Sieg von Johnson: Britische Unternehmer sind erleichtert, Verstaatlichungen durch Labour sind vom Tisch

Der Sieg von Boris Johnson lässt die Wirtschaft aufatmen: Es kommt nicht zum Labour-Sozialismus, sondern zum – wenn auch noch unklaren – Brexit. Die Börse macht einen kleinen Freudensprung.
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Boris Johnson am 13. Dezember 2019 bei einem Statement in der Downing Street – nach seinem Treffen Queen Elizabeth II im Buckingham Palace.Foto: Dan Kitwood/Getty Images
Epoch Times14. Dezember 2019

Die britischen Unternehmer sind erleichtert, das Pfund macht an der Börse einen Freudensprung. Nach dem klaren Sieg von Boris Johnson sprang das Pfund zum Dollar an der Börse um bis zu 2,7 Prozent. Gegenüber dem Zufluchtsort des Schweizer Franken betrug das Plus zeitweilig 3,4 Pfund. Auch zum Euro kletterte die britische Währung auf mehr als 1,20 Euro je Pfund. Seit dem Frühjahr 2018 sind das neue Höchstwerte. Obwohl die Kurse in der Nacht etwas nachgelassen haben – das Signal ist eindrucksvoll.

Denn der Sieg von Boris Johnson beendet die Unsicherheit, die die Wirtschaft niederdrückte. Die Investoren sind von ihm angetan – es droht keine sozialistische Labour-Politik. Labour verfolgt sozialistische Ziele, die Partei wollte Eisenbahnbetreiber, Energie- und Wasserversorgern verstaatlichen. Hinzu kamen drohende Steuererhöhungen bei der Unternehmenssteuer. Wirtschaftsvertreter sind nun erleichtert, dass dieses Szenario mit Jeremy Corbyn vorerst nicht eintritt.

„Wenn der Staat eine aktive Rolle in der Wirtschaft spielt, hat jede Aktion einen Dominoeffekt auf den Markt. Neue Richtlinien und Gesetze können ganze Branchen verändern und viele Unternehmen und Investoren von den Entscheidungen der Regierung abhängig machen. Der Staat, der traditionell nur Gesetze verabschiedete und durchsetzte, ist dadurch ein führender Akteur in der Wirtschaft geworden“, so die Autoren des Buches „Wie der Teufel die Welt regiert“.

Und weiter: „Der Staat ist wie ein Schiedsrichter, der bei einem Fußballspiel auch noch zum Spieler wird: Er kontrolliert und reguliert das Kapital in einer Wirtschaft, die früher privat war und ersetzt damit die ‚unsichtbare Hand‘ durch die ’sichtbare Hand'“.

Das „Corbyn-Risiko komplett zunichte gemacht“

Analysten begründeten die Feierstimmung an der britischen Börse damit, dass nun die jahrelange Unsicherheit der Unternehmen signifikant zurückgehe. Für die Wirtschaft sei der Wahlausgang „das perfekte Ergebnis“, kommentierte Analyst Neil Wilson von Markets.com. Zudem sei das „Corbyn-Risiko komplett zunichte gemacht“ worden. Labour-Chef Jeremy Corbyn hatte im Wahlkampf unter anderem mit Verstaatlichungen geworben und damit viele marktliberale Wirtschaftsvertreter verschreckt.

Benjamin Triebe, Wirtschaftskorrespondent der „NZZ“ schreibt unter dem Titel: „Lieber ein sicherer Brexit als ein unsicherer Sozialismus“:

„Das Aufatmen lässt sich nicht mit Freude über den Brexit erklären, der mit Johnsons Wahlsieg nun unausweichlich scheint. Der EU-Ausstieg wird in jedem Fall eine Verschlechterung der Handelsbedingungen zur EU, dem größten Handelspartner, bringen.“

Nach der Wahl sei ein „Exit vom Brexit“ nun nicht mehr möglich, erklärte Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW Kiel – auch wenn weiter „maximal unsicher“ sei, ob es „zu einem weichen oder harten oder smarten Deal mit der EU kommt“.

Wie geht es weiter?

