Sondersitzung EU-Parlament zur Ukraine – Videoschaltung zu Selenskyj
Das Europaparlament hält am Dienstag eine Sondersitzung zu 1.000 Tagen Ukrainekrieg ab. Während der Sitzung ist eine Ansprache des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj per Videoschaltung geplant. Auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola will zu den Abgeordneten sprechen.
Metsola hatte zuvor bekräftigt, die EU werde die Ukraine „so lange wie nötig“ unterstützen. Die EU fürchtet, dass der künftige US-Präsident Donald Trump die milliardenschweren Militärhilfen seines Landes für die Ukraine kürzt und ein Abkommen mit Russland zu Ungunsten Kiews schließt.
Dass die USA als wichtigster Geldgeber absehbar ausfallen, könnte die Ukraine an den Verhandlungstisch zwingen.
Moskau kritisiert mögliche Freigabe von ATACMS
Russland reagierte gestern auf Medienberichte über eine Freigabe von taktischen Raketen des Typs ATACMS an die Ukraine mit scharfer Kritik und einer Warnung. Sollte die Ukraine diese Waffen gegen Russland einsetzen, bedeute das eine direkte Verstrickung der USA und ihrer Verbündeten in den Krieg, schrieb die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa.
Russlands Antwort wird in so einem Fall adäquat und spürbar sein.“
Die Freigabe bedeute eine „maximale Eskalation des gegen Russland entfachten hybriden Kriegs“, sagte Sacharowa.
Der Schritt sei gleichbedeutend mit einer radikalen Änderung des Kriegscharakters, da die USA und deren westliche Verbündete damit zu direkten Kriegsbeteiligten würden. Dass die USA dann direkt in den Krieg verwickelt seien, hatte Stunden zuvor schon Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärt.
Selenskyj: Den Krieg 2025 beenden
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha hat die mutmaßliche US-Erlaubnis als möglichen Wendepunkt im Krieg bezeichnet. „Kurz gesagt, es könnte ein Wendepunkt sein, und je weiter entfernt die Ukraine zuschlagen kann, desto kürzer wird der Krieg sein“, sagte er vor einer Sitzung des Weltsicherheitsrates in New York.
Der in Washington ansässige Russland-Experte John Hardy geht davon aus, dass die neue Schlagkraft der Ukraine „eine bessere Position in möglichen Verhandlungen“ verschaffen und Moskau dazu bringen könnte, „die Angriffe auf die Energie-Infrastruktur auszusetzen“.
Nachdem Selenskyj mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump telefoniert hatte, sagte der Ukrainer Ende vergangener Woche, es sei „sicher, dass der Krieg mit der Politik des Teams, das jetzt das Weiße Haus führen wird, früher enden wird“. Einen Tag danach sagte Selenskyj, er strebe eine Beendigung des Krieges im kommenden Jahr „mit diplomatischen Mitteln“ an.
Parallel telefonierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erstmals seit fast zwei Jahren mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Trumps Pläne: 20 Jahre kein NATO-Beitritt der Ukraine
Nach Informationen des „Wall Street Journal“ liegen Trump verschiedene Pläne seiner Berater vor, wie der Krieg beendet werden könnte. Unter anderem sehen die Pläne vor, dass die Ukraine für 20 Jahre den Verzicht auf einen NATO-Beitritt erklärt, während sie weiterhin von den USA Waffen gegen eine russische Invasion erhält.
Ferner sei eine entmilitarisierte Zone entlang der Front im Gespräch – die von europäischen Friedenstruppen gesichert werden soll.
„Wir schicken keine amerikanischen Männer und Frauen, um den Frieden in der Ukraine zu sichern. Und wir werden auch nicht dafür bezahlen. Das sollen die Polen, Deutschen, Briten und Franzosen machen“, zitiert die Zeitung ein Mitglied von Trumps Berater-Team.
Baerbock: Deutschland wird „wichtige Rolle spielen“
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) griff das Thema in Berlin auf und sagte, wenn es eine Friedensmission gäbe, „wäre es doch seltsam, wenn Europa hinginge und sagen würde, wir können den Frieden nicht selber sichern“. Deutschland würde „da sicherlich als größte und wichtigste Nation in Europa eine wichtige Rolle spielen“, fügte sie hinzu.
