Seltene Demonstrationen im Gazastreifen: „Stoppt den Krieg!“

Demonstrationen gegen die Terrorgruppe Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, sind selten. Seit zwei Tagen in Folge bilden sich immer wieder Menschenmengen, die Parolen gegen die Hamas rufen. Israels Verteidigungsminister rief andere Bewohner des Gazastreifens dazu auf, sich dem Protest anzuschließen. Das sei der einzige Weg, den Krieg zu beenden.
Titelbild
Palästinenser am 25. März 2025 bei einer Kundgebung in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen.Foto: -/AFP via Getty Images
Von 27. März 2025

In einem seltenen Akt des Widerstands protestieren Palästinenser im nördlichen Gazastreifen gegen den Krieg und ihre Hamas-Regierung.

Videos in sozialen Medien zeigen Demonstranten, die am 25. März „Hamas, raus!“ und „Die Bevölkerung von Gaza will keinen Krieg“ rufen. Sie marschieren zwischen kriegszerstörten Gebäuden in Beit Lahiya, 1,6 Kilometer von der Nordgrenze Gazas zu Israel entfernt. Die Menschen halten Schilder mit der Aufschrift „Stoppt den Krieg!“ und „Wir weigern uns zu sterben!“.

Die Menge wächst auf Tausende, als die Demonstrationen am nächsten Tag sowohl in Beit Lahiya als auch in Gaza-Stadt fortgesetzt wurden. Laut „Times of Israel“ protestierten am 26. März rund 3.000 Menschen in Beit Lahiya.

Der nördliche Gazastreifen ist eines der am stärksten zerstörten Gebiete. Die meisten Gebäude liegen in Schutt und Asche, viele Bewohner sind mehrfach vor Kämpfen geflohen.

Forderungen: Kriegsende, Sturz der Hamas

In Beit Lahiya verlangen die Menschen laut der Epoch Times Israel ein Ende des Krieges und den Sturz der Hamas-Regierung: „Wir sind keine Nation von Terroristen, sondern eine Nation der Freien.“

Sprechchöre wie „Wir wollen in Würde leben“ waren zu hören. Auch Parolen gegen den katarischen Sender „Al Jazeera“, der als Sprachrohr der Hamas gilt, wurden gerufen.

Palästinenser nehmen am 26. März 2025 in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen an einer Anti-Hamas-Demonstration teil, die ein Ende des Krieges mit Israel fordert. Sie zogen mit Transparenten durch Gaza-Stadt und die Stadt Beit Lahia. Foto: -/AFP via Getty Images

Hamas reagiert mit „allgemeiner Mobilisierung“

Die Hamas reagierte am 26. März durch Dr. Bassem Naim, ein Mitglied des Politbüros. Naim erklärte, dass „alle Menschen das Recht haben, vor Schmerz zu schreien und ihre Stimme gegen die Aggression gegen unser Volk und den Verrat an unserem Volk zu erheben.“ Er fügte hinzu: „Ob die Leute auf die Straße gehen oder nicht, wir sind unter ihnen und sie sind unter uns.“

Die Hamas ruft für den kommenden Freitag, Samstag und Sonntag, 28. bis 30. März, zu einer „allgemeinen Mobilisierung“ der Palästinenser, der arabischen Welt und der islamischen Welt auf. Die Menschen sollen wütende Demonstrationen abhalten, „um uns in Gaza und Jerusalem zu verteidigen“.

„Hamas trägt direkte Verantwortung“

Ein Demonstrant sagte der israelischen Zeitung „Ha’aretz“, die Demonstration sei spontan entstanden, aus einem „Gefühl der Verzweiflung heraus, weil sie die Fortsetzung des Krieges nicht ertragen können“.

Die Demonstrationen seien kein Zeichen der Unterstützung für Israel. „Israel bietet nichts außer Töten, Beschuss und Blockade“, sagte er. „Aber auch die Hamas trägt direkte Verantwortung, ebenso wie alle, die sich als arabische und palästinensische Führer bezeichnen.“

Die „Times of Israel“ zitierte Abed Radwan, der am Protest teilnahm: „Unsere Kinder wurden getötet. Unsere Häuser zerstört.“ Er sagte, er habe sich dem Protest in Beit Lahiya angeschlossen „gegen den Krieg, gegen die Hamas und die [palästinensischen politischen] Fraktionen, gegen Israel und gegen das Schweigen der Welt“.

Proteste am 26. März 2025 in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen gegen die Hamas. Foto: AFP via Getty Images

Ammar Hassan, ein anderer Demonstrant vom 25. März, sagte, die Menge habe mit ein paar Dutzend Menschen begonnen und sei dann auf 2.000 Menschen angewachsen, die gegen die Hamas skandierten.

„Sie ist die einzige Partei, die wir beeinflussen können“, sagte er. „Proteste werden die [israelische] Besatzung nicht stoppen, aber sie können die Hamas beeinflussen.“

Mohammed Abu Saker, ein dreifacher Familienvater, der vor zwei Tagen demonstrierte, äußerte sich ähnlich. „Wir wollen das Töten und die Vertreibung stoppen, egal um welchen Preis“, sagte er. „Wir können Israel nicht davon abhalten, uns zu töten, aber wir können die Hamas zu Zugeständnissen zwingen.“

Autonomiebehörde fordert Hamas auf, die Macht abzugeben

Fatah-Sprecher Maher al-Namurah erklärte am 26. März: „Die legitimen Proteste der Bevölkerung, die heute im Gazastreifen ausgebrochen sind, sind das unvermeidliche Ergebnis von Jahrzehnten, in denen die Hamas den Gazastreifen für regionale Ziele instrumentalisiert hat.“

Die Hamas sollte auf die Einwohner des Gazastreifens hören und „der Palästinensischen Autonomiebehörde, die die Autorität über den Gazastreifen hat, erlauben, ihre Rolle bei der Heilung der Wunden unseres Volkes, bei der Rehabilitation des Streifens und bei der Bewältigung von Vertreibung und Vertreibungsprojekten zu erfüllen.“

Mahmoud a-Zak, Sekretär des der Fatah angeschlossenen nationalen Aktionskomitees im Gazastreifen, sagt, die palästinensische Regierung solle den Gazastreifen genauso regieren wie das Westjordanland.

Israel: „Die Hamas riskiert euer Leben“

Laut „Ha’aretz“ haben sich zwei Stammesoberhäupter, die an der Demonstration teilgenommen haben, gegen die Hamas-Herrschaft im Gazastreifen ausgesprochen.

Palästinenser skandieren während einer Anti-Hamas-Demonstration in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen am 26. März 2025 Slogans, die ein Ende des Krieges mit Israel fordern. Foto: Youssef Alzanoun/Middle East Images/AFP via Getty Images

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz ruft andere Bewohner des Gazastreifens dazu auf, sich dem Protest anzuschließen und die Freilassung der Geiseln sowie die Beseitigung der Hamas zu fordern. Das sei der einzige Weg, den Krieg zu beenden.

Katz warnte, dass die wieder aufgenommene Militäraktion und die Landgewinne an Intensität zunehmen würden.

„Die Hamas riskiert euer Leben und wird dafür sorgen, dass ihr eure Häuser und immer mehr Land verliert, das dem israelischen Verteidigungsgürtel hinzugefügt wird“, sagte Katz am 26. März in einer Videoerklärung. Er bezieht sich dabei auf eine sich ausweitende Pufferzone entlang der Grenze zum Gazastreifen, die Israel eingerichtet hat.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu drohte der Hamas, den militärischen Druck im Gazastreifen zu erhöhen, sollte diese die verbleibenden israelischen Geiseln nicht freilassen.

„Je mehr die Hamas sich weigert, unsere Geiseln freizulassen, desto stärker üben wir Druck aus“, sagte er gestern im Parlament und fügte hinzu: „Ich sage dies meinen Kollegen in der Knesset und ich sage es der Hamas: Das schließt die Einnahme von Gebieten ein, zusammen mit anderen Schritten, die ich hier nicht erörtern werde.“

Waffenruhe abgebrochen

Nach dem zweimonatigen Waffenstillstand, der am 19. Januar begonnen hatte und in dessen Rahmen sechs Wochen lang israelische Geiseln gegen palästinensische Gefangene ausgetauscht wurden, wurden die Kämpfe letzte Woche wieder aufgenommen.

Zuvor scheiterten die Verhandlungen über eine zweite Phase und weitere Geiselfreilassungen. Israel unterbrach die Lieferung von Lebensmitteln, Treibstoff, Medikamenten und humanitärer Hilfe für die rund 2 Millionen Einwohner des Gazastreifens.

Der Krieg begann nach dem Überraschungsangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem sie 1.200 Menschen, vor allem israelische Zivilisten, umbrachte, Tausende verwundete und 251 Geiseln nahm. Die Hamas hält schätzungsweise noch 24 lebende und 35 tote Geiseln fest.

Die Terrorgruppe kam an die Macht, nachdem sie die letzten Wahlen im Gazastreifen 2006 gewonnen hatte, ein Jahr nachdem Israel sich einseitig zurückgezogen hatte. Im Jahr 2007 übernahm die Hamas die vollständige Kontrolle, indem sie ihre Rivalen, die säkularen Fatah-Mitglieder der Palästinensischen Autonomiebehörde, ausschaltete. Hunderte von ihnen wurden verhaftet, vertrieben oder getötet.

Israel hat erklärt, es werde nicht dulden, dass die Hamas die Fähigkeit behalte, Krieg zu führen oder den Gazastreifen zu kontrollieren. Die Frage, wer den Gazastreifen regiert, wenn die Hamas zum Rücktritt gezwungen wird, ist auch bei Verhandlungen eines der wichtigsten Themen.

Die Israelis sind der Meinung, dass die Zivilbevölkerung des Gazastreifens nicht unschuldig an dem Massaker vom 7. Oktober ist. Wenige Tage nach dem Angriff stellte der israelische Präsident Isaac Herzog die Frage, warum die Zivilbevölkerung im Gazastreifen nicht gegen ein Regime, das er als „böse“ bezeichnete, aufbegehrt und gekämpft habe.

Mit Material der Agenturen und der israelischen Epoch Times. Der Artikel erschien zuerst in theepochtimes.com unter dem Titel „Growing Crowds of Gazans Demonstrate Against Hamas“. (deutsche Bearbeitung ks)



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