Schweizer Initiative kämpft um Erhalt des Bargelds und fordert Recht auf Barzahlung

Die Nutzung von Bargeld geht zurück, bleibt aber das meistgenutzte Zahlungsmittel. Die Debatte über die Abschaffung von Bargeld wird durch die Diskussionen über einen digitalen Euro verstärkt. In der Schweiz kämpft die „Freiheitliche Bewegung Schweiz (FBS)“ für den Erhalt von Bargeld und hat zwei Volksinitiativen eingereicht.
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Wird die Schweiz das erste Land, das Bargeld in ihrer Verfassung verankert?Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 8. Juni 2023

Die Nutzung des Bargelds geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Deutsche Bundesbank ihre aktuelle „Zahlungsverhaltensstudie“. Für diese wurden im Herbst 2021 fast 6.000 Menschen telefonisch über ihre Einstellungen und Verhaltensweisen zu Bargeld und anderen Zahlungsmitteln befragt. Mehr als 4.100 Befragte haben daraufhin in Zahlungstagebüchern festgehalten, wo sie eingekauft, wie viel sie dabei gezahlt und welches Zahlungsmittel sie genutzt haben.

Das Ergebnis: Obwohl es inzwischen viele andere Zahlungsmöglichkeiten gibt, bleibt Bargeld ein fester Bestandteil im Zahlungsverhalten der Deutschen. Durchschnittlich haben sie 100 Euro in ihrem Portemonnaie und auch höhere Beträge als Reserve bei sich zu Hause.

Bargeld immer noch das meistbenutzte Zahlungsmittel

Bargeld war 2021 nach wie vor das am häufigsten genutzte Zahlungsmittel in Deutschland. 58 Prozent der im Tagebuch der Befragten notierten Transaktionen und rund 30 Prozent der aufgezeichneten Umsätze entfielen auf Bargeld. Bargeld hat somit nach wie vor einen festen Platz im Wirtschaftsleben in Deutschland.

Trotzdem geht die Nutzung von Bargeld zurück. Im Vergleich zur Studie davor, die im Jahr 2017 gemacht wurde, ist der Barzahlungsanteil gemessen an der Anzahl der Transaktionen in den vergangenen vier Jahren um 16 Prozentpunkte zurückgegangen; gemessen am Umsatz beträgt der Rückgang 18 Prozentpunkte. Ein großer Teil dieses Rückgangs dürfte auf die beiden Pandemiejahre 2020 und 2021 zurückzuführen sein.

Die zunehmende Anzahl an Internetkäufen, die pandemiebedingten Aufforderungen der Händler zur Nutzung unbarer Zahlungsmittel und die vereinfachte Nutzung kontaktloser Zahlungen sind mitverantwortlich. Mancherorts sind Zahlungen mit Bargeld mittlerweile sogar unmöglich.

Allerdings sieht die Bundesbank auch erste Anzeichen, dass die Nutzung des Bargelds wieder anziehen könnte. Erste Analysen, so die Zentralbank, lassen solch einen Trend erkennen. Gerade die im vergangenen Jahr stattgefundenen Störungen bei Kartenzahlungen haben Bargeld wieder attraktiv gemacht.

Trotzdem wird seit Jahren offen über die Abschaffung des Bargelds diskutiert. Mit den Diskussionen der Europäischen Zentralbank über die Einführungen eines digitalen Euros haben diese Gedankengänge in manchem Kopf noch einmal Fahrt aufgenommen.

In der Schweiz kämpft eine Initiative um das Bargeld

Einige sehen bereits das Bargeld in Gefahr. In der Schweiz hat die „Freiheitliche Bewegung Schweiz“ (FBS) den Kampf um das Bargeld aufgenommen. Mit einer von ihr eingebrachten Volksinitiative „Ja zu einer unabhängigen, freien Schweizer Währung mit Münzen oder Banknoten (Bargeld ist Freiheit)“, möchte sie sicherstellen, dass zu jedem Zeitpunkt genügend Banknoten und Münzen verfügbar sind. Weiter verlangen die Initiatoren, dass Volk und Stände darüber abstimmen sollen, wenn der Schweizer Franken eines Tages durch eine andere Währung ersetzt werden sollte.

Insgesamt 136.767 gültige Unterschriften für diese Initiative konnten schon Ende Februar in Bern an die Bundeskanzlei übergeben werden. 100.000 Unterschriften wären für die Zulassung der Volksabstimmung notwendig gewesen.

Schweizer Bundesrat: Formulierungen zu ungenau

Mitte Mai beschäftigte sich nun der Bundesrat mit der Initiative der Freiheitlichen Bewegung. Ganz leicht hatte er es mit dem Antrag nicht, da manche Forderungen aus seiner Sicht längst gesetzlich geregelt sind. Andere Forderungen erschienen dem Bundesrat zu ungenau formuliert.

Probleme hat er mit dem vorgeschlagenen Verfassungstext: „Der Bund stellt sicher, dass Münzen oder Banknoten immer in genügender Menge zur Verfügung stehen.“ Das wird als zu unpräzise und ungenau empfunden und lässt daher Interpretationsspielräume offen: Welche Menge an Münzen und Noten ist genügend? Und bezieht sich die Zurverfügungstellung nur auf Privatpersonen oder auch auf die Großbank in der Schweiz? Diese und weitere Fragen bleiben ungeklärt, und ein Ja zur Initiative würde nach Ansicht des Bundesrates zu Rechtsunsicherheit führen.

Auch die Forderung nach einer Volksabstimmung, sollte der Franken durch eine andere Währung ersetzt werden, weckt nach Bundesrat-Ansicht falsche Eindrücke. Ohne Abstimmung sei auch heute die Einführung einer anderen Währung als der Franken nicht möglich. Die in der Verfassung fixierte Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank kann nicht ohne Weiteres aufgehoben und die Geldpolitik an die Europäische Zentralbank delegiert werden.

Bundesrat formuliert Gegenentwurf

Um die Initiative nicht sofort abzulehnen – was in der Macht des Bundesrates gestanden hätte – wurde die Formulierung eines direkten Gegenentwurfes zur Initiative beschlossen. Zwei Bestimmungen aus dem Nationalbankgesetz (NBG) und dem Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel (WZG) sollen hierzu von der Gesetzes- auf die Verfassungsstufe angehoben werden. Das würde an der jetzigen Gesetzeslage erst einmal nichts ändern. Dadurch, dass die Regelungen dann aber Verfassungsrang erhielten, würden sie aufgewertet werden. Ein aus der Sicht des Bundesrates missverständlicher Artikel, wie er von der Initiative gefordert wurde, würde so keinen Eingang in die Schweizer Verfassung finden.

Gemäß dem Vorschlag, der bis Ende August zur Vernehmlassung vorliegen soll, ist geplant, den Satz „Die schweizerische Währungseinheit ist der Franken“ in die Bundesverfassung aufzunehmen. Außerdem soll die Bestimmung, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Bargeldversorgung sicherstellt, verfassungsrechtlich festgeschrieben werden. Der Bundesrat betont, dass dies den Vorteil hat, dass es bereits eine etablierte Auslegung und Praxis zu diesen Bestimmungen gibt, die durch die neue Verfassungsbestimmung bestätigt und bekräftigt werden.

Der Gegenvorschlag des Bundesrates zielt also darauf ab, das Bestehende zu bestätigen, anstatt etwas Neues einzuführen. Der Bundesrat lehnt in der Befassung aber gleichzeitig Forderungen ab, die über die explizite verfassungsrechtliche Verankerung der Bargeldversorgung und des Franken als Schweizer Währung hinausgehen.

FBS hat zweite Bargeldinitiative eingereicht

Diese Aussage kann in naher Zukunft Bedeutung haben: Zeitgleich zur jetzt behandelten Initiative hat die FBS im Februar eine zweite Bargeldinitiative eingereicht. Sie trägt den Namen „Wer mit Bargeld bezahlen will, muss mit Bargeld bezahlen können (Ich zahle bar)“. Die Initiative möchte damit erreichen, dass neben öffentlichen Dienstleistern auch private Unternehmen verpflichtet werden, Banknoten und Münzen zur Bezahlung anzunehmen.

„Bargeld wird von öffentlichen Anlässen verbannt. Weihnachtsmärkte und Sommerfestivals werben mit cashless und cashfree. An Bahnhöfen kommen Barzahler nicht mehr auf die Toilette. An all solchen öffentlichen Verkauf- und Dienstleistungspunkten muss zukünftig immer auch mit Bargeld bezahlt werden können“, fordern die Initiatoren der Volksinitiative.

Würde diese Initiative die Mehrheit finden, dann wäre die Schweiz das erste Land, das ein Recht auf Banknoten und Münzen in ihrer Verfassung verankert. Es bleibt aber abzuwarten, wie hoch die Chancen am Ende wirklich sind.

Der Bundesrat machte im Dezember in einem „Bericht zur Akzeptanz von Bargeld in der Schweiz“ deutlich, dass er so einen Zwang, wie von der Initiative angedacht, als einen allzu starken Eingriff in die Vertrags- und Wirtschaftsfreiheit betrachten würde. Bei der Behandlung der zweiten Volksinitiative durch den Bundesrat ist daher schon jetzt absehbar, dass es hier größere Differenzen geben wird, als nur inhaltliche Präzisierungen.



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