Seit Januar kamen über 50.000 Zuwanderer nach Italien – Bis zu 1 Million warten auf die Überfahrt
Seit Jahresbeginn sind nach amtlichen Angaben an Italiens Küsten mehr als 50.000 Flüchtlinge angekommen. Das sind über 45 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilte das Innenministerium in Rom am Montag mit.
Zur Abwehr der Zuwanderer unterzeichnete Italien am Sonntag ein Abkommen mit Libyen, dem Tschad und dem Niger. Es sieht unter anderem strikte Grenzkontrollen und die Einrichtung neuer Internierungslager in den afrikanischen Staaten vor.
In einer Erklärung nach einem Treffen der beteiligten Länder am Sonntagabend in Rom hieß es, die Aufnahmezentren – einschließlich derjenigen, die in Libyen bereits bestehen – würden „internationalen humanitären Standards“ entsprechen.
Die Zustände in den Lagern in Libyen sind kritisch
Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Zustände in den Zentren in Libyen. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erwägt sogar Ermittlungen zu Verbrechen gegen Flüchtlinge in dem nordafrikanischen Staat.
Nach den Worten der IStGH-Chefanklägerin Fatou Bensouda sind in den libyschen Gefangenenlagern „Tötungen, Vergewaltigungen und Folter mutmaßlich alltäglich“.
Der UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi forderte Libyen zur Freilassung internierter Flüchtlinge und Asylbewerber auf. Grandi äußerte sich am Sonntag beim Besuch eines Migrantenlagers in Tripolis „schockiert“ über die dortigen Bedingungen.
Es sehe so aus, als verlege Europa seine Grenzkontrollen nach Afrika
Der Libyen-Experte Mattia Toaldo vom Europäischen Rat für ausländische Beziehungen sagte der Nachrichtenagentur AFP am Montag, die Einrichtung sogenannter Aufnahmezentren im Niger und im Tschad sei problematisch. Es sehe so aus, als verlege Europa seine Grenzkontrollen nach Afrika.
Libyen ist eines der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa. Flüchtlinge aus Afrika, aber auch aus Syrien und anderen Ländern im Nahen Osten, treten von dort aus die Überfahrt über das Mittelmeer meist ins rund 300 Kilometer entfernte Italien an.
Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge starben dieses Jahr bereits fast 1.250 Menschen vor der libyschen Küste.
Nach Angaben internationaler Organisationen halten sich derzeit 800.000 bis eine Million Menschen in Libyen auf, die mit behelfsmäßigen Booten nach Europa übersetzen wollen.
Die meisten von ihnen stammen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara. In libyschen Haftzentren werden 7.000 bis 8.000 Migranten ohne gültige Papiere festgehalten. (afp)
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