Schulz: Irgendwann brauchen wir eine europäische Regierung
Martin Schulz, der Präsident des EU-Parlaments, hat die Verwerfungen der Griechenlandkrise zum Anlass genommen, eine Kursänderung bei der europäischen Integration und langfristig die Bildung einer europäischen Regierung zu fordern. Im Interview mit dem Magazin „Stern“ schlug Schulz eine klarere Verteilung der Kompetenzen innerhalb der Europäischen Union vor: „Die zentralen, wichtigen europäischen Fragen dürfen nicht mehr von den nationalen Regierungschefs gelöst werden. Wir brauchen dafür Gemeinschaftsinstitutionen. Irgendwann brauchen wir eine europäische Regierung.“
Zu den Bereichen, die kein Mitgliedsland allein bewältigen könne, gehörten etwa Welthandel, Klima, Migration, Steuerflucht und Währungspolitik. Schulz bezichtigte die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer, das Nationale auf Kosten der europäischen Gemeinschaftsorgane in den Vordergrund zu rücken. „Das Gute ist national, das Schlechte ist europäisch. Die nationalen Interessen haben stets Vorrang. Das hätten Helmut Kohl und François Mitterrand nie zugelassen. Kohl hat das grundsätzliche Bekenntnis zu einer gemeinsamen europäischen Politik aus jeder Pore geschwitzt“, sagte Schulz. „Vielleicht war das Referendum in Griechenland ein Appell zur rechten Zeit“, sagte der SPD-Politiker. Zwar wollten die griechischen Bürger laut Umfragen mehrheitlich, dass ihr Land in der Eurozone bleibe. „Aber sie wollen eine andere EU. Viele Menschen verbinden die europäische Idee nicht mehr mit der Europäischen Union“, sagte Schulz dem „Stern“. Schulz nahm Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen Vorwürfe in Schutz, die Europäische Union mit ihrer Griechenland-Politik zu spalten. „Frau Merkel gehörte nie zu den Griechenland-Bashern“, sagte der SPD-Politiker dem „Stern“. „Ihr erklärtes Ziel war es immer, Griechenland im Euro zu halten.“ An Strukturreformen in Griechenland führe kein Weg vorbei. „Wir sind ohne Zweifel in einer schweren Krise“, sagte Schulz mit Bezug auf die Europäische Union. „So viel Frust, so viel Enttäuschung, so viel gegenseitiges Unverständnis – in dieser Intensität ist das auch für mich neu, und ich bin nun schon lange dabei.“ Er sagte jedoch auch: „Europa stirbt nicht.“ S.
(dts Nachrichtenagentur)
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