Schweiz im Waffen-Wirbel: Kommt die Aufweichung des Kriegsmaterialgesetzes?
Immer mehr EU-Länder wollen Waffen und Munition an die Ukraine liefern. Mit Kriegsmaterial, das in der Schweiz erworben wurde, war das bislang nicht erlaubt. Das erst im Jahr 2021 verschärfte Kriegsmaterialgesetz verbietet die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern an Staaten, die Krieg führen. Ein Land, das Waffen in der Schweiz eingekauft hat, muss beim Kauf seither eine sogenannte Nichtwiederausfuhr-Erklärung unterschreiben.
Trotz internationalem Druck hat die Schweiz bislang an ihrem Verbot für die Weitergabe von Waffen und Munition an die Ukraine festgehalten.
Dies könnte sich künftig ändern, wie die NZZ kürzlich berichtete. Demnach hat die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats nach einem Experten-Hearing mit acht zu fünf Stimmen beschlossen, einen Kompromiss zu unterstützen.
Damit wäre unter bestimmten Bedingungen möglich, dass europäische Partnerländer wie Deutschland, Dänemark oder Spanien die ukrainische Armee auch mit Waffen und Munition unterstützen können, die sie in der Schweiz beschafft haben.
UNO-Ersatzverfahren „Uniting for Peace“
Das UNO-Ersatzverfahren „Uniting for Peace“ (Einigung für den Frieden) biete dafür die Ausnahmeregelung, heißt es in dem Bericht der NZZ weiter. So könne die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Verfahren einsetzen, wenn der Sicherheitsrat aufgrund einer Blockade nicht in der Lage sei, Maßnahmen zur Friedenssicherung zu ergreifen.
Die Wiederausfuhr von Schweizer Rüstungsgütern an ein Krieg führendes Land müsse in drei Stufen möglichst objektiv begründet werden:
- Das Land, in das die Waffen geliefert werden, macht nach einem bewaffneten Angriff gemäß der UNO-Charta von seinem Selbstverteidigungsrecht Gebrauch – in diesem Fall wäre das die Ukraine, die sich gegen die russischen Besatzungstruppen verteidigt.
- Weiter müsse der UNO-Sicherheitsrat eine Resolution verabschieden, die besagt, dass der Angreifer das Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen verletzt habe.
- Und zu guter Letzt müsse von zwei Dritteln der Staaten in der UNO-Generalversammlung das Selbstverteidigungsrecht in einer eigenen Resolution bestätigt werden, falls eine der fünf Veto-Mächte wie Russland eine solche Resolution des Sicherheitsrats zurzeit verhindert.
Neben dem Ständerat seien laut einem Bericht von „blick.ch“ auch die Sicherheitspolitiker des Nationalrats mit dem Vorschlag einverstanden. Allerdings müsse die Kommission des Nationalrats dazu erst eine Gesetzesvorlage ausarbeiten.
Sollte der Vorschlag im Parlament durchkommen, sei das Referendum möglich und das Volk würde entscheiden. Aber das könne laut Kommissionspräsident Werner Salzmann dauern. „Wir sind nur einen kleinen Schritt weiter, Waffen indirekt in die Ukraine zu liefern“, zitiert „blick.ch“ den 61-jährigen SVP-Politiker.
Nachdem die Schweiz mehrere Anträge abgelehnt hatte, hätten einige Länder angekündigt, kein Kriegsmaterial mehr aus der Schweiz kaufen zu wollen. Er habe deshalb befürchtet, dass die Rüstungsfirmen die Schweiz verlassen würden. „Die Schweiz brauche für die bewaffnete Neutralität aber eine solide Rüstungsindustrie“, zitiert die Zeitung „blick.ch“ den Kommissionspräsidenten.
Druck aus Deutschland und Dänemark
Die Vermutung liegt nahe, dass der Entscheid nur durch massiven Druck auf die Schweiz zustande kam. So wollte zu Beispiel Deutschland Munition für Gepard-Flugabwehrpanzer sowie Maschinengewehrmunition, die sie aus der Schweiz erworben hatte, an die Ukraine liefern.
In einem Bericht vom ZDF vom letzten Monat hatte Kanzler Scholz betont, dass die Zeitenwende alle zu einem Umdenken zwinge. So habe die Bundesregierung diesbezüglich bereits mehrere Anfragen an die Schweiz gestellt. Die Worte des Bundeskanzlers lauteten wie folgt: „Wir hoffen, dass da etwas passiert.“
Auch Dänemark hatte beantragt, der Ukraine Piranha-III-Panzer liefern zu dürfen. Doch wie im Fall Deutschlands hat das schweizerische Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) den Antrag abgelehnt.
Doch Deutschland, Dänemark und andere Staaten ließen nicht locker. Demnach argumentierten sie laut NZZ in einer Demarche, dass bei der Weitergabe von Kriegsmaterial aus Schweizer Produktion keine weitere Zeit verloren gehen dürfe. So könne man nicht jahrelang warten. Eine Demarche ist im diplomatischen Umfeld ein oft mündlich vorgetragener Einspruch.
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