Spanien: Von Madrid abgesetzter katalanischer Vizepräsident bleibt in Haft
Der von Madrid abgesetzte katalanische Vizepräsident Oriol Junqueras bleibt in Haft: Die drei Richter der Berufungskammer von Spaniens Oberstem Gericht lehnten am Freitag eine Haftentlassung einstimmig ab.
Der einstige Stellvertreter des ebenfalls abgesetzten Regionalpräsidenten Carles Puigdemont sitzt seit Anfang November wegen seiner Mitwirkung an der katalanischen „Rebellion“ in der Nähe von Madrid hinter Gittern. Bei der katalanischen Parlamentswahl am 21. Dezember errang er ein Abgeordnetenmandat.
Die drei Richter sahen Hinweise als gegeben an, dass der Unabhängigkeitsbefürworter Junqueras sich „Rebellion, Aufruhr und Unterschlagung öffentlicher Mittel“ zuschulden kommen ließ. Außerdem könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte erneut derartige Vergehen begehe. Denn nichts deute darauf hin, dass Junqueras die Absicht habe, „den von ihm bislang eingeschlagenen Weg aufzugeben“.
Die Kammer verwahrte sich gegen den Vorwurf eines politischen Verfahrens. Sie hielt fest, dass es legal sei, für die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien einzutreten. Gemäß der spanischen Verfassung könne jede politische Position vertreten werden. Allerdings dürften dabei „keine Delikte verübt“ werden.
Das Gerichtsurteil hat politische Folgen. Im Parlament in Barcelona verfügen die Unabhängigkeitsbefürworter über die absolute Mehrheit von 70 der insgesamt 135 Sitze. Allerdings können acht der Abgeordneten ihr Mandat nicht wahrnehmen: Junqueras und zwei weitere Abgeordnete sitzen im Gefängnis, Puigdemont und vier seiner ehemaligen Minister befinden sich im belgischen Exil.
Sie werden von der spanischen Justiz mit Haftbefehl gesucht – wegen derselben Delikte, die Junqueras zur Last gelegt werden. Rebellion kann in Spanien mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft werden, Aufruhr mit bis zu 15 Jahren.
Damit das Unabhängigkeitslager im Parlament auf die Mehrheit von 68 Stimmen kommt, müssten von den acht inhaftierten und exilierten Abgeordneten mindestens sechs im Parlament sein. Da dies nicht möglich ist, dürften sie von ihren jeweiligen Nachrückern vertreten werden.
Bei dem von Madrid verbotenen und mit massiver Polizeigewalt behinderten Volksentscheid vom 1. Oktober hatten 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten an dem vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärten Referendum teil.
Die Zentralregierung übernahm am 27. Oktober die direkte Kontrolle über Katalonien und enthob die von Puigdemont geführte Regionalregierung ihres Amtes, nachdem das Parlament in Barcelona Kataloniens Unabhängigkeit erklärt hatte. Madrid stützte sich dabei auf Artikel 155 der Verfassung des Königreichs Spaniens. (afp)
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