Scholz in Japan: Rohstoffe und Lieferketten auf der Agenda
Am Freitag, dem 17. März, wird Bundeskanzler Olaf Scholz mit mehreren Kabinettsmitgliedern in Tokio eintreffen. In Japan werden neben dem Regierungschef gleich sechs hochrangige Minister mit von der Partie sein. Gesondert anreisen wird auch eine deutsche Wirtschaftsdelegation.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wird ebenso am Staatsbesuch teilnehmen wie Außenministerin Annalena Baerbock, Finanzminister Christian Lindner und Verteidigungsminister Boris Pistorius. Aber auch Innenministerin Nancy Faeser und sogar Verkehrsminister Volker Wissing sind mit von der Partie.
Dabei geht es ausdrücklich nicht um die Spannungen im Indopazifik und die Drohgebärden der KP Chinas gegenüber Taiwan. Dennoch will man auch über eine engere militärische Zusammenarbeit im Indopazifik sprechen.
Scholz sieht Japan als Vorbild bei strategischer Rohstoffpolitik
Vor allem die strategische Rohstoffpolitik und die Sicherheit der Lieferketten im Fokus der Gespräche mit den japanischen Amtskollegen. Beide Länder wollen Abhängigkeiten im Bereich der Energie und der kritischen Importgüter abbauen. Vor allem gegenüber China will man auf diese Weise den eigenen Handlungsspielraum erweitern.
Im Vorfeld bezeichnete der Bundeskanzler Japan gegenüber dem „Handelsblatt“ als Vorbild im Bereich der Rohstoffsicherung. In der Freitagsausgabe zitiert das Blatt den Kanzler mit der Aussage:
Japan folgt da lange schon einem strategischen Ansatz. Ich bin überzeugt, davon können wir einiges lernen.“
Öffentlich-private Partnerschaften auch als Modell für Deutschland
Die Bundesregierung, so Scholz, sei gerade dabei, ihre eigene Rohstoffstrategie weiterzuentwickeln. In Japan spielten öffentlich-private Kooperationen in der Energieversorgung eine tragende Rolle. Scholz will eigenen Aussagen zufolge erreichen, dass die Rohstoffgewinnung in Deutschland zwar weiter in privaten Händen bleibe. Dennoch sollten die Unternehmen „gleichzeitig so klug handeln, dass unsere Volkswirtschaft ausreichend resilient“ bleibe.
Es bedürfe dabei zudem auch einer anderen Handelspolitik. Diese solle sicherstellen, dass „Rohstoffe, die Länder wie Argentinien, Brasilien, Chile, Kongo, Indien, Indonesien oder Südafrika gewinnen, auch vor Ort verarbeitet werden können“.
Vieles, was Deutschland heute aus China beziehe, sei „nie aus chinesischer Erde gewonnen, sondern dort nur weiterverarbeitet worden“.
Diversifizierung und Exploration im eigenen Land
Wie Deutschland ist auch Japan ein rohstoffarmes Land, das stark von Importen abhängig ist. Die strategische Rohstoffpolitik Japans ist deshalb auf die Gewährleistung einer sicheren und stabilen Versorgung mit Rohstoffen ausgerichtet. Dies soll die Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Wirtschaft erhalten und steigern.
Zu den Schwerpunkten dieser Rohstoffpolitik gehört dabei die Diversifikation von Lieferquellen. Japan versucht, seine Abhängigkeit von bestimmten Rohstoffquellen zu verringern, indem es verschiedene Lieferländer und -quellen für Rohstoffe sucht.
Gleichzeitig ist die japanische Führung auch bemüht, im Land eigene Rohstoffvorkommen zu erschließen und zu nutzen, um dessen Abhängigkeit von Importen zu reduzieren.
Stärkeres Recycling soll Importabhängigkeit verringern
Gerade in den vergangenen Jahrzehnten hat das Recycling von Rohstoffen in Japan immer stärker an Bedeutung gewonnen. Eine ausgebaute Recycling-Industrie trägt ebenfalls dazu bei, die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren und gleichzeitig die Umweltbelastung zu verringern.
Bilaterale und multilaterale Abkommen mit verschiedenen Ländern und Organisationen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, um Japan den Handel mit Rohstoffen zu erleichtern. Zudem investiert Japan stark in die Entwicklung neuer Technologien zur effizienteren Nutzung von Rohstoffen. Auch das soll die Abhängigkeit von importierten Rohstoffen verhindern.
Einer Umfrage der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Japan und der Unternehmensberatung KPMG zufolge gewinnt Japan auch für deutsche Unternehmen an Bedeutung. Viele betrachten das Land als Sprungbrett nach Asien.
Mehr deutsche Unternehmen als vor einem Jahr interessieren sich für Japan
AHK-Chef Marcus Schürmann erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, 20 Prozent der befragten Unternehmen prüften Japan als möglichen Ausweichstandort zu China:
Dabei geht es um die Verlagerung von regionalen Headquarters oder die Teilverlagerung von Vertrieb, Forschung oder Produktion.“
51 Prozent der befragten Unternehmen erwarten sich von einem Engagement in Japan Zugang zu innovativen und hoch spezialisierten Zulieferern. Das sind neun Prozentpunkte mehr als bei der vorangegangenen Umfrage vor einem Jahr. Es sei „bemerkenswert“, wie schnell die Unternehmen das „von der Politik propagierte Konzept des Friendshoring“ umsetzten, urteilt Bereichsvorstand Andreas Glunz von KPMG.
Wie in Deutschland ist die wirtschaftliche Entwicklung in Japan jedoch zunehmend ein Rennen gegen die Zeit. Beide Länder sind mit einer rapiden Überalterung der Bevölkerung konfrontiert. Für die Zuwanderung von Fachkräften sind zahlreiche Länder attraktiver. Dieses Thema steht am Freitag jedoch ebenfalls nicht auf der Tagesordnung des groß angelegten Staatsbesuchs.
(Mit Material von AFP)
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