EU-weite Überwachung: WhatsApp, Signal, Telegram und Co sollen Generalschlüssel zur Verfügung stellen

Anlässlich der Angriffe in Nizza, Dresden und Wien fordern die EU-Minister Hintertüren in Messenger-Diensten. Über einen Generalschlüssel könnten „kompetente Autoritäten“ – und andere – unbemerkt Chat-Nachrichten mitlesen, speichern und auswerten. Die Blitzaktion erinnert an die Vorratsdatenspeicherung, die im Zuge der Terrorangriffe von London und Madrid vor fünf Jahren „durch Ministerrat und Parlament geschleust“ wurde.
Titelbild
Wachablöse von WhatsApp zu Telegram und Signal?Foto: Justin Sullivan/Getty Images
Von 11. November 2020

Unter dem Titel „Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung“ plant die EU die Erweiterung der Überwachung von WhatsApp, Signal, Telegram und anderen Messenger-Diensten. Vonseiten der EU erkenne man die Bedeutung einer sicheren Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und gelobe, diese zu fördern – aber nur, wenn es ungefährlich sei.

Im Angesicht der Gefahr „schwerwiegender oder organisierter Kriminalität und Terrorismus, einschließlich in der digitalen Welt“ müssten „kompetente Autoritäten in der Lage sein, rechtmäßig und gezielt auf Daten zuzugreifen“, heißt es in einem ursprünglich geheimen Entwurf einer Deklaration des EU-Ministerrats.

Den Resolutionsentwurf im Wortlaut veröffentlichte der „Österreichische Rundfunk“ („ORF“). Änderungen zur vorherigen Fassung vom 21. Oktober sind fett gedruckt.

Überwachung mit Déjà-vu: Blitzaktion nach Anschlägen

Konkret besagt das Dokument: Ermittlungsbehörden, in- und ausländische Geheimdienste sowie weitere Berechtigte sollen Zugriff auf private Chat-Nachrichten erhalten. Dazu sollen die Betreiber eine Art Generalschlüssel bereitstellen, mit dem Behörden unerkannt verschlüsselte Nachrichten und Chatverläufe im Klartext einsehen können. Nach Einschätzung des „ORF“ stelle diese Methode „einen Man-in-the-Middle-Angriff dar und gehe auf einen Vorschlag britischer Spione zurück“.

Anlass der Blitzaktion sind die jüngsten Angriffe in Wien, Nizza und Dresden. Der „ORF“ sieht wiederum Analogien zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung, die nach fünf Jahren in der EU anlässlich der Zuganschläge in London und Madrid (2004/05) „durch den Ministerrat und das Parlament geschleust“ wurde.

Der neue Entwurf sei wiederum bereits so weit ausgearbeitet, dass er kurzfristig Anfang Dezember verabschiedet werden könnte. Die Zeit für Einwände läuft diese Woche ab, Merkel und Macron besprechen den Entwurf bereits heute (10. November).

Das größte Manko sehen Kritiker in der Art und Weise der Umsetzung und der geplanten Maßnahmen. Grundsätzlich könnte jeder die Hintertür öffnen und ausnutzen. Zudem fänden Kriminelle sicherlich andere Wege unerkannt zu kommunizieren, beispielsweise über Videospiele. Schlussendlich führe der Entwurf dazu, dass lediglich der einfache, Technik-unerfahrene Bürger überwacht werde.



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