Schweizer Polizisten fordern verhältnismäßige Corona-Maßnahmen
In der Schweiz haben sich Polizisten aus allen Kantonen zu einer Vereinigung namens „Wir für euch“ zusammengeschlossen und sich mit einem Brief an den Polizeiverband gewandt, weil sie nicht mehr bereit sind, alle Corona-Maßnahmen widerspruchslos umzusetzen.
Sie sehen die Grundrechte der Bevölkerung durch die staatliche Corona-Politik gefährdet, da die Verhältnismäßigkeit unbeachtet bleibe und eine Rechtsgüterabwägung anscheinend nicht stattfinde. Sie sehen eine negative Entwicklung innerhalb der Gesellschaft, „insbesondere im direkten Kontakt mit der Bevölkerung“ und warnen vor „Ungehorsam innerhalb der Polizeitruppe“, wenn sich nichts ändert.
Gleichzeitig sehen sie ein großes Bedürfnis bei ihren Kollegen, sich anonym und daher frei ohne die Gefahr von Sanktionen und Angst, äußern zu können. Ihre Website soll daher auch als Austauschplattform dienen und den Polizeikollegen zeigen, dass sie mit ihren Bedenken nicht alleine sind.
In einem mehrseitigen Brief machen sie deutlich, welche konkreten Bedenken sie haben. Mit diesem wandten sich die besorgten Polizisten bereits im Februar an den Bund und die Kantone und kritisierten die beschlossenen Corona-Maßnahmen. Am 11. August beschloss der Bundesrat, diese Beschränkungen weiter fortzuführen.
„Nach bestem Wissen und Gewissen die Grundrechte von allen schützen“
Man hätte sich gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen die Grundrechte von allen zu schützen und zu bewahren, heißt es in dem Schreiben der Polizeiangehörigen. „Die Grundrechtseinschränkungen in diesem Ausmaß und über den bisherigen Zeitraum sehen wir im Widerspruch zur Verhältnismäßigkeit und dem höchsten Gut einer Demokratie: Der Freiheit.“ Es dränge sich immer mehr die Frage auf, was diese Einschränkungen rechtfertige, so die Verfasser.
Dabei verweisen sie auf die Grundsätze polizeilichen Handelns, die auch in Zeiten von Corona gelten und sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren sollten. Dieses sei im Polizeigesetz (PolG) wie folgt beschrieben: „§ 10. Polizeiliches Handeln muss zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben notwendig und geeignet sein. Unter mehreren geeigneten Maßnahmen sind jene zu ergreifen, welche die betroffenen Personen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Die Maßnahmen dürfen nicht zu einem Nachteil führen, der in einem erkennbaren Missverhältnis zum verfolgten Zweck steht. Maßnahmen sind aufzuheben, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.“
Polizisten machen sich Sorgen um Stimmung in Bevölkerung
Darüber hinaus erklären sie, dass man im Berufsalltag aufgrund dieses Gesetzes an die Rechtsordnung gebunden sei und die verfassungsmäßigen Rechte und die Menschenwürde der Einzelnen zu achten hätte. „Diese Grundsätze sind auch bei der Umsetzung der Corona-Maßnahmen zwingend einzuhalten“, heißt es in dem Brief.
Viele Polizisten würden sich Sorgen machen, in welchem Ausmaß sie in Zukunft neue gesetzliche Verordnungen umsetzen müssten und wie sich dadurch die Rechtsstaatlichkeit und die Stimmung in der Bevölkerung verändere.
Sie warnen daher in dem Schreiben vor möglichem Ungehorsam innerhalb der Polizei: „Nur Maßnahmen, welche in einem erkennbaren und nachvollziehbaren Verhältnis zwischen eingeschränktem und schätzenswertem Rechtsgut stehen, werden für die Mehrheit der Polizisten tragbar sein.“
Grundlegend vermissen sie bei den Corona-Maßnahmen durch Bund und Kantone eine „fundierte Rechtsgüterabwägung“ und auch eine Prüfung der in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) unter Art. 36 Abs. 3 festgehaltenen Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseinschränkungen.
