Rutte, Selenskyj, Scholz und andere: Wie kann Europa auf Trumps Ukraine-Plan reagieren?
Wenn NATO-Generalsekretär Mark Rutte am Mittwoch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Brüssel zusammenkommt, kennen vorerst nur Eingeweihte den Ort. Am späten Mittwochabend sollen die Staats- und Regierungschefs großer europäischer Länder zu dem informellen Spitzentreffen dazustoßen, nach einem bereits länger geplanten EU-Westbalkan-Gipfel.
Eingeladen sind unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz, Emmanuel Macron, Giorgia Meloni und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk. Für die EU nehmen Ursula von der Leyen und der neue Ratspräsident António Costa (Portugal) teil. Großbritannien wird wohl durch Außenminister David Lammy vertreten. Auch von einer Teilnahme Dänemarks war die Rede.
Geht es um europäische Friedenstruppen?
Bei den Themen gibt sich die NATO schmallippig: Laut Bündnismitarbeitern geht es um weitere Militärhilfe für die Ukraine.
Diplomaten formulieren die Kernfragen klarer: Wie können sich die europäischen NATO-Länder auf den „Friedensplan“ des künftigen US-Präsidenten Donald Trump für die Ukraine vorbereiten? Müssen EU-Länder sogar Friedenstruppen stellen?
Bei einem Dreiertreffen mit Selenskyj und Macron in Paris forderte Donald Trump kürzlich eine „unverzügliche Waffenruhe“ in der Ukraine. Zudem bekräftigte er, dass Kiew nach seinem Amtsantritt mit weniger Militärhilfe aus Washington rechnen muss.
„Kein Frieden über die Köpfe der Ukraine und der Europäer hinweg“, lautet das Mantra der europäischen NATO-Länder. Hier endet aber schon die Einigkeit.
Keinen Konsens gibt es darüber, welchen „Deal“ die Europäer Donald Trump zugunsten der Ukraine und der europäischen Sicherheit anbieten könnte.
Könnten Europäer die Grenze Ukraine-Russland schützen?
Macron wirbt hinter den Kulissen seit Monaten für europäische Friedenstruppen, um eine von Trump vermittelte Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine abzusichern.
Das Echo aus Berlin, Warschau und anderen Hauptstädten ist verhalten. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) schloss eine Bundeswehr-Beteiligung nicht grundsätzlich aus, Scholz nannte die Debatte dagegen „unangemessen“, wohl auch mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar.
Rückendeckung bekommt Scholz nun von der neuen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas: „Um Friedenstruppen zu entsenden, muss Frieden herrschen, und Russland will keinen Frieden“, betont sie.
Als klar gilt es in Brüssel, dass die Europäer die mehr als tausend Kilometer lange Grenze zwischen Russland und der Ukraine nicht alleine sichern könnten.
Sie bräuchten Partner, auf die Präsident Wladimir Putin im Zweifelsfall nicht schießen lässt. China, Indien oder Südafrika werden genannt. Als Negativbeispiel dient die Entwicklung nach 2014, als es der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht gelang, die Kontaktlinie zu schützen.
Rutte will deutlich höhere Militärausgaben
Zur Absicherung Europas setzt Rutte auf deutlich höhere Militärausgaben. In seiner ersten Grundsatzrede drängte er die Europäer vor einigen Tagen, in den „Turbo“-Gang zu schalten. Damit könnten die Verbündeten nicht nur Trump besänftigen, sondern auch „den nächsten großen Krieg auf Nato-Gebiet verhindern“, argumentierte der Niederländer unter Anspielung auf Putin.
In diesem Jahr erfüllen nur 23 der 32 NATO-Länder die Vorgabe, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Deutschland erfüllt dies knapp. Länder wie Polen werben für ein ehrgeizigeres NATO-Ziel von 2,5 oder drei Prozent.
Und Selenskyj? Dieser könnte Trump mit der Aussicht auf lukrative Wiederaufbau-Verträge und dem Zugang zu ukrainischen Uranvorkommen überzeugen, sein Land nicht Russland zu überlassen, meint ein hochrangiger EU-Diplomat.
Die Zukunft der Ukraine ist am Donnerstag zudem eines der Hauptthemen des letzten EU-Gipfels vor Trumps Amtsantritt. Dafür kommen alle 27 Staats- und Regierungschefs mit Selenskyj zusammen.
Hier dürften auch Forderungen nach einem schuldenfinanzierten EU-Verteidigungsfonds von bis zu 500 Milliarden Euro wieder aufkommen. Scholz lehnt solche Pläne bisher ab. (afp/red)
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