Somalische Piraterie gewinnt an Boden

Titelbild
4. Januar 2010: Somalische Piraten, die auf einer Jolle in Hobyo im nordöstlichen Somalia Vorbereitungen treffen, Schiffe im Golf von Aden anzugreifen.Foto: Mohamed Dahir/AFP/Getty Images
Von 10. März 2010

Mehr als ein Jahr nachdem die Piraterie im Golf von Aden eskalierte, steckt die Welt immer noch im Sumpf von unangebrachten und falschen Militär-Aktionen. In der Zwischenzeit sind Millionen von Somaliern in verzweifelten Verhältnissen gefangen. Ein Drittel des Landes ist unterwegs. Tausende beschließen, den schrecklichen Treck nach Kenia zu wagen, wo sie ein relativ sicheres, aber eintöniges Leben in Flüchtlingslagern erwartet. Auf dem afrikanischen Gipfeltreffen im letzten Monat beklagten Diplomaten, dass Somalia nirgendwo eine Beachtung fände, die auch nur ein wenig in die Nähe jenes Aufmerksamkeitsniveaus rückt, das Afghanistan erhält, obwohl Somalia eine Hauptbedrohung für die Sicherheit darstellt.
Die Antwort der Welt bestand darin, eine eindrucksvolle Kriegsflotte in den Golf von Aden zu schicken. Diese Strategie erwies sich als kläglich unwirksam. Am 14. Januar 2010, des ersten Jahrestages der Gründung der 50-Nationen-Kontakt-Gruppe zur Piraterie vor der Küste Somalias, hatte die Taskforce am Tagungsort New York wenig zu berichten. Es gab umfassende Diskussionen über die Größe der Koalition und ihrer Feuerkraft, aber nichts über gegenwärtige Erfolge bei der Unterbindung der Piraterie. Stattdessen gaben Mitglieder der Marine-Taskforce zu, dass die Angriffe der Piraten seit dem letzten Jahr zugenommen haben.
Nach der Internationalen Seeorganisation nahm 2009 und 2010 die Piraterie rasch zu. Im Januar 2009 belief sich das Lösegeld für das Saudische Tankschiff Sirius Stern 3 Millionen Dollar. Im nächsten Monat stieg das Lösegeld für das unter ukrainischer Flagge fahrende Frachtschff MV Fania auf 3,2 Millionen Dollar. Im Dezember 2009 betrug das Lösegeld für das Containerschiff Kota Wajar 4,0 Millionen Dollar. Und im Januar 2010 lag das Lösegeld für den unter griechischer Flagge fahrenden Öltanker Maran Centaurus bei 7,0 Millionen Dollar. Jedes Mal, wenn es einen Bericht von einer großen Auslöse gibt, steigt das folgende Lösegeld.

An Boden gewonnen

Die Piraten gewinnen an Boden, sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne. Sie wissen, dass die Entführung von Schiffen minimales Risiko und riesige potenzielle Belohnung birgt. Piraten streifen bis in den Indischen Ozean und bauen an Land Reichtum und politischen Einfluss auf. Piraten verdrängen traditionelle Führer, weil sie Geld haben und Geld Einfluss bedeutet.
Das sollte die internationale Gemeinschaft sehr viel mehr aufscheuchen, aber Staatenlenker und Medien bleiben weiterhin von dem Phänomen der Piraterie fasziniert. Hollywood zum Beispiel plant eine Menge Filme über die Piraterie im Golf von Aden, ein Albtraum für die Politiker. Die Piraten in ihren kleinen glasfaser-verstärkten Jollen lassen Flugzeugträger wie hilflose Riesen aussehen. Was für die internationale Schifffahrt ein Problem darstellt, ist ein Segen für die lokalen Fischer. Berichte geben an, dass die Fischbestände im benachbarten Kenia exponentiell zugenommen haben, seitdem durch den Anstieg der Piraterie die Plünderung von Fischbeständen durch europäische und asiatische Trawler aufhörte.
Die Piraten an Land und auf See sind sich der Macht von Medien sehr gut bewusst. Sie haben PR-Berater und sind in Medienorganisationen wie Al Jazeera und der BBC vertreten. Sie verfügen über High-Tech wie GPS-Geräte, Handys und Satellitentelefone. Sie haben Unterhändler, Rechtsanwälte, Risiko-Analysten und Berater in London, Nairobi und Dubai.

