Sondergipfel der EU ab 18 Uhr: EU-Postenpoker – Oettinger will Weidmann als EZB-Chef

Für Sonntagabend ist der Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs angesetzt, es geht um die EU-Spitzenposten. EU-Kommissar Oettinger will Weidmann als Chef der EZB, der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis lehnt Timmermans ab. "Diese Person ist nicht die richtige, um Europa zu einen".
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Das EU-Parlament.Foto: iStock
Epoch Times30. Juni 2019

Beim Poker um die Spitzenposten in der EU hat die entscheidende Phase begonnen. EU-Ratspräsident Donald Tusk sondierte in Brüssel mit EU-Abgeordneten das Personaltableau, für Sonntagabend war der Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs angesetzt. In den vergangenen Tagen waren die Chancen des niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans auf die Nachfolge von Jean-Claude Juncker als Präsident der EU-Kommission erheblich gestiegen.

Einen Monat nach der Europawahl wollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Sondertreffen über die Neubesetzung von mindestens drei EU-Spitzenposten entscheiden. Dabei geht es neben dem Posten des Kommissionschefs auch um die Ämter des EU-Ratspräsidenten und des Außenbeauftragten.

Auf die Nachfolge von Juncker hatte bisher der CSU-Politiker Manfred Weber Anspruch erhoben, dessen konservative Europäische Volkspartei (EVP) erneut stärkste Kraft im EU-Parlament wurde. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und andere liberale Regierungschefs sind aber strikt gegen Weber.

Widerstand kommt von den Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei

Weil sich die meisten Fraktionen im EU-Parlament und auch einige Staats- und Regierungschefs deutlich für die Beibehaltung des Prinzips der Spitzenkandidaten aussprachen, stiegen dadurch die Chancen des Sozialdemokraten Timmermans. Dies ist laut Diplomaten die „Hauptvariante“ der diskutierten Szenarien für den Gipfel.

Weber könnte dann nach Angaben aus Verhandlungskreisen der Posten des Parlamentspräsidenten angeboten werden – möglicherweise für zwei Amtszeiten, also fünf Jahre. Alternativ ist auch ein Posten als erster Vize-Präsident der Kommission im Gespräch.

Widerstand gegen den früheren niederländischen Außenminister Timmermans als Juncker-Nachfolger kommt bislang auch aus fünf Ländern: Italien und die vier Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei.

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis lehnt Timmermans ab. „Diese Person ist nicht die richtige, um Europa zu einen“, sagte er am Sonntag vor Beginn eines EU-Sondergipfels in Brüssel.

Auf eine Sperrminorität kämen diese Länder zwar nicht, dennoch ist eine Entscheidung der Staats- und Regierungschefs gegen eine geschlossenen Ablehnung dieser fünf Länder Diplomaten zufolge kaum denkbar.

Oettinger pocht auf starken Kommissars-Posten für Deutschland: Weidmann als EZB-Chef

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) pocht bei den Verhandlungen über die EU-Top-Posten auf EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) als Kommissionspräsident und setzt im Falle der Ablehnung auf einen Ausgleich für Deutschland durch einen aufgewerteten Kommissionsposten und einen Wechsel von Bundesbank-Chef Jens Weidmann an die Spitze der EZB.

„Für den Gipfel am Sonntag gilt, dass die gesamte EVP Manfred Weber unterstützt. Erst wenn Weber wegen der Blockade von einer zu großen Zahl von Mitgliedstaaten nicht durchsetzbar ist, müssen wir über andere Lösungen nachdenken“, sagte Oettinger der „Rheinischen Post“. Dann brauche Deutschland einen starken Kommissar, der zum Beispiel für Forschung, Industrie und Wirtschaft zuständig sei.

„Und dann stellt sich die Frage, ob Jens Weidmann eine Chance hat, EZB-Präsident zu werden“, so Oettinger. „Jens Weidmann wäre ein guter EZB- Chef.“

Grüne gehen vermutlich leer aus

Die Grünen, die mit großen Zugewinnen aus der EU-Wahl hervorgegangen waren, würden in den diskutierten Personalszenarien leer ausgehen. „Wir machen unsere Zustimmung von Inhalten abhängig“, sagte dazu die deutsche Grüne Ska Keller der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Keller war zwischenzeitlich als mögliche Parlamentspräsidentin gehandelt worden.

Die EVP hielt zunächst weiter an ihrem Kandidaten fest. Weber sei der EVP-Kandidat für den Chefposten, hieß es am Samstag aus dem Umfeld des CSU-Politikers. Sollte der Sozialdemokrat Timmermans Kommissionspräsident werden, spiegele dies nicht das Ergebnis der Europawahl wider, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, dem Deutschlandfunk.

Der CDU-Politiker schloss diese Möglichkeit dennoch nicht gänzlich aus, nannte aber weitgehende inhaltliche Zugeständnisse als Bedingung: „Jedes Szenario, bei dem Manfred Weber nicht Präsident der Europäischen Kommission wird, würde bestimmt extrem teuer werden für die andere Seite“, sagte Caspary. Zudem griff er Frankreichs Präsidenten für dessen kompromisslose Ablehnung Webers an: Diese „Arroganz“ sei nicht akzeptabel. (afp/dts)



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