Sorge in Brüssel wegen Protesten und mangelnder Pressefreiheit in Bulgarien
Brüssel blickt mit Sorge auf die Proteste und die Lage der Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien. Sie verfolge die Demonstrationen in dem EU-Land „mit großer Besorgnis“, sagte EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova am Donnerstag in einer Anhörung im EU-Parlament in Brüssel. „Das Vorgehen der Sicherheitskräfte sollte immer verhältnismäßig sein.“
In Bulgarien gibt es seit Monaten heftige Demonstrationen gegen die Regierung. Bei schweren Zusammenstößen mit der Polizei wurden hunderte Menschen verletzt, es gab zahlreiche Festnahmen. Die Proteste richten sich insbesondere gegen Ministerpräsident Boris Borissow, dem die Demonstranten Korruption und Nähe zu Oligarchen vorwerfen.
Beunruhigend sei auch die Lage der Medien- und Pressefreiheit, sagte Jourova vor Abgeordneten des Parlamentsausschusses für bürgerliche Freiheiten. Laut aktuellen Untersuchungen dazu „ist die negative Entwicklung in Bulgarien sehr offensichtlich“. Dies werde sich aller Voraussicht nach auch im ersten jährlichen Bericht zur Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten widerspiegeln, den die Kommission in zwei Wochen veröffentlichen werde.
Auslaufender EU-Kontrollmechanismus zu Bulgarien wird vorerst nicht eingestellt
Zugleich werde ein laufender EU-Kontrollmechanismus zu Bulgarien sowie in Rumänien vorerst nicht eingestellt, sagte Jourova weiter. Die beiden Länder unterliegen seit ihrem EU-Beitritt 2007 einer besonderen Kontrolle: Damals wurde angesichts von Defiziten im Justizwesen und beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität der Kooperations- und Überprüfungsmechanismus vereinbart. Dabei müssen die Länder Vorgaben erfüllen, deren Erreichen regelmäßig überprüft wird.
Die Regierungen in Sofia und Bukarest drängen seit Jahren vergeblich darauf, dass dieses Prozedere beendet wird. Der Mechanismus habe zwar schon 2017 eingestellt werden sollen, „aber es gab und gibt immer noch viel Arbeit zu erledigen“, sagte Jourova nun. Sie wolle ebenfalls, dass die Verfahren beendet werden, aber dafür müssten Rumänien und Bulgarien ihre Verpflichtungen umsetzen.
Vorwürfe einiger EU-Abgeordneter, die Kommission habe Bulgarien und den seit Jahren dort regierenden Borissow zu lange unbehelligt gelassen, wies Jourova zurück. Die EU-Kommission sei kein Verfassungsrichter oder Staatsanwalt und nicht zuständig für die innenpolitische Situation in den Mitgliedstaaten.
Den Kampf für mehr Rechtsstaatlichkeit nicht nur in Bulgarien gelobte die Kommissionsvertreterin fortzusetzen: „Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um weiterhin Druck auszuüben, damit die Rechtsstaatlichkeit respektiert wird.“ Dazu gehöre insbesondere der Umweg über den EU-Haushalt, um finanziellen Druck auf die Mitgliedstaaten zu schaffen. (afp)
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