Russland: Staatsanwaltschaft fordert 18 Jahre Strafkolonie für US-Journalisten

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit steht in Russland der Korrespondent des „Wall Street Journal“, Evan Gershkovich, wegen angeblicher Spionage vor Gericht. Heute 14 Uhr soll das Urteil verkündet werden.
Titelbild
Ein Gefangenentransporter verlässt das Gelände des Regionalgerichts Swerdlowsk vor einer Anhörung im Prozess gegen den wegen Spionage angeklagten US-Journalisten Evan Gershkovich in Jekaterinburg am 18. Juli 2024.Foto: Alexander Nemenov/AFP via Getty Images
Epoch Times19. Juli 2024

Im Prozess gegen den US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von 18 Jahren gefordert. „Die Anklage hat 18 Jahre in einer Strafkolonie beantragt“, sagte eine Sprecherin des Gerichts im russischen Jekaterinburg am Freitag. Das Urteil werde noch am selben Tag um 17:00 Uhr (Ortszeit, 14:00 Uhr MESZ) verkündet, fügte sie hinzu.

Dem 32-jährigen US-Journalisten des „Wall Street Journal“ wird Spionage vorgeworfen. Der Prozess gegen ihn hatte am 26. Juni begonnen und war hinter verschlossenen Türen geführt worden. Nach dem zweiten Verhandlungstag beendete das Gericht am Donnerstag die von der Justiz so bezeichnete Beweisaufnahme.

Der Prozess gegen den US-Reporter Evan Gershkovich hatte am 26. Juni begonnen. Foto: Natalia Kolesnikova/AFP via Getty Images

Medien berichteten, dass ein örtlicher Abgeordneter aus Jekaterinburg, der sich mit Gershkovich getroffen hatte, vor Gericht als Zeuge ausgesagt habe. Der Politiker hatte schon zuvor berichtet, dass der US-Bürger sich für militärische Fragen interessiert hätte.

Spionagevorwürfe

Gershkovich ist der erste westliche Journalist, der seit Ende des Kalten Krieges in Russland wegen Spionagevorwürfen festgenommen wurde. Er sitzt seit März 2023 in Untersuchungshaft im Moskauer Lefortowo-Gefängnis. Er klagte immer wieder ohne Erfolg gegen die Verlängerung der Haft.

Zum Zeitpunkt seiner Festnahme befand sich der Reporter auf einer Recherchereise in der östlich des Uralgebirges gelegenen Stadt Jekaterinburg, wo nun auch sein Prozess stattfindet.

Die russischen Staatsanwälte werfen Gershkovich vor, für den US-Geheimdienst CIA zu arbeiten und geheime Informationen über einen Panzerhersteller im Ural gesammelt zu haben.

Der Prozess ist umstritten

Die Anklagebehörde sieht die in dem Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe als erwiesen an. Gershkovich, die US-Zeitung selbst wie auch die US-Regierung haben die Vorwürfe stets als haltlos zurückgewiesen. Washington fordert seine Freilassung.

Laut Anklage soll er im Auftrag des US-Geheimdienstes CIA konspirativ Informationen über die Rüstungsfabrik Uralvagonzavod gesammelt haben.

Hinter den Kulissen wird verhandelt

Nach offiziellen russischen Angaben laufen im Verborgenen Verhandlungen über einen Austausch von Gershkovich mit den USA, ohne das bisher eine Einigung erzielt werden konnte.

Der wegen Spionage angeklagte US-Journalist Evan Gershkovich winkt vor einer Anhörung im Jekaterinburger Bezirksgericht Swerdlowsk in einem der russischen gläsernen Angeklagtenkäfige. Foto: Natalia Kolesnikova/AFP via Getty Images

Russische Beobachter deuten eine schnelle Verurteilung als möglichen Hinweis darauf, dass Gershkovich nun rasch ausgetauscht werden könnte. In der Regel muss nach russischer Justizpraxis ein Urteil vorliegen, damit es zu einem Austausch kommt.

Der Machtapparat presst so immer wieder in den USA inhaftierte Russen frei.

Zudem hat der Kreml ein Interesse daran, einen nach dem Mord im Berliner Tiergarten 2021 verurteilten Russen in Deutschland freizubekommen.

Der Mörder erschoss dem deutschen Urteil zufolge im Auftrag staatlicher Moskauer Stellen aus Rache einen georgischen Staatsbürger, weil der im Tschetschenienkrieg russische Soldaten getötet haben soll.

Warnung an westliche Reporter

Gershkovich hatte wie viele westliche Journalisten in Russland mit einer Akkreditierung des Moskauer Außenministeriums gearbeitet und recherchiert.

Danach gab es auch offizielle Warnungen an westliche Reporter, in Kriegszeiten in das für seine Rüstungsindustrie bekannte Jekaterinburg 1.800 Kilometer östlich von Moskau zu reisen.

Vertreter westlicher Medien, die aus offiziell so bezeichneten unfreundlichen Staaten kommen, laufen schnell Gefahr, als Spione denunziert zu werden. (afp/dpa/red)



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