Russland will Straßburger Urteil zu Beslan-Geiseltragödie nun doch anerkennen
Trotz großer Bedenken will Russland das Schadenersatz-Urteil des Straßburger Menschenrechtsgerichts im Fall des Geiseldramas von Beslan nun doch akzeptieren. Das Justizministerium teilte am Mittwoch in Moskau mit, dass es das Urteil vom April nun als rechtskräftig betrachte. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Berufung Russlands abgelehnt.
Die Straßburger Richter hatten Russland zur Zahlung von drei Millionen Euro an mehr als 400 Kläger verurteilt. Sie begründeten das Urteil mit schweren Versäumnissen der russischen Behörden bei der Erstürmung einer von tschetschenischen und inguschetischen Geiselnehmern besetzten Schule im nordoseetischen Beslan im Jahr 2004.
Am 1. September 2004, zu Beginn des Schuljahres, wurde die Schule im mehrheitlich von orthodoxen Christen bewohnten Beslan von mindestens 32 Terroristen der tschetschenischen Organisation „Rijadus-Salichin“ (Gärten der Tugendhaften) gestürmt. Sie nahmen die 1.100 Kinder und Erwachsene in ihre Gewalt und stellten Forderungen an die russische Regierung.
So sollten tschetschenischen Terroristen aus inguschetischen Gefängnissen freigelassen werden und russische Truppen sich aus Tschetschenien zurückziehen. Außerdem forderten sie den Rücktritt von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Bei der Befreiungsaktion stützte die Decke der Sporthalle ein, in der die Geiseln gehalten wurden. Auch gab es Schusswechsel zwischen russischen Spezialeinheiten und den Terroristen. Alle Terroristen – außer einem – wurden getötet. Insgesamt starben mehr als 330 Geiseln, unter ihnen mehr als 180 Kinder. Unter den Klägern in Straßburg waren Überlebende und Angehörige der Opfer.
Die russische Regierung hatte das Straßburger Urteil zunächst als „absolut inakzeptabel“ kritisiert und gefordert, das Verfahren vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte neu aufzurollen. Das Gericht lehnte dies aber ab.
In seiner Erklärung vom Donnerstag bedauerte das russische Justizministerium diese Entscheidung, akzeptierte sie aber. „Wir finden, dass die Umstände dieser schrecklichen Tragödie eine gründlichere und ausgewogenere Prüfung verdient hätten“, erklärte das Ministerium. Leider seien die Argumente der russischen Regierung „nicht gehört“ worden. (afp/as)
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