San Francisco hat die Lösung gegen Waffengewalt: Bargeld für Kriminelle

San Francisco hat einen neuen Plan, um die jüngste Welle von Schießereien einzudämmen: die Bezahlung potenzieller Schützen.
Titelbild
San Franciscos Bürgermeisterin London Breed bei einer Pressekonferenz im März 2021.Foto: Justin Sullivan/Getty Images
Von 28. September 2021

In San Francisco, eine Stadt im US-Bundessaat Kalifornien, erhalten Kriminelle nun 300 US-Dollar pro Monat, damit sie nicht auf andere Menschen schießen – ein verzweifelter Plan, um die steigende Waffenkriminalität zu bekämpfen?

„Diese kleinen Investitionen können das Leben von Einzelpersonen, aber auch von Gemeinschaften verändern“, sagt Sheryl Davis, Geschäftsführerin der Menschenrechtskommission, die das Pilotprogramm „Dream Keeper Fellowship“ im Oktober einführen wird.

Günstiger als Inhaftierung

Im Rahmen des Pilotprogramms erhalten zunächst zehn gewaltbereite Teilnehmer die monatliche Summe, um als Botschafter für die „öffentliche Sicherheit zu sorgen“. Wenn sie bestimmte Ziele erreichen, haben sie Anspruch auf bis zu 500 US-Dollar pro Monat. Wenn die bisherigen Problembürger beispielsweise Streitigkeiten auf der Straße schlichten, die Schule besuchen oder sich einfach nur als „Community-Botschafter“ engagieren und positiv darüber sprechen, dass Probleme auch ohne Gewalt gelöst werden können.

Das Vorhaben der Stadt sei aber nicht so einfach, wie es scheint, erklärt Davis. Man gebe nicht einfach Kriminellen Geld, damit sie gute Bürger würden. Es sei eher eine Art „Investition in Gemeinden“, die am stärksten von den Auswirkungen der Kriminalität betroffen sind. Es gehe dabei um die Frage der öffentlichen Sicherheit in der Nachbarschaft.

Davis erklärte gegenüber dem „San Francisco Examiner“, dass 6.000 US-Dollar pro Jahr im Vergleich zu den Kosten für die Inhaftierung dieser Personen ein weitaus besseres Geschäft seien.

Die Beamten wollen das neue Programm im Oktober mit etwa zehn Teilnehmern starten, bevor die Zuschüsse bis Ende des Jahres auf weitere 30 Hochrisikopersonen ausgeweitet werden.

Damit sie an dem Projekt teilnehmen dürfen, wird von ihnen unter anderem erwartet, dass sie Gespräche über die öffentliche Sicherheit führen, sich selbst Ziele setzen und „darüber nachdenken, wie sie ihre Gemeinden beeinflussen und verbessern können“, sagt Davis.

Im Rahmen der Initiative werden die Teilnehmer mit neu eingestellten Life Coaches des Street Violence Intervention Program zusammengebracht, die ihnen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und Zugang zu Dienstleistungen zu erhalten. Das Programm wird durch Steuergelder, private Spenden und einen Zuschuss des Staates finanziert.

Vorgängerprojekt in Richmond

Es ist nicht das erste Programm dieser Art. In Richmond, Virginia, hat die „Operation Peacemaker Fellowship“ eignen Angaben zufolge bereits „gute Ergebnisse“ erzielt. „Die Zahl der Schießereien und Tötungsdelikte ist in Richmond um 70 Prozent zurückgegangen“, sagt David Muhammad, geschäftsführender Direktor des National Institute for Criminal Justice Reform, und berief sich dabei auf eine Untersuchung des Programms.

Es gibt aber ein Problem: Bei der Untersuchung wurde eine „synthetische Kontrolle“ angewandt. Dabei wurden Daten aus ähnlichen Gebieten wie Richmond kombiniert, um eine „synthetische“, also künstliche, Vergleichsstadt zu schaffen. Sie haben die Kriminalitätsstatistiken großer Gebiete verglichen, um die Auswirkungen eines Programms mit nur 30 Personen zu ermitteln – nach Aussagen von Experten ist diese Untersuchung daher lediglich „statistischer Unfug“. 