Trump wirft dem ukrainischen Staatschef vor, sich einem „Deal“ mit Russland zu verschließen. Manche befürchten, dass ein solcher „Deal“ auf eine De-facto-Kapitulation der Ukraine hinauslaufen würde, bei der Kiew durch ausbleibende finanzielle US-Unterstützung zur Abgabe eines Teils des von Russland erkämpften Territoriums gezwungen würde – so wie Putin es fordert.
Der russische Politikwissenschaftler Konstantin Kalatschow hält es für eindeutig, dass Trump der von Moskau bevorzugte Präsident ist, insbesondere dann, wenn „Russland ein schnelles Abkommen will“. Allerdings sei es mit Trump für den Kreml nicht zwangsläufig einfacher, denn der Republikaner sei bekanntermaßen „unberechenbar“.
Borrell: Vorbild der USA folgen
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die Mitgliedsländer aufgerufen, der Ukraine nach US-Vorbild den Einsatz von Waffen gegen Ziele im russischen Hinterland zu erlauben.
Er setze darauf, „dass alle Mitgliedsländer der Entscheidung folgen“, sagte Borrell am Dienstag am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien erlauben Kiew den Waffeneinsatz bisher nur mit strengen Auflagen.
Borrell begrüßte die Biden-Entscheidung, die Beschränkungen für die Ukraine aufzuheben. „Das ist eine sehr gute Nachricht für die Ukrainer“, sagte Borrell. Er sei „sicher“, dass die Europäer dieser Entscheidung letztlich folgen würden.
London: Bisher 50.000 Soldaten für Ukraine ausgebildet
Hilfe in ihrem Abwehrkampf bekommt die Ukraine vom Westen. Großbritannien hat so rund 50.000 Soldaten aus der Ukraine seit Kriegsbeginn ausgebildet. Verteidigungsminister John Healey bestätigte die Zahl.
Die Briten hatten die „Operation Interflex“, die von anderen Staaten unterstützt wird, im Sommer 2022 begonnen. Nach Angaben der britischen Regierung werden unter anderem Rekruten ausgebildet, die bisher nur wenig oder keine militärische Erfahrung haben. Das Programm soll auch im kommenden Jahr weitergehen.
Kämpfe in der Ostukraine gehen weiter
Im Osten der Ukraine laufen derzeit besonders erbitterte Gefechte um die an einem Stausee gelegene Kleinstadt Kurachowe im Gebiet Donezk. Russischen Truppen sei es bereits gelungen, südlich und nördlich von Kurachowe nach Westen vorzustoßen, womit eine Einschließung droht.
Etwas weiter nördlich laufen Kämpfe östlich der ebenfalls in Donezk gelegenen Stadt Pokrowsk. Gefährlich zugespitzt hat sich die Lage im noch weiter nördlich im Gebiet Charkiw. Dort konnte eine Kolonne russischer Panzerfahrzeuge in die strategisch wichtige Stadt Kupjansk eindringen, später kehrten sie wieder um.
Militärbeobachter wie Jan Matwejew beobachten erschreckende Schwächen im Verteidigungswall der Ukrainer und warnten vor einer Wiederholung eines solchen Szenarios in größerem Maßstab.
„Sowohl im Gebiet Donezk als auch in Charkiw halten wir unsere Positionen“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft aus Kupjansk dazu.
Russland hat den Beschuss ukrainischer Städte und ziviler Objekte – auch mit weitreichenden Raketen – in den vergangenen beiden Tagen massiv verstärkt. Nach einem schweren Luftangriff auf Ziele in der gesamten Ukraine am Sonntag gab es auch am Montag viele Tote und Verletzte nach einem Raketeneinschlag in Odessa und einem in Sumy.
Die Kriegsparteien haben einander zudem erneut mit Kampfdrohnen angegriffen. Ukrainische Drohnen wurden über der südrussischen Stadt Rostow am Don gesichtet, berichtete die Staatsagentur Tass.
(afp/dpa/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion