Trotz Widerstand Rumäniens: Kövesi soll Leiterin der Europäischen Staatsanwaltschaft werden
Die frühere rumänische Korruptionsermittlerin Laura Codruta Kövesi soll erste Chefin der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft werden. Bei einem Treffen der EU-Botschafter am Donnerstag unterstützten 17 der 22 an der Behörde beteiligten Staaten die frühere Chefin der rumänischen Korruptionsbekämpfungsbehörde. Auch wenn es sich um eine „Probeabstimmung“ handelte, sei die Ernennung damit „politisch gelaufen“, sagte ein EU-Diplomat. Rumäniens Regierung versuchte bis zuletzt, Kövesis Ernennung zu verhindern.
Die Europäische Staatsanwaltschaft soll spätestens ab Anfang 2021 gegen Straftaten zu Lasten des EU-Haushaltes vorgehen. Die Behörde wird dann nicht nur bei Korruption, Geldwäsche und Betrug mit EU-Geldern ermitteln, sondern auch bei grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug, der Brüssel zufolge in die Milliarden geht. Sie kann auf nationaler Ebene selbst Ermittlungen führen, die Beschlagnahme von Vermögenswerten veranlassen und Haftbefehle gegen Verantwortliche beantragen.
Die Entscheidung über die Leitung der Behörde war in den vergangenen Monaten zur Hängepartie geworden. Das Europaparlament hatte sich im Februar für Kövesi als EU-Chefermittlerin ausgesprochen. Die Mitgliedstaaten plädierten zunächst für den französischen Juristen François Bohnert. Bei der Abstimmung am Donnerstag war auch der Deutsche Andrés Ritter weiter mit im Rennen.
Dass die Mitgliedstaaten nun umschwenkten und sich für Kövesi aussprachen, hat auch mit der Sorge zu tun, dass weitere Verzögerungen den Start der Behörde verhindern könnten. „Priorität des Rates ist eine fristgerechter Aufbau der Europäischen Staatsanwaltschaft“, sagte ein Sprecher der finnischen EU-Ratspräsidentschaft der Nachrichtenagentur AFP.
Kommende Woche treffen sich nun Vertreter des Europaparlaments und der EU-Länder, um das Vermittlungsverfahren zu der Personalie zu beenden. Danach wäre nochmals ein formaler Beschluss der Mitgliedstaaten nötig, der aber als Formalie gilt. „17 von 22 Stimmen ist eine sehr klare Mehrheit“, sagte ein EU-Diplomat. Nötig waren 12 Stimmen.
Vertreter des Europaparlaments begrüßten die Entscheidung für Kövesi. Die Rumänin „habe „als Leiterin der rumänischen Anti-Korruptionsbehörde unerschrocken Korruption bekämpft und sich gegen die unrühmlichen Attacken der rumänischen Regierung aus Sozialdemokraten gewehrt“, erklärte der grüne Abgeordnete Sven Giegold. Die Entscheidung sei damit auch „ein Schlag ins Gesicht der rumänischen Regierung“.
Rumäniens Ministerpräsidentin Viorica Dancila bekräftigte noch kurz vor der Brüsseler Abstimmung den Widerstand gegen Kövesi. Zunächst müssten die Verdachtsmomente gegen Kövesi in Rumänien ausgeräumt werden, forderte sie am Mittwochabend.
Kövesi werden von der rumänischen Justiz „Korruption, Amtsmissbrauch und Falschaussage“ vorgeworfen. Die Juristin, deren Behörde auch zahlreiche Ermittlungen gegen Politiker der regierenden Sozialdemokraten geführt hatte, bezeichnet die Vorwürfe als Teil einer Kampagne Bukarests gegen sie.
Kövesi war im Juli 2018 auf Druck der Regierung als Leiterin der Korruptionsbekämpfungsbehörde zurückgetreten. Bukarest hatte ihr vorgeworfen, mit Kritik an einer Justizreform dem Ansehen Rumäniens geschadet zu haben.
Die 2017 beschlossene Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) soll gegen Straftaten zu Lasten des EU-Haushaltes vorgehen. An ihr beteiligen sich bisher 22 der 28 EU-Staaten einschließlich Deutschlands. Sie soll Ende 2020 oder Anfang 2021 die Arbeit aufnehmen. Die Behörde wird dann nicht nur bei Korruption, Geldwäsche und Betrug mit EU-Geldern ermitteln, sondern auch bei grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug, der Brüssel zufolge in die Milliarden geht.
Nationale Strafverfolgungsbehörden werden bei grenzüberschreitenden Delikten regelmäßig durch langwierige Amtshilfeverfahren ausgebremst. Die Europäische Staatsanwaltschaft mit Sitz in Luxemburg und nationalen Büros in allen teilnehmenden Ländern soll dagegen schnell tätig werden. Anders als die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde „Olaf2 kann sie auf nationaler Ebene selbst ermitteln, die Beschlagnahme von Vermögenswerten veranlassen und Haftbefehle gegen Verantwortliche beantragen.
Zuständig ist die Behörde bei Betrug mit EU-Geldern ab 10.000 Euro und grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug ab zehn Millionen Euro. Nach Schätzungen der EU-Kommission wird die Staatsanwaltschaft jährlich voraussichtlich mehrere hundert Millionen Euro an veruntreuten Geldern zurückholen. Die Kosten für die Behörde mit 115 Mitarbeitern belaufen sich demnach auf jährlich 21 Millionen Euro. (afp)
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