Schottischer Regierungschef kündigt Koalition mit den Grünen auf
Regierungskrise in Schottland: Regierungschef Humza Yousaf hat am Donnerstag die Koalition seiner Schottischen Nationalpartei (SNP) mit den Grünen aufgekündigt. Yousaf, der nun eine Minderheitsregierung anführt, erklärte, die Entscheidung sei nach einer Diskussion in seinem Kabinett getroffen worden und „umgehend wirksam“.
Vergangene Woche war die schottische Regierung von einem ambitionierten Klimaschutzplan abgerückt. Der Chef der schottischen Konservativen kündigte nun an, ein Misstrauensvotum gegen Yousaf anzustreben.
Streitfall Klimapolitik und Pubertätsblocker
„Nach sorgfältiger Überlegung glaube ich, dass es in der Zukunft (…) im besten Interesse ist, eine andere Vereinbarung zu treffen“, sagte Yousaf bei einer Pressekonferenz zu seiner Entscheidung. Der Chef der oppositionellen schottischen Konservativen, Douglas Ross, nannte Yousaf einen „gescheiterten“ Regierungschef, „schwach“ und „für das Amt untauglich“.
Die SNP ist im Regionalparlament in Edinburgh seit 2007 die stärkste Kraft. Seit 2021 regiert die Partei in einer Koalition mit den Grünen, die ebenfalls eine Unabhängigkeit Schottlands befürworten.
In der vergangenen Woche hatte die schottische Regierung eingeräumt, dass sie daran scheitern wird, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 75 Prozent zu senken. Sie hielt jedoch am Ziel fest, bis 2045 CO2-neutral zu werden.
Bei den Grünen hatte die Aufgabe eines wesentlichen Ziels für den Klimaschutz Wut hervorgerufen. Zum anderen waren die Grünen verärgert, weil entschieden wurde, die Verschreibung von Pubertätsblockern für neue Patienten in Schottlands einziger Klinik für junge Menschen mit Geschlechtsdysphorie auszusetzen.
Grüne: „Akt der politischen Feigheit“
Die Co-Chefin der Grünen, Lorna Slater, bezeichnete die Aufkündigung des Deals zwischen den Koalitionsparteien als „Akt der politischen Feigheit der SNP, die künftige Generationen verrät, um die reaktionärsten Kräfte im Land zu besänftigen“.
Sollte die Unterstützung der Wähler für die SNP weiter zurückgehen, dürfte die schottische Labour-Partei davon profitieren. Die Situation zeige, dass die SNP „vom Weg abgekommen“ sei, sagte der örtliche Labour-Chef Anas Sarwar.
Die schottische Unabhängigkeitsbewegung um die SNP steckt derzeit in einer Krise. Vor rund einer Woche war der frühere SNP-Chef Peter Murrell wegen Veruntreuung von Spenden in Höhe von 600.000 Pfund (699.000 Euro) angeklagt worden, die eigentlich für die Kampagne für Schottlands Unabhängigkeit gedacht gewesen waren.
Auch seine Frau und Nachfolgerin Nicola Sturgeon war im Juni 2023 in der Sache festgenommen worden, die Vorwürfe gegen sie wurden aber fallengelassen und sie kam frei.
Die Frage der Unabhängigkeit
Die Schotten hatten in einem Referendum im Jahr 2014 mit 55 Prozent gegen eine Unabhängigkeit von Großbritannien gestimmt. Nach dem Brexit-Votum 2016, das in Schottland keine Mehrheit fand, brachte Sturgeon die Frage aber wieder auf die Tagesordnung.
Mehrere britische Premierminister lehnten das Vorhaben der schottischen Regierung eines erneuten Unabhängigkeitsreferendum jedoch ab und im November 2022 wies auch das oberste britische Gericht das Ansinnen zurück. Kurz darauf trat Sturgeon als schottische Regierungschefin zurück. In jüngsten Umfragen liegt die Unterstützung für eine Unabhängigkeit bei den Schotten nur noch zwischen 41 und 43 Prozent.
Der heutige Regierungschef Yousaf will im Wahlkampf für die britische Parlamentswahl, die im Oktober oder November stattfinden soll, jedoch trotzdem weiter für die Unabhängigkeit werben. Außerdem setzt er sich dafür ein, baldmöglichst wieder der EU beizutreten. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion