Russische Luftangriffe – Ukraine kündigt Vergeltung an

Russland führt Luftangriffe in der Ukraine durch, während ukrainische Behörden von Vergeltungsmaßnahmen sprechen. Im Donbass steht die ukrainische Armee weiter massiv unter Druck. Die Situation spitzt sich zu, auch mit Blick auf das umkämpfte Atomkraftwerk bei Kursk.
Russland hat die Ukraine den zweiten Tag in Folge massiv aus der Luft bombardiert.
Russland hat die Ukraine den zweiten Tag in Folge aus der Luft angegriffen.Foto: Michael Shtekel/AP/dpa
Epoch Times27. August 2024

Russland hat in der Ukraine die zweite Nacht in Folge schwere Luftangriffe mit verschiedenen Waffentypen geflogen. Dabei starben nach ersten Angaben der ukrainischen Behörden mindestens fünf Menschen – zwei durch einen Raketentreffer auf ein Hotel in Krywyj Rih und drei durch Drohnenangriffe auf Saporischschja.

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj kündigte Vergeltung an. Auch vom Westen gelieferte F-16-Kampfjets würden an der militärischen Antwort beteiligt sein, sagte Selenskyj. Details nannte er nicht, verwies aber auf die seit drei Wochen laufende ukrainische Offensive im russischen Gebiet Kursk.

„Wir werden unzweifelhaft Russland auf diese und alle anderen Attacken antworten“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im sozialen Netzwerk X. „Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht ungestraft bleiben.“

Fünf Raketen und 60 Drohnen abgefangen

Laut der ukrainischen Luftwaffe setzte die russische Armee Langstreckenbomber ein, die Marschflugkörper starteten. Auch Hyperschallraketen des Typs Kinschal wurden abgefeuert. Die Bomber vom Typ Tu-95ms seien vom Luftwaffenstützpunkt Engels im Südwesten Russlands gestartet, erklärte die ukrainische Luftwaffe auf Telegram.

Demnach konnten fünf russische Marschflugkörper und 60 von 81 eingesetzten Drohnen abgefangen werden. Zehn Drohnen flogen um 9:00 Uhr Ortszeit noch im ukrainischen Luftraum. Andere Drohnen stürzten ab.

Wegen des nächtlichen Luftalarms flüchteten sich nach Medienberichten 52.000 Menschen in Kiew in U-Bahnhöfe, die als Bunker dienen. Herabstürzende Trümmer lösten am östlichen Stadtrand der Millionenstadt Grasbrände aus. Alle Flugobjekte mit Ziel Kiew seien abgeschossen worden, teilte die Militärverwaltung des Kiewer Umlands mit. Treffer und Schäden gab es nach regionalen Behördenangaben auch in den Gebieten Sumy, Charkiw, Donezk, Cherson und Chmelnyzkyj.

Über Treffer auf militärische Ziele informiert die Ukraine nicht. Nach unbestätigten Berichten könnte die Luftwaffenbasis Starokostjantyniw im westlichen Gebiet Chmelnyzkyj ein Ziel gewesen sein.

Drei Hyperschallraketen Kinschal und zwei Raketen des Typs Iskander konnten nicht abgeschossen werden, wie Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk auf Telegram mitteilte. Die Zahlen des Militärs sind nicht bis ins Detail überprüfbar.

Energiesystem und Krywyj Rih

Die Attacke richtete sich nach Einschätzung von Beobachtern erneut vor allem gegen das Energiesystem der Ukraine. Am Montag hatte Russland einen Angriff mit 127 Raketen und Marschflugkörpern sowie mehr als 100 Kampfdrohnen gegen die Ukraine geflogen.

Nach den russischen Angriffen berichteten die ukrainischen Behörden von massiven Schäden an der Energieinfrastruktur. Für Dienstag kündigten die Energieversorger stellenweise Stromabschaltungen an. Bevor die Reparaturen am Energiesektor beginnen könnten, müssten auch Streubomben entschärft werden.

Ebenfalls getroffen wurde die Industriestadt Krywyj Rih im Gebiet Dnipropetrowsk, die Geburtsstadt von Wolodymyr Selenskyj. Etwa 316 Kilometer südlich von Kiew gelegen, ist sie ein Zentrum der Eisenerzindustrie und Metallverarbeitung. Im Juli und im März hatte die Militärverwaltung von Krywyj Rih auch Einschläge mehrerer Geschosse und einer Rakete gemeldet.

