Russlandexperte: Auch nach dem Brexit bleibt Grossbritannien stärkste Militär- bzw. Atommacht in Westeuropa
Wird Russland künftig einem schwächeren, weiter fragmentierenden Europa gegenüberstehen? Wird der Weggang Grossbritanniens – dem Russland-kritischsten Land in der EU – die EU als neues Ganzes wieder Russland-freundlicher machen? Und wird England, wenn es sich an den Brüsseler EU-Konsens in aussenpolitischen Fragen nicht mehr gebunden fühlt, vielleicht noch feindseliger gegenüber Moskau auftreten?
Mit wachsender Sorge wird in Moskau die enge Verquickung amerikanischer und britischer Geheimdienste in der Trump-Russland-Affäre, sowie im Skripal-Skandal registriert.
Diese Geheimdienst-Allianz ist die treibende Kraft im neuen Kalten Krieg gegen Russland, in den Washington und London alle übrigen westlichen Verbündeten hineinziehen. Im Irak-Krieg 2003 hat Europa das alles schon einmal erlebt.
Obwohl England für die Vergiftung des Ex-Spions Skripal durch russische Geheimdienste nur höchst unzulängliche Beweise präsentierte, erklärten sich Deutschland und andere EU Staaten sofort mit London solidarisch, bewerteten den Giftanschlag in England als einen Angriff auf den gesamten Westen und wiesen russische Diplomaten aus.
Grossbritanniens Träume von der Weltherrschaft
Obwohl Grossbritannien die EU verlässt, bleibt das Land nach wie vor die stärkste Militär- bzw. Atommacht in Westeuropa. In Moskau hegt man keinen Zweifel daran, dass Grossbritannien, nach Verlassen der EU, sich sicherheitspolitischen Überlegungen in der EU-Zentrale nicht mehr hingeben und zum unangefochtenen sicherheitspolitischen Verbündeten der USA wird, zum amerikanischen Hilfssheriff in Europa und der Welt.
Amerika und England werden zusammen dafür sorgen, dass die NATO weiterhin überall das Sagen hat. Eine autonome europäische Sicherheitsstruktur werden beide zu verhindern wissen.
Die Briten haben bekanntlich 1945 ihre Rolle als Imperium freiwillig an die Amerikaner abgegeben, um im Schatten der USA ihre globalen Herrschaftsträume zu konservieren.
Jetzt werden sie mit aller Kraft, mit lauteren und unlauteren Mitteln, am Fortbestand der Pax Americana arbeiten und sich mit den Amerikanern dem Übergang der Welt von einer unipolaren zu einer multipolaren Ordnung rigoros entgegenstemmen.
Russland glaubt, künftig mit einem zweifachen Westen konfrontiert zu sein. Einem friedfertigen und kooperationswilligen EU-Europa, das am Handel und einem politischen Ausgleich mit Moskau interessiert ist. Und einem angelsächsischen Teil des Westens, der den Kalten Krieg mit Russland noch stärker intensivieren wird. Warum? Ganz einfach: weil es den Angelsachsen immer um die Weltherrschaft ging.
Unter diesem Blickwinkel betrachtet, ergibt der Brexit einen völlig neuen Sinn.
Alexander Rahr gilt als einer der erfahrensten Osteuropa-Historiker, er ist Politologe und Publizist. Er ist Projektleiter beim Deutsch-Russischen Forum und Deutschlandberater von Gazprom.
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