„Sie sind dafür verantwortlich“: Sohn von ermordeter Journalistin auf Malta macht Regierung verantwortlich
Nach einem tödlichen Autobombenanschlag auf die Journalistin und Bloggerin Daphne Caruana Galizia auf Malta hat deren Sohn die Regierung für das Attentat verantwortlich gemacht.
„Sie sind Komplizen, Sie sind dafür verantwortlich“, schrieb Matthew Caruana Galizia am Dienstag in einem emotionalen Facebook-Beitrag an die Regierung gerichtet. Die regierungskritische Journalistin war am Montag durch eine Autobombe getötet worden. Tausende Menschen versammelten sich in der Nacht zum Dienstag zu einer Mahnwache.
Das Auto der 53-Jährigen war bei dem Attentat durch einen Sprengsatz in Stücke gerissen worden. Die Leiche der Journalistin wurde Augenzeugenberichten zufolge auf ein nahegelegenes Feld geschleudert. Sie hinterlässt einen Ehemann und drei Söhne.
„Überall lagen Leichenteile meiner Mutter“
„Ich werde nie vergessen, wie ich um das Inferno auf dem Feld herumgerannt bin, versucht habe, die Tür zu öffnen, die Hupe des Autos war noch zu hören“, schrieb Matthew Caruana Galizia, der selbst Journalist ist. „Ich schaute nach unten und überall lagen Leichenteile meiner Mutter.“ Seine Mutter sei ermordet worden, weil sie ihre Arbeit gemacht und in einem mutmaßlichen Korruptionsskandal recherchiert habe.
Caurana Galizias Sohn warf der Regierung von Ministerpräsident Joseph Muscat vor, Regierung, Polizei und Justiz mit „Betrügern“ besetzt zu haben: „Wir sind ein Volk, das sich im Krieg gegen den Staat und die organisierte Kriminalität befindet, die sich voneinander nicht unterscheiden.“
Daphne Caruana Galizia arbeitete für verschiedene maltesische Medien, war aber vor allem für ihren Blog bekannt, auf dem sie mehrere Korruptionsaffären aufdeckte. Das Magazin „Politico“ bezeichnete sie als „ein ganzes Wikileaks in einer einzigen Frau“. Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, versprach eine Belohnung von 20.000 Euro für Informationen, die zur Überführung der Mörder Caruana Galizias führten.
Journalistin erhob Korruptionsvorwürfe gegen Regierung
Die Journalistin hatte mehrfach Korruptionsvorwürfe gegen Vertraute von Regierungschef Muscat erhoben und mit ihren Berichten erreicht, dass dieser wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit den „Panama Papers“ vorgezogene Neuwahlen ansetzte. Trotz der Vorwürfe ging seine Arbeiterpartei als Siegerin aus der Wahl hervor.
In ihrem letzten Blog-Eintrag, den sie in der Stunde vor ihrem Tod schrieb, bekräftigte Caruana Galizia ihren Vorwurf, Stabschef Keith Schembri sei ein „Betrüger“, der seinen Einfluss in der Regierung nutze, um sich selbst zu bereichern.
Muscat hatte die Korruptionsvorwürfe als „größte Lüge in der politischen Geschichte Maltas“ bezeichnet. Zugleich kündigte er seinen Rücktritt an, sollten sich die Vorwürfe in einer von ihm selbst geforderten Untersuchung als bewahrheiten.
Nach dem Attentat sprach Muscat von einer „barbarischen“ Tat und einem „schwarzen Tag für unsere Demokratie und unsere Meinungsfreiheit“. Der Mitte-Links-Politiker, der selbst früher Journalist war, wies die Sicherheitskräfte an, die Täter zu finden. Jeder wisse, dass Caruana Galizia seine scharfe Kritikerin gewesen sei, doch könne niemand einen solch „barbarischen“ Akt rechtfertigen.
EU-Kommission zeigt sich „entsetzt“
Der Sohn der ermordeten Journalistin wies die Äußerungen zurück: „Die Regierung von Malta hat es möglich gemacht, dass sich eine Kultur der Straflosigkeit entwickelt hat“, schrieb Matthew Caruana Galizia. „Wenn die Institutionen funktionieren würden, würde es keinen Mord geben, in dem ermittelt werden muss, und meine Brüder und ich hätten noch eine Mutter.“
Die EU-Kommission zeigte sich „entsetzt“ über den „offensichtlich gezielten Angriff“ auf die Journalistin. Sprecher Margaritis Schinas forderte Gerechtigkeit in dem Fall.
Am Montagabend versammelten sich auf Malta mehrere tausend Menschen zu Mahnwachen. Sie entzündeten Kerzen und legten Blumen und Beileidsbekundungen nieder.
Unterdessen zog sich die Vorsitzende Richterin aus dem Mordfall zurück, nachdem die Familie der Journalistin ihr eine zu große Nähe zur Regierungspartei vorgeworfen hatte. (afp)
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