Rücktritt von Barnier erwartet – Macron will sich am Abend äußern

Eigentlich wären die EU und Deutschland gerade auf ein starkes Frankreich angewiesen. Im Streit um den Haushalt ist die Regierung in Paris gestürzt. Viele warnen vor gravierenden Folgen.
Titelbild
Der französische Premierminister Michel Barnier während einer Rede vor dem Misstrauensvotum gegen seine Regierung in der Nationalversammlung in Paris am 4. Dezember 2024.Foto: Alain Jocard/AFP via Getty Images
Epoch Times5. Dezember 2024

Präsident Emmanuel Macron will sich am Abend zur politischen Krise äußern – was Aufschluss darüber geben dürfte, wie es in Frankreich weitergeht. Der von Brüssel angemahnte Sparhaushalt für 2025, der Anlass für das Misstrauensvotum gegen die Minderheitsregierung war, hätte längst verabschiedet werden müssen.

Dies drängt – auch um sich das Vertrauen der im Moment mit Investitionen in Frankreich zögernden Wirtschaft sowie der Finanzmärkte zu sichern. Die schon seit dem Sommer andauernde politische Hängepartie hatte für Verunsicherung gesorgt.

Folgt schnell ein neuer Premier?

Vermutet wird, dass so schnell wie möglich ein neuer Premier samt Kabinett in Paris ernannt wird. Und erwartet wird, dass Barnier am Morgen seinen Rücktritt einreicht.

Präsident Emmanuel Macron könnte ihn möglicherweise bitten, mit seiner Regierung vorübergehend geschäftsführend im Amt zu bleiben. Nach Medienberichten will Macron aber sehr zügig einen neuen Premier ernennen.

Gleichzeitig werden die Stimmen lauter, die einen Rücktritt von Macron fordern. Dieser solle zurücktreten, oder zumindest einen früheren Termin für die Präsidentschaftswahl in Betracht ziehen, hieß es. Macron hat bislang betont, bis zum Ende seiner regulären Zeit 2027 im Amt zu bleiben.

Frankreich ist stark verschuldet

„Wenn der Misstrauensantrag durchkommt, wird alles schwieriger und alles wird schlimmer“, warnte Premier Barnier vor der Abstimmung. Die politische Instabilität werde höhere Risikoaufschläge auf Kredite und zusätzliche Milliardenlasten für das Land bedeuten und Frankreich werde für seine Schulden noch höhere Zinsen als Griechenland zahlen müssen.

Mit einem öffentlichen Schuldenstand von über 110 Prozent seiner Wirtschaftsleistung gehört Frankreich in der EU zu den Schlusslichtern, noch schlechter stehen nur Italien und Griechenland da.

Internationale Reaktionen

Die Industriestaatenorganisation OECD betonte in ihrem am Tag des Misstrauensvotums vorgelegten Weltwirtschaftsausblick die Bedeutung einer schnellen Haushaltseinigung in Paris. Schwinde die politische Unsicherheit, beruhigten sich die Märkte und der Druck auf die Finanzen lasse nach.

Sollte der Haushalt jedoch nicht verabschiedet werden, gerieten das erwartete Wirtschaftswachstum in Gefahr und Steuereinnahmen verringerten sich. Dies wiederum gefährde die Fähigkeit der Regierung, das Haushaltsdefizit zu reduzieren.

Frankreichs Präsident Macron sieht in der Waffenruhe eine Chance für den Libanon. (Archivbild)

Frankreichs Präsident Macron muss handeln. Foto: Michel Euler/AP Pool/AP/dpa

Patrick Brandmaier, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer, warnt, dass der Sturz der Regierung und das Scheitern des Sparhaushalts weitere Monate der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit für die deutschen Unternehmen in Frankreich bedeuten.

Die schwierige Situation bei sich ausweitender Staatsverschuldung und die sich eintrübenden Konjunkturerwartungen verstärkten diese Entwicklung.

Handelskammer bangt um Wirtschaftsstandort

„Nach über fünf Jahren einer pro-Wirtschaft und reformorientierten Politik zeichnen sich nun Stagnation und Unsicherheit für die Unternehmen ab“, sagte Brandmaier. „Wenngleich dies unmittelbar keine größeren Auswirkungen auf die deutschen Unternehmen in Frankreich hat, trägt es nicht zur Attraktivität und zur Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Frankreich bei.“

„Frankreich steckt in einer ernsten Krise. Das Misstrauensvotum gegen Premier Barnier erhöht die Instabilität des Landes“, sagte die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Weeser, die Vorstandsmitglied der Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung ist. „Geschwächtes Vertrauen der Finanzmärkte wird die französischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich durch steigende Finanzierungskosten belasten.“

Wie in Deutschland müsse es auch in Frankreich darum gehen, die Wirtschaft durch echte Reformen wieder in Schwung zu bringen, sagte die FDP-Politikerin. „Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist derzeit ebenfalls geschwächt, wir brauchen sie aber dringender denn je, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit zu garantieren.“

(dpa/red)



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