Das Programm, das 2007 ins Leben gerufen wurde, ist nicht unumstritten. Ein Teilnehmer wurde 2016 wegen Mordes verhaftet und später zu 40 Jahren bis lebenslänglich verurteilt. Die Mutter des Opfers beklagte damals: „Ihr habt ihnen nicht die Waffen weggenommen. Ihr habt ihnen Geld gegeben, um mehr Waffen zu kaufen.“

Solche Vorfälle sollen in San Francisco nicht mehr vorkommen, verspricht Sheryl Davis.

Träume von Gleichheit

Der berühmte erste Satz eines Gedichtes von Langston Hughes, ein bekannter Dichter und Schriftsteller der afroamerikanischen Künstlerbewegung Harlem Renaissance der 1920er Jahre, inspirierte den Namen der Initiative in San Francisco: „Was geschieht mit einem aufgeschobenen Traum?“ Träume sollen demnach nicht hinausgezögert, sondern realisiert (behalten) werden. Bei diesem „Traum“, den Martin Luther King Jr. ebenso hatte, geht es um Gleichheit – es sind gemeinsame Träume der Afroamerikaner im frühen 20. Jahrhundert.

Das Pilotprogramm „Dream Keeper Initiative“ strebt nach Gleichheit und will in die schwarze und afroamerikanische Gemeinschaft von San Francisco neu investieren. Die Initiative soll „rassistisch ungleiche politische Maßnahmen ansprechen und korrigieren, damit die Träume junger Afroamerikaner und ihrer Familien nicht länger aufgeschoben werden und sie die notwendigen Ressourcen und Unterstützung erhalten, um in San Francisco erfolgreich zu sein“.

Die ersten 60 Millionen US-Dollar sind schon in Investitionen geflossen, weitere 60 Millionen folgen. Das Geld dazu wurde direkt von der San Francisco Polizeibehörde an die afroamerikanische Gemeinschaft umgeleitet, wie bereits im Sommer 2020 von Bürgermeisterin London Breed angekündigt wurde.

Manche schreiben der Politik in San Francisco – und besonders der Stadtverwaltung – eine „Funktionsstörung“ zu. Dies betrifft die Polizeiarbeit und das Strafverfolgungssystem. Daher sucht die Stadt verzweifelt nach Lösungen.

San Francisco hat eine „Funktionsstörung“

Vor der Corona-Krise war San Francisco Amerikas Hauptstadt der Autoeinbrüche, aber mit weniger Touristen haben die Kriminellen ihre Aufmerksamkeit auf Einbrüche und Delikte mit Schusswaffen verlagert. In der ersten Jahreshälfte wurden 119 Opfer von Schusswaffendelikten registriert, doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Jahres 2020.

Auch Drogendelikte nahmen zu. Der „Economist“ schreibt, dass es im Jahr 2020 in San Francisco rund 700 Todesfälle durch Überdosis, hauptsächlich durch Fentanyl gab: mehr als doppelt so viele wie durch COVID-19.

Das Programm „Dream Keeper Initiative“ könnte durchaus positive Ergebnisse erzielen, weil polizeilichen Analysen zufolge nur zwölf kriminelle Banden für die meisten Schießereien verantwortlich sind – daher sind sie leichter zu identifizieren. „Die Gewalt ist vorhersehbar und daher auch vermeidbar“, sagt David Muhammad. Wenn die Anreize funktionieren, dann könnte es durchaus sein, dass die Kriminalität zurückgeht.

Gezielte Abschreckung vor dem Begehen von Delikten oder wie hier, Belohnung bei deren Unterlassung, erfordern Regeln und Ziele. Diese würden in San Francisco jedoch nicht angestrebt/umgesetzt. Zwar sind beim Erreichen bestimmter Ziele mehr als 300 US-Dollar drin, doch davor erfolgt die Bezahlung der Gefährder ohne Bedingungen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung.



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