Ruf nach Neuwahlen: Petition gegen Keir Starmer sammelt fast drei Millionen Unterschriften
Der erst im Juli ins Amt gekommene britische Premierminister Keir Starmer sieht sich weiterhin mit einem erheblichen Gegenwind konfrontiert. Ein Gastwirt aus Shropshire hat eine offizielle Petition initiiert, die zum Rücktritt der Regierung und zu Neuwahlen aufruft.
Obwohl sie erst am 20.11. aufgelegt wurde, hat sie es innerhalb weniger Tage auf fast drei Millionen Unterschriften gebracht.
Es reichen in Großbritannien 10.000 Unterschriften aus, damit die Regierung sich zu einer Petition äußern muss. Überschreitet sie die Marke von 100.000 Unterschriften, muss das Parlament prüfen, ob über das Thema debattiert werden soll. Im Fall der Initiative des Pub-Besitzers Michael Westwood wird dies am 6. Januar 2025 geschehen.
Gastwirt als Initiator der Petition gegen Starmer
Der Text der Petition ist einfach gefasst. Er besteht lediglich aus den Sätzen:
„Ich möchte, dass es noch einmal eine Parlamentswahl gibt. Ich denke, dass die derzeitige Labour-Regierung die Versprechen, die sie im Vorfeld der letzten Wahl gegeben hat, nicht eingehalten hat.“
Der Wirt erklärte, bei der Wahl die Konservativen gewählt zu haben, jedoch nicht aus Begeisterung für die Partei und deren Politik, sondern weil diese „der Teufel, den man kennt“ seien.
Der Labour-Regierung wirft er vor allem die für 2025 angekündigten Erhöhungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Veränderungen in der Steuergesetzgebung vor. Diese würden kleinen Unternehmen das Leben schwer machen. Er selbst, so Westwood, der als Wirt mit dem englandweit günstigsten Bier gilt, müsse die Preise für die Pinte erhöhen.
Unterschiedliche Motive – ein Ziel
Die Gründe, warum eine den Initiator selbst überraschende Anzahl an britischen Bürgern die Petition unterschreibensollte, sind unterdessen vielfältig. Seit ihrem Amtsantritt im Juli hat die Labour-Regierung eine Vielzahl an Bevölkerungsgruppen gegen sich aufgebracht.
Kritik entbrannte unter anderem am Streichen eines Heizkostenzuschusses für Rentner, an luxuriösen Wahlkampfgeschenken für Starmer oder an einer Umgestaltung der Erbschaftssteuer. Bauern beklagen vor allem diese – sowie die Ankündigung, mehr ländliche Vorbehaltsflächen für den Betrieb von Windparks auszuweisen.
Andere kritisieren die Ukrainepolitik der Regierung. Starmer hatte erst jüngst der Führung in Kiew erlaubt, britische Waffen zu nutzen, um Ziele weit auf dem Territorium der Russischen Föderation anzugreifen.
Auch in Großbritannien weckt die uneingeschränkte Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland zunehmend Sorgen, selbst in diesen hineingezogen zu werden.
Wenig Rückhalt für Petition in Labour-Hochburgen
Bis dato kommen die Unterstützer der Petition hauptsächlich aus Stimmkreisen, die von den Konservativen, den Liberaldemokraten oder der Reformpartei gewonnen wurden. In Clacton, das Reform-Chef Nigel Farage gewonnen hatte, haben bislang 7,84 Prozent der Stimmberechtigten unterschrieben. Die Reformpartei hatte sich hinter die Petition gestellt.
Auch X-Eigentümer Elon Musk hatte dazu aufgerufen, die Petition zu unterschreiben – um gegen einen „tyrannischen Polizeistaat“ zu protestieren. Damit spielte er auf Hausdurchsuchungen an, die es zuletzt gegen mehrere Nutzer sozialer Medien gegeben hatte.
Den meisten Rückhalt hat die Initiative bislang in der Grafschaft Essex. In Brentwood and Ongar haben sogar 7,99 Prozent der Wahlberechtigten unterschrieben, im nahe gelegenen Castle Point 7,86. Die Region gilt als Hochburg der Konservativen. Auch von den Torys gehaltenen Louth and Horncastle liegt die Beteiligung bislang bei 7,7 Prozent.
Weit unterdurchschnittlich ist hingegen der Rückhalt in Labour-Hochburgen. In den meisten Londoner Stadtbezirken, in Cambridge, Birmingham, Manchester oder Oxford haben weniger als zwei Prozent unterschrieben. Auch in Nordirland und Schottland beträgt die Unterstützung bis dato nirgendwo mehr als fünf Prozent.
Starmer wirft Konservativen ein „Experiment offener Grenzen“ vor
Der Premier selbst gibt sich gelassen. Er äußerte in einer TV-Sendung: „Ich erinnere mich daran, dass viele Leute von vornherein nicht Labour gewählt haben. Es überrascht mich nicht, dass viele von ihnen eine Neuwahl wollen. So funktioniert unser System aber nicht.“
Er werde sich „auf die Entscheidungen konzentrieren, die ich Tag für Tag zu treffen habe“, äußerte der Premier weiter.
Auf einer Pressekonferenz hat Starmer jüngst den Konservativen vorgeworfen, den Brexit genutzt zu haben, um Großbritannien einem „Experiment der offenen Grenzen“ zu unterwerfen. Die Zahl der Einwanderer auf der Insel sei von Juli 2022 bis Juni 2023 auf 906.000 angestiegen und habe sich „planvoll und nicht unabsichtlich“ vollzogen. Diese Zahl entspreche dem Vierfachen des Werts vor dem Brexit.
Er selbst, so Starmer, wolle die illegale Beschäftigung bekämpfen und ein Punktesystem zur Einwanderung einführen. Tory-Chefin Kemi Badenoch räumte zwar Fehler in der Einwanderungspolitik ein. Die meisten Einwanderer hätten jedoch tatsächlich Lücken auf dem Arbeitsmarkt gefüllt.
Streit über Gewicht der Petition
Kritiker der Petition versuchen, diese als rechtspopulistischen Vorstoß zu brandmarken, die noch dazu von Elon Musk gesteuert sei. Demgegenüber weisen andere darauf hin, dass Starmer selbst schon Petitionen als legitime Äußerung des Volkswillens dargestellt habe. Verwiesen wurde auf einen Kommentar zu einer Unterschriftenaktion für die Aufnahme zusätzlicher Schutzsuchender im Jahr 2015.
Starmer accused the Tories of being in favor of “open borders,” even though he had circulated a petition to encourage the UK to accept more asylum seekers.
Pot kettle black. pic.twitter.com/v3FLzIgVYI
— Alex Armstrong (@alexharmstrong) November 28, 2024
Auf der anderen Seite relativieren Anhänger des Premierministers die Bedeutung der Masse von Unterzeichnern einer Petition. Sie machen darauf aufmerksam, dass sich ein Vorstoß zur Rücknahme des Brexits auf mehr als sechs Millionen Unterzeichner stützen konnte. Das gewünschte Ergebnis blieb dennoch aus.
This is just ridiculous the amount of publicity and noise this is getting, when cancel Brexit petition got over double the signatures. Should not be new to anyone that politicians break promises! https://t.co/e23qp6nfOj
— Daniel Tangen (@iwillTriumf) November 29, 2024
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion