchez zu Gesprächen in Kiew
Spanien hat turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Regierungschef Pedro Sánchez reiste aus diesem Anlass in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Damit will er die fortdauernde Unterstützung der Europäischen Union für das von Russland angegriffene Land unterstreichen.
„Der Krieg in der Ukraine wird eine der obersten Prioritäten unserer Präsidentschaft sein“, betonte Sánchez am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Am Samstag kam er zu Gesprächen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an. „Wir werden das ukrainische Volk weiterhin unterstützen, bis der Frieden nach Europa zurückkehrt“, schrieb er auf Twitter.
Das südeuropäische Land tritt die Nachfolge Schwedens an und wird den Ratsvorsitz für die kommenden sechs Monate innehaben. Die linke Minderheitsregierung hat sich viel vorgenommen. Unter dem Motto „mehr Gerechtigkeit“ will sie die Einführung gemeinsamer Mindestnormen für die Unternehmensbesteuerung, die Bekämpfung der Steuerhinterziehung durch große multinationale Konzerne und die Vollendung der Bankenunion vorantreiben. Auf der Agenda stehen zudem die Pläne für eine Reform des EU-Asylsystems sowie neue Schuldenregeln.
EU-Ratsvorsitz wechselt alle sechs Monate
Die 27 EU-Mitgliedstaaten wechseln sich alle sechs Monate beim EU-Ratsvorsitz ab. Das Vorsitzland leitet zahlreiche Sitzungen in Brüssel, Luxemburg und im eigenen Land, setzt eigene Schwerpunkte und versucht bei Kontroversen zu vermitteln. Deutschland hatte den Vorsitz zuletzt in der zweiten Jahreshälfte 2020 inne.
Bei der Vorstellung der Präsidentschaft hatte Sánchez im Juni betont, Europa brauche „eine wettbewerbsfähigere, fairere und solidarischere Wirtschaft“. Es müsse „mit dem Trend gebrochen werden, dass Unternehmensgewinne nicht immer dazu dienen, die Chancen der Menschen zu verbessern.“ Steuerhinterziehung koste Europa „jedes Jahr 1,5 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts, so viel wie es in den sozialen Wohnungsbau und den Umweltschutz investiert“, sagte er.
Spanien werde den Ratsvorsitz nutzen, um „darauf hinzuarbeiten, dass diese Ungerechtigkeit beendet und Mindeststandards für die Unternehmensbesteuerung in allen Mitgliedstaaten insbesondere im digitalen Bereich festgelegt“ würden, sagte der Sozialist.
Parlamentswahl in Spanien am 23. Juli
Diesen Plänen könnte jedoch der Wähler in die Quere kommen: In Spanien wird am 23. Juli ein neues Parlament gewählt. Umfragen zufolge dürfte die konservative Volkspartei PP die meisten Stimmen bekommen. Sie könnte dann entweder in einer Koalition mit der rechtspopulistischen und euroskeptischen Partei Vox eine neue Regierung bilden, oder sich von ihr tolerieren lassen. Sollte es so kommen, müsste sich die neue Regierung erstmal sortieren und würde anschließend möglicherweise andere Schwerpunkte setzen wollen.
In Brüssel wird befürchtet, dass ein Machtwechsel laufende EU-Gesetzgebungsvorhaben verzögern könnte. Grund ist, dass der Präsidentschaft eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Kompromissen zwischen den EU-Staaten, aber auch zwischen den EU-Staaten und dem Parlament zukommt. (dpa)
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