Scholz will Finanztransaktionen wie „Currywürste“ besteuern – Kritik von CSU und Linken

Bundesfinanzminister Scholz hat jetzt nach jahrelangen Verhandlungen einen Gesetzentwurf für eine europäische Finanztransaktionssteuer vorgelegt. Von der CDU und den Linken hagelt es Kritik. Wenn jetzt noch ein Land abspringt, hat sich Scholz' Vorschlag erledigt.
Epoch Times10. Dezember 2019

Nach jahrelangen Verhandlungen hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen Gesetzentwurf für eine europäische Finanztransaktionssteuer vorgelegt.

Die auf gesamter EU-Ebene bereits gescheiterte Abgabe soll auf den Aktienhandel in zehn Ländern erhoben werden, heißt es nach AFP-Informationen vom Dienstag in einem Brief von Scholz an seine Amtskollegen. In Deutschland rechnet Scholz mit Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro, die zur Finanzierung der Grundrente eingesetzt werden sollen.

Deutschland versuche seit vielen Jahren in Europa einen Konsens zu erzeugen, dass wir Finanztransaktionen besteuern können ebenso wie viele andere Geschäftsvorgänge jeden Tag besteuert werden, so Scholz.

Vergleichbar wie, wenn man in einen Buchladen geht oder sich eine Currywurst kauft. „Das ist jetzt nach vielen Jahren so weit vorangeschritten, dass wir davon ausgehen können, dass dort bald eine Verständigung möglich wird.“

Über eine Steuer auf Finanzprodukte wird seit Jahren in der EU diskutiert. Nachdem die EU-Regierungen in der Schuldenkrise Milliarden an Steuermitteln zur Rettung von Finanzinstituten aufwenden mussten, sollten die Abgabe die Branche künftig an den Kosten beteiligt und auch Spekulanten ausbremsen.

In einer EU-weiten Form scheiterte das Projekt 2013 jedoch am Widerstand Großbritanniens und Schwedens. Ein Teil der EU-Länder versuchte dann, die Steuer auf dem Weg der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit einzuführen.

Nun sind zehn Staaten übrig: Neben Deutschland sind noch Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien grundsätzlich an Bord.

Streit hält seit Jahren an

Auch diese kleine Gruppe streitet seit Jahren über die Modalitäten und Reichweite der Steuer. Der Vorschlag von Scholz, über den zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, sieht nun vor, dass nur Aktiengeschäfte besteuert werden. Auf sie soll ein Steuersatz von 0,2 Prozent erhoben werden. Derivate und andere Finanzprodukte sind ausgenommen.

Auch bei Aktien schlägt Scholz mehrere Ausnahmen vor: Besteuert werden sollen demnach nur Unternehmen mit einem Börsenwert von mehr als einer Milliarde Euro. Dies würde in Deutschland laut Bundesfinanzministerium 145 Firmen treffen, in den zehn vorgesehenen Teilnehmerländern 500.

Darüber hinaus sollen die Regierungen die Möglichkeit erhalten, Renten- und Pensionsfonds von der Steuer auszunehmen. Und schließlich soll die Steuer auch bei der Erstausgabe von Aktien bei Börsengängen nicht erhoben werden.

Viel Kritik an Scholz-Vorschlag

Der Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi kritisierte den Plan. Scholz habe „eine echte Finanztransaktionssteuer beerdigt“, erklärte er. „Über 90 Prozent der Finanztransaktionen – darunter Derivate bzw. Finanzwetten auf Rohstoffe oder Indizes – sind ausgenommen.“

Ähnliche Kritik kam auch aus der CSU: Der Vorschlag sei „vollkommen falsch konzipiert“, erklärte der  EU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Während langfristige Investoren von der Steuer betroffen wären, freuen sich kurzfristig orientierte Spekulanten über Ausnahmen.“

Scholz selbst erwartet offenbar noch schwierige Diskussionen in den teilnehmenden Ländern, wo etwa Österreich und die Niederlande bisher deutlich weiter gehen wollten. „Es ist klar, dass die Diskussionen in bestimmten Ländern eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird“, schrieb der Bundesfinanzminister.

Tatsächlich kann Scholz nur hoffen, dass keines der Länder noch abspringt wie zuletzt Estland. Denn für die verstärkte Zusammenarbeit in der EU sind mindestens neun Länder nötig. Werden es weniger, ist das Vorhaben endgültig gescheitert.

Dann müsste auch die in Deutschland geplante neue Grundrente anders finanziert werden. Sie soll ab 2021 bis zu 1,5 Millionen Rentnern zugute kommen und diese besser stellen als die Grundsicherung. (afp)

 

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