Am 31. Januar 2020 kommt der Brexit. Es wird zuvor nochmals über das Austrittsabkommen abgestimmt, die konservative Mehrheit scheint nun gesichert. Der No-Deal-Brexit scheint ebenfalls vom Tisch zu sein und es wird eine einjährige Übergangsperiode geben. Innerhalb dieser ändert sich für Unternehmen und Firmen noch nichts, obwohl das Land nicht mehr Teil der EU ist.

Währenddessen ist das künftige Freihandelsabkommen mit der EU auszuhandeln. Ein Zünglein an der Waage könnten die Brexit-Hardliner bilden, die lieber sofort austreten wollen, um ihre Freiheit zu erhalten, als die einjährige Übergangsperiode möglicherweise zu verlängern.

Der Vorsitzende der Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), hält es für unrealistisch, dass sich London und Brüssel bis Ende 2020 auf einen Vertrag über die künftigen Beziehungen einigen können: „Das ist im Sinne eines umfassenden Abkommens völlig unrealistisch“.

Was wird mit Schottland?

Norbert Röttgen bezweifelt, ob Johnson für Schottland sprechen darf. Es handle sich „nicht um ein Votum des Vereinigten Königreichs, sondern des Landes ohne Schottland handelt“. Damit stehe das „nächste Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands bevor“, sagte Röttgen.

Dass die Schotten dies „mehrheitlich versuchen werden“, sei nach diesem in Schottland „ja ebenso eindeutigen, nur in die andere Richtung weisenden Wahlergebnis zu erwarten“, so der CDU-Politiker.

Schottland habe die Tories und Johnson abgelehnt. „Einmal mehr haben wir Nein zum Brexit gesagt“, sagte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. Der britische Premierminister Boris Johnson habe daher „überhaupt kein Mandat, um Schottland aus der EU zu führen“, sagte Sturgeon in Edinburgh.

Die Vorsitzende der Scottish National Party (SNP) und gleichzeitige schottische Premierministerin Nicola Sturgeon am 14. Dezember 2019 mit den neu gewählten Abgeordneten der SNP. Foto: NEIL HANNA/AFP über Getty Images

Der kommende Zeitplan

17. Dezember: Das auf maximal fünf Jahre neu gewählte Unterhaus tritt erstmals am Dienstag zusammen. Auf der Tagesordnung steht die Wahl eines Parlamentspräsidenten. Voraussichtlich wird der erst am 4. November gewählte Lindsay Hoyle im Amt bestätigt. Zudem leisten die 650 neugewählten Abgeordneten ihren Amtseid.

19. Dezember: Die Queen soll bereits am Donnerstag im Oberhaus Johnsons Regierungserklärung verlesen. Wegen der vorgezogenen Neuwahlen und der Nähe zu den Weihnachtsfeiertagen soll die sonst übliche aufwändige Zeremonie diesmal etwas heruntergefahren werden. Zudem hatte die Königin erst am 14. Oktober mit viel Pomp das Parlament nach der Herbstpause wiedereröffnet.

31. Januar 2020: Offiziell endet an diesem Tag die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens. Mit seiner Mehrheit sollte es Johnson gelingen, sein Brexit-Gesetz diesmal fristgerecht durchs Parlament zu bekommen.

1. Februar: Bei erfolgtem Brexit beginnt eine Übergangsperiode bis Ende 2020. In dieser Zeit wäre Großbritannien kein EU-Mitglied mehr, bliebe aber noch im Binnenmarkt und in der Zollunion. Diese Periode wollen beide Seiten nutzen, um die künftigen Beziehungen und insbesondere ein Freihandelsabkommen auszuhandeln.

1. Juli: Sollten die Briten die Übergangsphase verlängern wollen, müssten sie das der EU vor dem 1. Juli mitteilen. Der Termin kann einmal um ein oder zwei Jahre verlängert werden – also bis Ende 2021 oder Ende 2022.

31. Dezember: Falls die Übergangsphase nicht verlängert wurde, enden nun die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU. Ein Freihandelsabkommen müsste bereits ratifiziert sein, damit es rechtzeitig in Kraft treten kann. (ks mit Material der Agenturen)

 



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