Mehrere Grundrechte sehe man dabei zumindest stark unter Druck geraten oder vorübergehend oder bleibend eingeschränkt. Dazu zähle man das Recht auf persönliche Freiheit, Anspruch auf Grundschulunterricht, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Wirtschaftsfreiheit, politische Rechte, Medienfreiheit und den Schutz auf Privatsphäre.
Als Beispiel für schwere unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe wird eine Verfügung der Zürcher Bildungsdirektion vom 21.01.2021 genannt, welche eine Maskenpflicht für Kinder ab der 4. Klasse für den ganzen Tag inklusive während der Pausen und im Sportunterricht vorsah. Auch wird beispielhaft eine Ausgangsbeschränkung für Personen über 65 im Kanton Uri im März 2020 aufgezählt, welche vom Bund abgesegnet wurde die – laut den Verfassern – gegen die Rechtsgleichheit gemäß Art. 8 BV verstieß.
Polizisten sehen negative Folgen durch Corona-Politik
In dem Schreiben gaben die Verfasser auch einen Überblick über die Folgen und deren gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, die sie aufgrund der bisherigen Corona-Politik sehen:
- Praktisch nicht mehr aufholbare Bildungsrückstände bei Kindern und Jugendlichen mit Auswirkungen auf die Berufswahl und das Einkommen im Erwachsenenalter
- Zunahme der Arbeitslosigkeit
- Zunahme der Drogenproblematik
- Verlagerung des Sexmilieus zurück in die Unkontrollierbarkeit
- Zunahme von häuslicher Gewalt
- Zunahme psychischer Erkrankungen (Angststörungen, Depression etc.)
- Vereinsamung durch Störung des sozialen Lebens
- Störung von demokratischen Prozessen (verschobene Abstimmungen, Demonstrationsverbot, Einschränkungen beim Sammeln von Unterschriften für Petitionen etc.)
- Frustration und Wut mit dem Potenzial zur Radikalisierung
- Massive Steuerausfälle (mit Auswirkungen auf Lohnentwicklung bei der Polizei, anzunehmende Sparmaßnahmen etc.)
- Gestörte Gesundheitsversorgung (u.a. verschobene Vorsorge-Untersuchungen und Operationen)
Zudem heißt es in dem Schreiben, dass sich viele Polizisten Gedanken in Zusammenhang mit einer Impfung gegen SARS-CoV-2 machen würden. „Der vom Bund bestellte und im Schnellverfahren entwickelte Impfstoff von Pfizer/BioNTech auf Basis sogenannten „Messenger-RNA (mRNA) lässt viele Fragen offen.“
Daher fordere man vom Polizeiverband ein klares Bekenntnis zum freien Willen betreffend die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. „Es darf keinen Zwang zu einer solchen geben. Weder direkt im Sinne einer Impfpflicht gemäß Epidemiengesetz, noch indirekt durch das Verbot oder die Einschränkung gewisser polizeilicher Funktionen und Tätigkeiten.“
Bundesrat beschließt Beibehaltung von Corona-Beschränkungen
Unterdessen beschloss am 11. August der Schweizer Bundesrat, dass die zukünftigen Corona-Maßnahmen beibehalten werden sollen. Jedoch dienen sie nun dem Schutz der Krankenhausstrukturen und nicht mehr der nicht geimpften Bevölkerung. Die Rückkehr zur Normalität wäre abhängig von einer massiven Erhöhung der Anzahl Personen, die sich impfen lasse, so der Bundesrat. Ab dem 1. Oktober 2021 wird das Corona-Testen von Personen ohne Symptome daher nicht mehr kostenlos sein.
Aktuell ist fast die Hälfte der Schweizer Bevölkerung vollständig geimpft. Seit dem 11. Juli 2021 stagnieren die Zahlen bei den Erstimpfungen, während die Kantone über genügend Corona-Impfkapazitäten verfügen. Was die Erstimpfungen betrifft, ist die Schweiz das westeuropäische Land mit den wenigsten Corona-Erstimpfungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl.
Das Tragen von Masken in Innenräumen und im öffentlichen Verkehr und das Vorweisen von Test-Zertifikaten für Großanlässe und Clubs bleibt aufgrund einer – aus Sicht des Bundesrates – unsicheren epidemiologischen Lage bestehen, wie auch die sich wiederholenden Corona-Tests für Schulkinder, Betriebe und Gesundheitseinrichtungen.
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