Das Chaos in Somalia

Außerdem ist Somalia aufgrund des Mangels an Kontrolle durch eine Regierung über die Wirtschaft eine Freihandelszone geworden. Die Hauptkämpfe werden um die Kontrolle der Häfen und Flughäfen geführt. Kriegsherren, die Flughäfen und Häfen kontrollieren, nutzen den Mangel an Regierungskontrolle aus, um durch Schmuggel Milliarden zu machen. Millionen von Tonnen von Waren wie Nahrung, Elektronik, Waffen und andere Schmuggelware werden transportiert. Auf dem offenen Meer mit „Somalia“ gekennzeichnet, werden sie in Wirklichkeit nach Ländern wie Kenia, Sudan, Äthiopien und Djibouti gebracht.
Mogadishu ist die Hauptquelle von illegalen Waffen in der Region geworden. Geschäftemacherei, der Zustand der Nation, die somalische Diaspora und lokale Clan-Milizen tragen alle zum Wachstum des illegalen Waffenhandels bei.
Folglich könnten einige Akteure der Region an der Aufrechterhaltung des Konflikts beteiligt sein. Es sind nicht nur die Piraten, die hier einen Riesengewinn machen.
Obwohl es scheint, als ob die Vereinigten Staaten, China, die Europäische Union und andere mächtige Nationen versucht haben, die Piraterie im Golf von Aden zu unterbinden, zögern sie, im Land aktiv zu werden. US-amerikanische und EU-Kräfte haben sich der Regionalinitiative angeschlossen, die Übergangsbundesregierung (TFG) auszubilden und auszustatten. Kenia, Äthiopien, Djibouti und Uganda waren bereit, Militär und Polizisten für die TFG auszubilden.
Die Vereinigten Staaten gingen in der Finanzierung dieser Anstrengungen voran, aber die Resonanz muss in allen Bereichen der Verteidigung, Diplomatie und Entwicklung erhöht werden. Die Anstrengungen, den TFG zu unterstützen, sind gut, müssen aber verstärkt werden. Die Friedenstruppen der afrikanischen Union sind zum Beispiel chronisch unterfinanziert und unterbesetzt. Obwohl Staaten in der Region bereit sind, Truppen zu entsenden, sind sie außer Stande, diese Kräfte zu finanzieren. Am Ende jedoch ist es die Unterstützung von Entwicklungsprojekten, die die Gewalt reduzieren wird. Sie können dem somalischen Volk die Hoffnung zurück bringen, Jobs, Gesundheit und menschliche Würde.
Die internationale Gemeinschaft sollte legitime traditionelle Führer unterstützen, die Boden an die neuen Emporkömmlinge verlieren, die von kriminellen Geschäften wie Piraterie und Schmuggel unterstützt werden. Führer der al-Shabaab-Milizen schieben auch die traditionellen Führer beiseite und zwangsverordnen den Somaliern eine strengere ausländische Version des Islams, der sich vom landläufigen traditionellen Sufi-Glaubenssystem stark unterscheidet. Ohne Unterstützung werden diese potenziellen Verbündeten in der traditionellen Führung alternative Quellen der wirtschaftlichen und physischen Sicherheit für ihre Stammesgenossen suchen müssen. Diese lokalen Führer sind im Belagerungszustand, aber sie besitzen weiterhin einen gewissen Grad an Legitimität. Das wird nicht ewig anhalten, es sei denn, dass sie die elementaren Bedürfnisse sichern können: Nahrung, Gesundheitsfürsorge und Sicherheit.
Nach 20 Jahren Chaos sucht die Bevölkerung Somalias verzweifelt Frieden und Sicherheit. Ist die internationale Gemeinschaft bereit, der Herausforderung zu begegnen?

Francis Njubi Nesbitt ist Mitwirkende bei Foreign Policy In Focus und lehrt afrikanische Politik und Konfliktlösungen an der San Diego State University.

Originalartikel auf Englisch: Somali Piracy is Gaining Ground

 



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