Russische Menschenrechtsaktivistin Alexejewa im Alter von 91 Jahren gestorben
Die bekannteste Menschenrechtsaktivistin Russlands, Ljudmilla Alexejewa, ist tot. Die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe sei am Samstag im Alter von 91 Jahren in einem Krankenhaus in der russischen Hauptstadt gestorben, teilte der Menschenrechtsbeauftragte des Kreml, Michail Fedotow, mit. Die frühere sowjetische Dissidentin war eine Ikone des unermüdlichen Kampfes für Bürgerrechte in ihrer Heimat.
„Dies ist ein riesiger Verlust für die gesamte Menschenrechtsbewegung in Russland“, erklärte Fedotow. Alexejewa sei bereits länger krank gewesen, „aber ihr Geist war immer stärker als ihr Körper und weitaus stärker als jede Krankheit“.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte laut russischen Nachrichtenagenturen, Präsident Wladimir Putin habe Alexejewas Familie kondoliert. Putin schätze „Alexejewas Beitrag zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Russland sehr und hatte großen Respekt für ihren Standpunkt in mehreren Fragen das Leben in unserem Land betreffend“.
Die 91-Jährige war eine scharfe Kritikerin Putins, dennoch verlieh er ihr zu ihrem 90. Geburtstag im vergangenen Jahr einen Preis für „besondere Leistungen im Bereich der Menschenrechte“. Auch wenn er sich oft mit ihr gestritten habe, gebühre ihr „enormer Respekt“ für ihren Mut, hatte Putin damals erklärt.
Die Moskauer Helsinki-Gruppe, die sie 1976 gemeinsam mit Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründet hatte, setzt sich für die Einhaltung der Menschenrechte ein. Die Gruppe beklagte am Samstag den Verlust einer „legendären, weisen und menschlichen Person, die bis zu allerletzt eine Verteidigerin der Menschenrechte blieb“.
Alexejewas politisches Engagement begann in den 50er Jahren, als erste Informationen über die Gräuel der Arbeitslager unter dem Sowjet-Diktator Josef Stalin an die Öffentlichkeit gelangten. Für die junge Geschichtslehrerin an einem Moskauer Gymnasium, die bis dahin wie ihre Eltern überzeugte Stalinistin war, brach damals eine Welt zusammen.
Schon ab 1956 wurde Alexejewas Wohnung zu einem Treffpunkt für Moskauer Intellektuelle und Dissidenten, die Menschenrechtsverletzungen in der damaligen Sowjetunion anprangerten. Alexejewa informierte Kontaktleute im Ausland über die Zustände in psychiatrischen Kliniken und die Verfolgung von Regimegegnern. Sie wurde rasch zu einer Zielscheibe des Geheimdienstes KGB, der sie immer wieder mit Verhören und Hausdurchsuchungen schikanierte.
Nach harscher Kritik an politischen Prozessen war Alexejewa in der Sowjetunion aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden und erhielt Berufsverbot. 1977 musste Alexejewa das Land verlassen und ging in die USA.
Im Exil veröffentlichte die Historikerin 1984 ein Buch über die Dissidenten-Bewegung in der Sowjetunion – noch heute ein Standardwerk. In ihre Heimat kehrte die Russin erst 1993 zurück, wo sie sich fortan weiter für die Einhaltung der Menschenrechte engagierte.
Wiederholt wurde Alexejewa wegen ihres Engagements festgenommen oder tätlich angegriffen. Dennoch bezog sie immer wieder öffentlich Stellung, so nannte sie beispielsweise das russische Vorgehen auf der Halbinsel Krim 2014 eine „Schande“.
Als der führende Oppositionelle Boris Nemzow Ende Februar 2015 auf einer Brücke in Sichtweite des Kreml erschossen wurde, sprach Alexejewa von einem „furchtbaren politischen Mord“.
Im Jahr 2009 wurde sie mit dem Sacharow-Preis des EU-Parlaments geehrt. Noch immer würden in Russland Menschen wegen ihrer politischen Überzeugung in Gefängnissen und psychiatrischen Anstalten eingesperrt, sagte sie bei der Entgegennahme des Preises. „Wenn ich auch nur einen Menschen rette, dann ist das schon eine große Freude.“ Neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen erhielt sie auch das Bundesverdienstkreuz.
Seit März 2015 saß Alexejewa wieder im Menschenrechtsrat des Kreml – den sie zuvor unter Protest verlassen hatte. Alexejewa unterstrich damals, sie werde diese Funktion nutzen, um Angriffe auf die Bürgerrechte unter dem früheren KGB-Agenten Putin zu verhindern. (afp)
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