„Schwerwiegende Form der Einmischung“: Ungarn bestellt deutsche Botschafterin ins Außenministerium ein
Nicht nur in Deutschland selbst, auch in deutschen diplomatischen Vertretungen wird der Tag der Deutschen Einheit begangen. In Ungarn hat beispielsweise die dortige Botschafterin, Julia Gross, in Budapest einen Empfang gegeben – und die Gelegenheit genutzt, in ihrer Rede die Regierung ihres Gastgeberlandes zu maßregeln.
Ungarn schickt keine hochrangigen Vertreter mehr zum 3. Oktober
Wie die „Budapester Zeitung“ berichtet, hat Gross in ihrer Rede die aus ihrer Sicht zu „russenfreundliche“ Politik der Regierung von Premierminister Viktor Orbán angeprangert. Ungarn befinde sich „auf einem Weg, der es von seinen Freunden entfernt“. Ein sichtbares Zeichen dafür sei, dass die ungarische Regierung – anders als früher – keine hohen Repräsentanten mehr zur Feier des 3. Oktober in die Botschaft entsende.
Gross zeigte sich auch unerfreut über die „Kapriolen“, die sich Ungarns Regierung rund um den NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens erlaubt habe. Das Parlament in Budapest gehörte zu den Letzten, die den Beitritt ratifiziert hatten.
Offiziell hatte Ungarn terminliche Gründe genannt. Beobachter halten es jedoch für denkbar, dass wiederholte Belehrungen vonseiten schwedischer Politiker hinsichtlich der ungarischen Innenpolitik den Prozess nicht beschleunigt haben. Neben Ungarn hatte auch die Türkei erst spät grünes Licht gegeben – in Ankara wollte man im Vorfeld Bekenntnisse zum Kampf gegen Terrorgruppen einholen.
Ungarns Außenminister sieht Einmischung und Verletzung der Souveränität
Ungarns Außenminister Péter Szijjártó hat am Donnerstag, 3. Oktober, auf Facebook die Aussagen von Gross verurteilt. Die Botschafterin habe sich „in ihrer gestrigen Rede auf eine die Souveränität Ungarns verletzende Weise in schwerwiegender Form in die inneren Angelegenheiten Ungarns eingemischt“, so der Minister.
Von den in Ungarn tätigen Botschaftern erwartet man sich „in jedem Fall Respekt“, die Rede der Botschafterin Gross „können wir deshalb ganz und gar nicht akzeptieren“. Gross sei noch für den Nachmittag ins Außenministerium einbestellt worden.
Debatte in Ungarn über missverständliche Äußerung eines Orbán-Vertrauten
Die „Budapester Zeitung“ sieht einen Zusammenhang mit einem wenige Tage zurückreichenden Vorfall. Schon damals hatte sich Gross gemeinsam mit Frankreichs Botschafter Jonathan Lacôte mit einer Wortspende in eine innenpolitische Debatte eingeschaltet. Mit einer Demarche, also einer Protestnote an das Außenministerium, hatten die Diplomaten „jüngste überraschende Äußerungen“ beanstandet. Diese hätten „die Solidarität zwischen den Alliierten“ infrage gestellt.
Die Botschafter wollten dabei „die Gelegenheit ergreifen“, um des Wortführers des Ungarnaufstands von 1956, Imre Nagy, und der „Märtyrer für die Unabhängigkeit von Ungarn“ zu gedenken.
Hintergrund war eine Äußerung von Balázs Orbán, dem Politischen Direktor des Premierministers. Dieser hatte in einem Podcast erklärt, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hätte 2022 mit Russland verhandeln sollen. Dies wäre sinnvoller gewesen, als einen Einmarsch abzuwarten, der einen Krieg mit hunderttausend Toten zur Folge hatte. Dabei hatte er einen Vergleich mit 1956 gezogen und geäußert, ein solches Verhalten wäre eine Lehre daraus gewesen.
Kritiker wollten darin die Aussage erkannt haben, Ungarn würde sich nicht militärisch gegen einen russischen Einmarsch wehren. Der Ministerpräsident nannte den Vergleich einen „politischen Fehler“, sein Politischer Direktor nahm ihn mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Andere NATO-Staaten hatten nicht auf die Äußerungen Balázs Orbáns reagiert.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion