Sebastian Kurz: Regierung ist zerbrochen, alle FPÖ-Minister gehen
Drei Tage nach Bekanntwerden des sogenannten Ibiza-Skandals fällt Österreichs Regierung noch vor den geplanten Neuwahlen im Herbst auseinander. Nachdem Regierungschef Sebastian Kurz am Montagabend die Entlassung von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl forderte, machte dessen Partei ihre Drohung war und kündigte den Rückzug all ihrer Minister aus der Koalition mit Kurz‘ ÖVP an. Ihre Posten dürften nun bis zu vorgezogenen Neuwahl mit Experten und Spitzenbeamten besetzt werden.
Kanzler Kurz sagte, er habe Präsident Alexander van der Bellen Kickls Entlassung „vorgeschlagen“. Er begründete seinen Schritt damit, er habe in Gesprächen mit Kickl und anderen FPÖ-Vertretern nach der Veröffentlichung der heimlichen Videoaufnahmen von dem inzwischen zurückgetretenen Parteichef Heinz-Christian Strache „nicht wirklich das Gefühl gehabt, dass es hier ein Bewusstsein für die Dimension der ganzen Sache gibt“.
Kickl war zur Zeit der Videoaufnahmen im Juli 2017 FPÖ-Generalsekretär. Bei Ermittlungen gegen die Partei könne Kickl daher nicht im Amt bleiben, sagte Kurz der Zeitung „Kurier“ vom Montag. „Klar ist, dass Herbert Kickl nicht gegen sich selbst ermitteln kann.“
Es wäre „schlüssig“ gewesen, wenn der Innenminister im Interesse einer „lückenlosen Aufklärung“ ohne „den Anschein einer Einflussnahme“ seinen von sich aus zurückgetreten wäre, sagte Kurz am Abend. Diesen Schritt habe Kickl jedoch nicht gemacht. Es gebe seiner Einschätzung nach bei Kickl und dessen Partei „nicht die notwendige Sensibilität im Umgang mit den Vorwürfen“, bekräftigte Kurz seine Entscheidung.
FPÖ-Minister gehen
Nach den Äußerungen des Regierungschefs kündigte die FPÖ wie zuvor angedroht den Abzug ihrer sämtlichen Minister aus der Regierung an. Nachdem Kanzler Kurz dem Bundespräsidenten Kickls Entlassung vorgeschlagen habe, würden alle FPÖ-Minister ihre Ämter niederlegen, sagte ein Parteisprecher der Nachrichtenagentur APA. Der Verkehrsminister und designierte neue FPÖ-Chef Norbert Hofer bestätigte den Rückzug.
Regierungschef Kurz hatte bereits zuvor für den Fall eines kollektiven Rückzugs der FPÖ-Minister angekündigt, die Posten bis zur vorgezogenen Neuwahl mit Experten und Spitzenbeamten zu besetzen. Dieses Vorgehen sei mit Van der Bellen abgesprochen und solle dafür sorgen, dass die Regierung „handlungsfähig“ bleibe.
Hofer argumentierte, Kickl habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Es gebe keine Ermittlungen gegen ihn. Kickl selbst sagte, seiner Partei sei nach der Veröffentlichung des Enthüllungsvideos klar gewesen, dass es „personell und inhaltlich“ Konsequenzen geben müsse. „Von mangelndem Problembewusstsein und Unterschätzung der Problematik kann nicht im Mindesten die Rede sein.“
Mit dem Rückzug von Strache und des ebenfalls in dem Skandalvideo zu sehenden FPÖ-Politikers Johann Gudenus habe die Partei „ihren Teil der Vereinbarung“ mit Kurz gehalten.
Die deutsche SPD forderte Kurz zur Entlassung der anderen FPÖ-Minister auf
Die deutsche SPD hatte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz aufgefordert, die noch verbliebenen Minister der FPÖ zu feuern. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte dem Magazin „Spiegel“, nach dem Rücktritt des bisherigen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache müsse Kurz sofort „die Zusammenarbeit mit der FPÖ beenden und Straches Kumpanen aus der Regierung entlassen“.
Kurz hat nach dem „Ibiza-Skandal“ um Strache zwar das Bündnis mit der FPÖ beendet und Neuwahlen angekündigt, bislang sind die anderen FPÖ-Regierungsmitglieder aber noch im Amt. Wenn dies so bleibe, dann gehöre Kurz „auch auf keine Wahlkampfbühne in Deutschland mehr“, erklärte dazu Klingbeil mit Blick auf Auftritte des österreichischen Regierungschefs bei Veranstaltungen von CDU und CSU.
„Als Sebastian Kurz die Rechtspopulisten Strache und Co. in die Regierung geholt hat, haben CDU und CSU ihn als Hoffnungsträger gefeiert“, sagte Klingbeil dem „Spiegel“ dazu weiter. „Jetzt schützen sie ihn als angebliches Opfer des Skandals.“ (afp/dpa)
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