Rückschlag für Kiew: Ukrainische Armee zieht sich aus Awdijiwka zurück
Rückschlag für Kiew: Die ukrainische Armee muss sich im Krieg gegen die russischen Invasoren aus der seit Monaten stark umkämpften ukrainischen Stadt Awdijiwka zurückziehen.
„Angesichts der operativen Lage um Awdijiwka habe ich beschlossen, unsere Einheiten aus der Stadt abzuziehen und auf günstigeren Linien in die Verteidigung zu gehen, um eine Einkreisung zu vermeiden und das Leben und die Gesundheit der Soldaten zu schützen“, schrieb der neue ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj auf der Plattform X (vormals Twitter) und Facebook. Die Armee will die Stadt aber offenbar nicht aufgeben. Man werde zurückkehren, sagte er.
Derweil wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an diesem Samstag auf der 60. Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Überschattet wird die Konferenz von Berichten über den Tod von Kremlkritiker Alexej Nawalny in einem russischen Gefängnis.
Russische Truppen versuchen seit Oktober 2023 unter hohen Verlusten, Awdijiwka zu erobern. Die ehemalige Industriestadt war seit 2014 Vorposten der Ukraine in unmittelbarer Nähe zu Donezk, der russisch beherrschten Hauptstadt des Kohle- und Stahlreviers Donbass. Eine Eroberung der Stadt durch russische Truppen sei zwar strategisch nicht bedeutend, sie lasse sich aber vom Kreml propagandistisch ausschlachten vor der russischen Präsidentenwahl im März, schrieben die Experten des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien. Zuletzt hatte die Ukraine im Frühjahr 2023 die ebenfalls monatelang umkämpfte Stadt Bachmut aufgeben müssen. Die Front ist mehr als 1000 Kilometer lang. Der Fall von Awdijiwka ist seitdem der größte Rückschlag für die Ukraine.
Oberbefehlshaber: Leben der Militärangehörigen höchster Wert
Syrskyj schrieb weiter, die Soldaten erfüllten ihre militärische Pflicht mit Würde und machten alles, „um die besten russischen Militäreinheiten zu vernichten“; sie fügten dem Feind erhebliche Verluste an Personal und Ausrüstung zu. „Wir ergreifen Maßnahmen, um die Lage zu stabilisieren und unsere Positionen zu halten.“ Das Leben der Militärangehörigen sei der höchste Wert.
Der kommandierende General für diesen Frontabschnitt, Olexander Tarnawskyj, schrieb auf Telegram, die Armee habe Awdijiwka gemäß Befehl verlassen und habe die vorbereiteten Stellungen erreicht. „In einer Situation, in der der Feind unter ständigem Bombardement über die Leichen seiner eigenen Soldaten vorrückt und dabei einen Vorteil von zehn zu eins hat, ist dies die einzig richtige Entscheidung“, schrieb er. Die Einkesselung sei verhindert worden, das Personal abgezogen, die Soldaten nähmen die Verteidigung an den vorgesehenen Linien auf.
In den vergangenen Tagen war die Lage für die ukrainischen Verteidiger in der Stadt immer schwieriger geworden. Sie wehrten sich unter „unmenschlichen Bedingungen“, schrieb der Pressedienst der in Awdijiwka eingesetzten 110. Brigade der ukrainischen Armee am Freitag auf Facebook. „Heute wirft der Feind enorme Kräfte in Form von Personal, gepanzerten Fahrzeugen und Flugzeugen in Richtung Awdijiwka.“
Russische Truppen seien von mehreren Seiten vorgerückt, analysierten die ISW-Experten in ihrem Tagesbericht für Donnerstag. Durch Fotos sei belegt, dass russische Truppen von Norden her an der großen Kokerei von Awdijiwka vordringen. Im Süden der Stadt sei eine wichtige befestigte Verteidigungsanlage der Ukrainer erobert worden. „Russische Truppen können die Einkesselung einiger ukrainischer Kräfte vollenden, wenn die ukrainischen Truppen sich nicht zurückziehen oder erfolgreiche Gegenangriffe unternehmen“, folgerten die Beobachter.
Russland: Zwei ukrainische Drohnen abgewehrt
Die russische Luftabwehr wehrte in der Nacht zu Samstag eigenen Angaben zufolge zwei ukrainische Drohnen in der südwestrussischen Region Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine ab. Das teilte die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf den Gouverneur der Region mit. Nach vorläufigen Informationen gebe es keine Verletzten oder Schäden. Ob wirklich alle Geschosse im Anflug abgewehrt werden konnten, war zunächst nicht unabhängig überprüfbar.
Bei ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion beschießt die Ukraine auch immer wieder russisches Staatsgebiet – sowohl in der Grenzregion als auch im Hinterland.
Frankreich schließt Sicherheitspakt mit Ukraine
Frankreich schloss am Freitag mit der Ukraine einen Sicherheitspakt und sicherte dem Land weitere Waffen und Hilfe im Abwehrkampf gegen Russland zu. „Frankreich wird die Ukraine auf Dauer unterstützen“, sagte Präsident Emmanuel Macron nach der Unterzeichnung der Abmachung im Élysée-Palast in Paris.
Im laufenden Jahr werde die Ukraine von Frankreich Militärhilfe im Umfang von bis zu drei Milliarden Euro erhalten, nach 1,7 Milliarden Euro 2022 und 2,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Selenskyj hatte zuvor am Freitag bei einem Zwischenstopp in Berlin ein vergleichbares Abkommen für sein Land mit Deutschland geschlossen. Deutschland sagte der Ukraine weitere Waffen im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro für den Abwehrkampf gegen Russland zu.
Die Sicherheitsabkommen gehen auf einen Beschluss der Staats- und Regierungschefs der Nato bei ihrem Gipfeltreffen im litauischen Vilnius im Juli zurück. Dort wurde vereinbart, dass die einzelnen Mitgliedstaaten bilaterale Vereinbarungen abschließen, um die Sicherheit der Ukraine langfristig zu gewährleisten. Großbritannien hatte im Januar den Anfang gemacht. Die anderen Nato-Staaten sollen nun nach und nach mit ihren Zusagen folgen. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion