Scholz: Wollen in Kiew Solidarität demonstrieren

Seit Wochen dringt die Ukraine auf einen Besuch des deutschen Kanzlers in Kiew. Jetzt ist er da - zusammen mit zwei weiteren mächtigen Europäern: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi. Die Erwartungen sind nach vier Monaten Krieg groß.
Italiens Ministerpräsident Mario Draghi (l-r), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olav Scholz (SPD) sitzen in einem Zug auf der Reise nach Kiew. Die drei Regierungschefs sind am Morgen in dem Land, das sich im Krieg mit Russland befindet, angekommen.
Italiens Ministerpräsident Mario Draghi (l-r), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olav Scholz (SPD) sitzen in einem Zug auf der Reise nach Kiew.Foto: Michael Fischer/dpa
Epoch Times16. Juni 2022

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi haben ihren Besuch in Kiew begonnen. Die Staats- und Regierungschefs erreichten die ukrainische Hauptstadt mit dem Zug am Donnerstag gegen 9:30 Uhr (Ortszeit), wie AFP-Reporter berichteten.

Auf die Frage eines Journalisten, warum er in die Ukraine gekommen sei, antwortete Macron: „Um eine Botschaft der europäischen Einheit zu überbringen.“

Scholz sagt Unterstützung zu

Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Ukraine die weitere volle Unterstützung in ihrem Kampf gegen Russlands Angriff zugesichert: „Es ist wichtig, wenn jetzt die Regierungschefs der drei großen Länder, die schon bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dabei waren, nach Kiew fahren und in dieser ganz besonderen Situation des Krieges ihre Unterstützung für die Ukraine und die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine zeigen“, sagte der SPD-Politiker bei seiner Reise in einem Sonderzug nach Kiew. Scholz wurde von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi begleitet.

„Wir wollen aber nicht nur Solidarität demonstrieren, sondern auch versichern, dass die Hilfe, die wir organisieren, finanziell, humanitär, aber auch wenn es um Waffen geht, fortgesetzt werden wird“, ergänzte Scholz. Man werde die Unterstützung so lange fortsetzen, „wie das nötig ist für den Unabhängigkeitskampf der Ukraine“. Gleichzeitig werde man noch einmal klarstellen, dass die verhängten Sanktionen gegen Russland von großer Bedeutung seien. „Denn sie tragen dazu bei, dass die Chance besteht, dass Russland sein Vorhaben aufgibt und seine Truppen wieder zurückzieht. Denn das ist ja das Ziel“, unterstrich Scholz.

EU-Beitritt

Macron hatte am Vortag bei seinem Besuch auf einem NATO-Stützpunkt in Rumänien gesagt: „Wir müssen als EU politische Signale an die Ukraine senden (…) und zwar noch vor dem EU-Gipfel, der wichtige Dinge zu beschließen hat.“ Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs kommen nächste Woche in Brüssel zusammen, um unter anderem über den Beitrittsantrag der Ukraine zu beraten.

Die EU-Kommission hat angekündigt, in einem ersten nötigen Schritt noch in dieser Woche eine Empfehlung zur Frage abzugeben, ob die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten erhalten sollte. In Brüssel wird allerdings mit einem Kandidatenstatus unter Auflagen gerechnet. Das Sagen haben dann ohnehin die Mitgliedstaaten – und die sind gespalten.

Draghi etwa hatte in einer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg im vergangenen Monat wie auch viele östliche EU-Staaten für die EU-Osterweiterung plädiert. Scholz und Macron äußerten sich zurückhaltender. Frankreich gilt neben den Niederlanden, Dänemark und Portugal als Skeptiker bei der EU-Perspektive Kiews.

Waffenlieferungen

Erwartet wurden auch weitere Zusagen von Waffenlieferungen für die ukrainische Armee im Kampf gegen die russischen Truppen. Die USA hatten am Mittwoch ein weiteres Hilfspaket von einer Milliarde Dollar (960 Milliarden Euro) für Kiew angekündigt. Damit steigt der Wert der US-Waffenlieferungen seit Beginn der russischen Invasion auf insgesamt 5,6 Milliarden Dollar.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, schraubte die Erwartungen an Deutschland noch einmal nach oben. Die Ukrainer hofften darauf, dass die Bedeutung von Scholz‘ Besuch nicht nur „symbolisch“, sondern „bahnbrechend“ sei, sagte er der Online-Ausgabe der „Rheinischen Post“. Die militärische Hilfe Deutschlands müsse „auf ein qualitativ neues Niveau“ gehoben werden.

Treffen mit Selenskyj geplant

Scholz, Macron und Draghi wollen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj beim geplanten Treffen konkret über weitere Unterstützung für das von Russland angegriffene Land sprechen und über den Wunsch der Ukraine, in die EU aufgenommen zu werden. Scholz hat stets betont, dass er nur nach Kiew reisen werde, wenn es konkrete Dinge zu besprechen gebe. Selenskyj fordert die Lieferung weiterer schwerer Waffen und dass die EU schon in der kommenden Woche auf ihrem Gipfel in Brüssel einer Kandidatur der Ukraine für eine Mitgliedschaft zustimmt.

In Kiew soll der rumänische Präsident Klaus Iohannis zur Reisegruppe dazustoßen, der aber eine andere Reiseroute nehmen wollte. Seit Mitte März sind zahlreiche Staats- und Regierungschefs in die Ukraine gereist, die sich nun schon fast vier Monaten gegen den Angriff der russischen Streitkräfte zur Wehr setzt. Dieser Besuch ist aber zweifellos der bedeutendste: Scholz, Macron und Draghi repräsentieren die drei bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten EU-Länder. Alle drei Staaten gehören zur G7, in der sich demokratische Wirtschaftsmächte zusammengeschlossen haben. Deutschland hat in dieser Gruppe derzeit den Vorsitz, Frankreich hat die EU-Präsidentschaft.

Selenskyj hatte Scholz bereits vor Wochen nach Kiew eingeladen. Zuerst standen aber Verstimmungen wegen der kurzfristigen Absage einer Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von ukrainischer Seite im Weg. Nachdem die Irritationen ausgeräumt waren, verwies Scholz darauf, dass es ihm bei einer solchen Reise nicht um Symbole, sondern um Inhalte gehe: „Ich werde nicht mich einreihen in eine Gruppe von Leuten, die für ein kurzes Rein und Raus mit einem Fototermin was machen. Sondern wenn, dann geht es immer um ganz konkrete Dinge.“

Vor ihm waren schon eine ganze Reihe seiner Minister in der Ukraine: Annalena Baerbock (Außen, Grüne), Svenja Schulze (Entwicklung, SPD) und zuletzt Karl Lauterbach (Gesundheit, SPD) sowie Cem Özdemir (Agrar, Grüne). Auch Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) besuchten Kiew.

Reise war seit einiger Zeit geplant

Die Reise der drei Staats- und Regierungschef war seit einiger Zeit geplant. Bis zuletzt wurde sie trotz einiger Medienberichte aus Sicherheitsgründen nicht bestätigt. Scholz flog bereits am Mittwochabend nach Südpolen. Von der Grenzstadt Przemysl fuhr der Sonderzug mit neun Waggons kurz vor Mitternacht Richtung Kiew los.

Der Luftraum ist wegen des Kriegs gesperrt. Es bleibt selbst für Präsidenten und Regierungschefs nur der Landweg. Über Przemysl sind viele Kriegsflüchtlinge in die EU eingereist – und kehren seit geraumer Zeit auf diesem Weg auch wieder zurück.

Klitschko „glücklich und stolz“ über Scholz-Besuch

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat sich erfreut über die Ankunft von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der ukrainischen Hauptstadt gezeigt. „Ich bin als Bürgermeister glücklich und stolz, dass der deutsche Bundeskanzler zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten und dem italienischen Regierungschef unsere Stadt besucht“, sagte Klitschko am Donnerstag der „Bild“-Zeitung.

„Das ist ein Zeichen großer Unterstützung in einer Zeit, in der es immer noch ein Risiko ist, Kiew zu besuchen, denn es können weiter jederzeit Raketen einschlagen“, fügte er hinzu. Nach den Worten von Klitschko hat der Besuch „vor allem große Symbolbedeutung und zeigt die Unterstützung für die Ukraine in Zeiten des Krieges“. Stabilität in Europa könne es nur dann geben, „wenn Putin diesen grausamen Krieg gegen unser Land endlich beendet“.(afp/dpa/mf)



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