Kritische Lage im Osten der Ukraine

Im Donbass steht die ukrainische Armee weiter massiv unter Druck. Angesichts des russischen Vormarschs in der Region Pokrowsk im Gebiet Donezk teilte Selenskyj mit, bei einem Treffen mit der Militärführung sei Verstärkung für die Region beschlossen worden.

Die russischen Truppen hatten im Raum Donezk stetig die Einnahme ganzer Ortschaften verkündet. Eine mögliche russische Eroberung von Pokrowsk könnte bevorstehen – wobei starke Auswirkungen auf die Verteidigungslinien in der Ostukraine erwartet werden.

Die ukrainischen Behörden ordneten in der Gegend weitere Evakuierungen an. Insgesamt wurden 27 Ortschaften im Raum Kostjantyniwka und Selydowe aufgelistet.

Ukrainische Feuerwehrleute löschen am 26. August 2024 in der Region Odesa ein Feuer bei einem ausgebrannten Lastwagen nach einem Luftangriff Russlands.Foto: Oleksandr Gimanov/AFP via Getty Images

Der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Olexander Syrskyj, informierte per Telegram über ein Gespräch mit dem Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, Christopher G. Cavoli.

Dabei sei es um die Lage an der Front, um eine Stärkung der Luftverteidigung und um den „Schutz der Städte und kritischen Infrastruktur vor den ständigen Terroranschlägen der Russischen Föderation“ gegangen. Syrskyj schilderte demnach den Bedarf an Waffen, weiterer Munition und militärischer Ausrüstung.

IAEA: Russisches Kernkraftwerk bei Kursk in Gefahr

Im umkämpften russischen Gebiet Kursk bedrohen ukrainische Angriffe auch ein russisches Kernkraftwerk. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, wird sich am Dienstag mit einem Team vor Ort ein Bild von der Lage machen. Angesichts der Kämpfe in der Nähe des Atommeilers sei die Situation als „ernst“ einzustufen, sagte der Generaldirektor.

Wie ein Sprecher der russischen Atombehörde Rosatom der Nachrichtenagentur AFP mitteilte, leitet Grossi persönlich eine Mission zur Beurteilung der Lage an dem KKW, nachdem die Ukraine vor wenigen Wochen überraschend in die Region vorgedrungen war.

Der IAEA-Chef hatte am Montag erklärt, er wolle auf „unabhängig“ beurteilen, was in Kursk vor sich gehe. „Die Sicherheit aller Atomkraftwerke“ sei für seine Behörde „von zentraler Bedeutung“, fügte er hinzu.

Das KKW in Kurtschatow liegt etwa 30 Kilometer vom äußersten Vorstoß der Ukrainer entfernt. Vorige Woche informierte Russland die IAEA über eine abgewehrte Drohne im Gebiet des Kraftwerks. Es ist noch nicht klar, ob das KKW ein Ziel des ukrainischen Vormarschs ist.

Grossi hat bereits mehrfach das russisch besetzte KKW Saporischschja in der Ukraine besucht und dort ein IAEA-Team stationiert. Die ständige Präsenz der internationalen Fachleute dient nicht nur der Beobachtung der Lage, sondern auch dazu, von Kampfhandlungen abzuschrecken, die eine Atomkatastrophe auslösen könnten.

Indiens Premier besuchte die Ukraine

Indiens Premierminister Narendra Modi hat erstmals seit 2022 die Ukraine besucht und anschließend mit US-Präsident Joe Biden gesprochen. Modi habe in dem Telefonat Indiens „konsequente Haltung“ für den Dialog und die Diplomatie bekräftigt und seine „volle Unterstützung“ für eine baldige Rückkehr zum Frieden und zur Stabilität zum Ausdruck gebracht, erklärte das indische Außenministerium am Montag.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, die Vereinigten Staaten würden alle Länder unterstützen, die sich die Perspektiven des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zur Beendigung des Krieges anhören würden. Indien hat es bislang vermieden, den russischen Angriff auf die Ukraine ausdrücklich zu verurteilen.

Das Weiße Haus veröffentlichte später eine Erklärung zu dem Telefonat, in dem Biden Modi für seine „Friedensbotschaft“ und die „anhaltende humanitäre Unterstützung für die Ukraine“ gelobt habe.

Das Land unterhält seit dem Kalten Krieg enge Beziehungen zum Kreml. Russland ist einer der wichtigsten Waffenlieferanten Indiens. Erst Anfang Juli hatte Modi Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Moskau besucht. Bilder des Treffens, auf denen sich beide Politiker umarmen, sorgten in der Ukraine für heftige Kritik. (afp/dpa/red)



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