Sanktionen gegen israelische Siedler: Berlin folgt den USA

Israelische Siedler im Westjordanland sind US-Präsident Biden seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Nun erließ die USA Einreisebeschränkungen und widerruft Visa. Paris und Berlin wollen dem Schritt folgen.
Das besetzte Westjordanland wird immer wieder zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern.
Das besetzte Westjordanland wird immer wieder zum Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern.Foto: Nasser Ishtayeh/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa
Epoch Times11. Dezember 2023

Seit mehr als zwei Monaten sind viele Augen auf den Gaza-Krieg gerichtet. Auch das Westjordanland wurde in der Zeit zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern.

Berichte über Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser gibt es schon länger. Die US-Regierung erließ nun Einreisebeschränkungen, die sich unter anderem gegen extremistische israelische Siedler richten. Frankreich und Deutschland sind dafür, die von den USA erlassenen Strafmaßnahmen auch auf die Europäische Union auszuweiten.

Israelis bauen in „Bereich C“

Israel hat seit der Eroberung des Westjordanlands im Sechstagekrieg 1967 seine Siedlungen dort ausgebaut. Die Zahl der Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000.

Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Die Vereinten Nationen haben diese Siedlungen als großes Hindernis für eine Friedensregelung eingestuft, weil sie kaum noch ein zusammenhängendes Territorium für die Palästinenser bei einer möglichen Zweistaatenlösung zulassen.

Die Lage ist komplex. Laut dem Teilungsplan von 1947 der UN-Vollversammlung sollte das Westjordanland dem zu gründenden arabischen Staat Palästina zugesprochen werden. Der Plan sah die Teilung in einen jüdischen Staat, einen arabischen Staat und ein international verwaltetes Gebiet um Jerusalem vor. Die jüdische Seite akzeptierte den Plan, während die arabischen Führer ihn ablehnten.

1995 legte das Oslo-II-Abkommen die administrative Aufteilung des palästinensischen Westjordanlandes in die Gebiete A, B und C als Übergangsvereinbarung in Erwartung eines endgültigen Statusabkommens fest. Bereich A wird von der Palästinensischen Autonomiebehörde regiert, Bereich C von Israel und Bereich B steht unter gemeinsamer Kontrolle. Seither baute die israelische Seite im Bereich C die Siedlungen aus.

Derzeit erkennen 138 Staaten den Staat Palästina an, Deutschland und andere EU-Staaten nicht. Ob der Staat Palästina die Kriterien eines Staates erfüllt, wird unter Staatsrechtsexperten diskutiert und gilt als umstritten.

Biden: Siedler hätten ganze Gemeinden vertrieben

US-Präsident Joe Biden sind die Siedlungen ein Dorn im Auge. Die USA begründen ihre Strafmaßnahmen nun mit einem „alarmierenden Anstieg an Gewalttaten“ im Westjordanland. Dazu gehört nach Angaben des US-Außenministeriums „ein beispielloses Maß an Gewalt durch extremistische israelische Siedler“.

Sie hätten es auf Palästinenser und deren Eigentum abgesehen und ganze Gemeinden vertrieben. Die Einreisebeschränkungen richten sich auch gegen palästinensische Extremisten, die Gewalttaten gegen Israelis verüben. Auf beiden Seiten können enge Familienangehörige ebenfalls davon betroffen sein.

Der Sprecher des US-Außenministeriums kritisierte Israel für seinen Umgang mit dem Anstieg der Siedler-Gewalt. Man habe bisher „kein ausreichendes Maß an Maßnahmen“ gesehen, sagte Matthew Miller. Das sei ein Grund dafür, warum die US-Regierung nun reagiere.

Israelische Bürger, die bereits US-Visa besitzen und unter diese neuen Sanktionen fallen, werden nun informiert, dass ihre Visa widerrufen wurden.

Frankreich zieht mit

Paris schließt sich Washington an und spricht ebenfalls von Einreiseverboten gegen extremistische Siedler, aber auch das Einfrieren von Vermögenswerten. Laut Außenministerium erwägt die Regierung in Paris Schritte auf nationaler und europäischer Ebene.

Als Land mit der höchsten Zahl von jüdischen Einwohnern und zugleich den meisten Muslimen in Europa steht Frankreich vor einem Spagat.

Einerseits stellten sich Präsident Emmanuel Macron und die Regierung angesichts einer Welle von Antisemitismus im Land unmissverständlich an die Seite der jüdischen Bevölkerung.

Andererseits gibt es unter den Einwohner mit Wurzeln in muslimischen Ländern viele, die das Schicksal der Palästinenser besonders aufwühlt. Diese dürften den Ruf nach Sanktionen gegen Siedler auch als Zeichen sehen, dass Paris die Belange der Palästinenser in dem Konflikt gleichermaßen im Blick hat.

Deutschland befürchtet Flächenbrand in der Region

Aus Berlin sind ähnliche Stimmen zu hören. Deutschland begrüße die Haltung der Vereinigten Staaten und die beschlossenen Maßnahmen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. „Es ist aus unserer Sicht wichtig, diese Debatte auch auf europäischer Ebene voranzutreiben“, ergänzte der Sprecher mit Blick auf ein Treffen der EU-Außenminister. Dort werde sich die Bundesregierung aktiv einbringen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fürchtet, dass eine Eskalation der Gewalt im Westjordanland die Gefahr eines Flächenbrandes in der Region erhöhen könnte.

Schon in der Vorgängerregierung hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Regierung Netanjahu mehr oder weniger offen dafür kritisiert, mit einer immer weiter vorangetriebenen Ausweitung von Siedlungen in dem Gebiet die Möglichkeiten für eine Zwei-Staaten-Lösung zu verringern. Baerbock dürfte dies ähnlich sehen. (dpa/red)



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