Rückschlag für den Präsidenten: Macrons Partei verliert absolute Mehrheit in Nationalversammlung
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat seine absolute Mehrheit im Parlament eingebüßt: Macron-kritische Abgeordnete seiner Partei La République en Marche (LREM), Umweltschützer und andere gründeten am Dienstag eine neue Fraktion in der Nationalversammlung. „Nach Covid-19 darf nichts mehr so sein wie zuvor“, erklärten sie und forderten Investitionen in das angeschlagene Gesundheitssystem. Knapp zwei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl ist die Neugründung ein Dämpfer für den Staatschef.
Der neuen Fraktion Ecologie Démocratie Solidarité (Ökologie Demokratie Solidarität) gehören 17 Abgeordnete an, darunter mehrere aktuelle und ehemalige Mitglieder der Präsidentenpartei LREM (Die Republik in Bewegung). Mit der Neugründung verliert Macrons Fraktion sieben Mitglieder. Sie hat jetzt nur noch 288 Mandate – die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung liegt bei 289.
Macrons politische Projekte sind dadurch vorerst nicht gefährdet: Seine Partei kann bei Abstimmungen weiter auf die Unterstützung der verbündeten Parteien MoDem (Liberale) sowie Agir (gemäßigte Konservative) setzen. Die Abspaltung sei keine „Naturkatastrophe“, hieß es von LREM.
Sie hat aber dennoch hohen Symbolwert: Denn unter den Abweichlern sind Abgeordnete, die noch vor gut drei Jahren begeistert mit Macron für dessen neue Bewegung gekämpft hatten und nun ernüchtert sind. Dazu zählt der preisgekrönte Mathematiker Cédric Villani, der mit Macron brach, nachdem dieser ihm die Spitzenkandidatur bei der Pariser Bürgermeisterwahl verbaut hatte.
Zu der neuen Fraktion zählen auch andere frühere Macron-Mitstreiter wie Matthieu Orphelin. Der neue Ko-Vorsitzende der Fraktion steht dem früheren Umweltminister Nicolas Hulot nahe, der im Streit um Macrons Klimapolitik aus dem Amt schied. Außerdem gehört der Gruppe die einzige Deutsche in der Nationalversammlung an: Die in Remscheid geborene Unternehmerin Sabine Thillaye, die den Vorsitz des Europa-Ausschusses in der Nationalversammlung abgeben musste und daraufhin im Februar Macrons Fraktion verließ.
Die neue Fraktion bezeichnet sich selbst als unabhängig und fühlt sich weder der Opposition noch der Regierungsmehrheit zugehörig. Sie will sich nach eigenen Angaben vor allem für einen „gesellschaftlichen und ökologischen Wandel“ einsetzen.
Beide Themen hat Macron aus Sicht von Kritikern in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit vernachlässigt. Soziale und zum Teil auch ökologische Themen trieben ab dem Herbst 2018 zunächst die Protestbewegung der „Gelbwesten“ an. Sie hat zwar an Zulauf verloren, fordert aber weiter den Rücktritt des Staatschefs, den sie als „Präsident der Reichen“ sieht.
Ab dem vergangenen Herbst folgten dann Massenproteste gegen Macrons Rentenreform-Pläne. Seine Reformvorhaben hat der Präsident wegen der Corona-Krise stillschweigend auf Eis gelegt, Priorität hat das Corona-Krisenmanagement. Auch an diesem wurde in der Pandemie aber massive Kritik laut. Die Krankenhäuser, denen Macron Einsparungen verordnet hatte, brachen unter der Last der Infektionsfälle schnell zusammen. Mit mehr als 28.000 Corona-Todesopfern ist Frankreich eines der am stärksten betroffenen Länder in Europa. Die neue Fraktion fordert deshalb unter anderem Investitionen in das öffentliche Gesundheitssystem.
Macrons Partei LREM hat seit der Parlamentswahl 2017 einen steten Aderlass zu beklagen: Gestartet war sie mit 314 Abgeordneten und dem Versprechen, ein neues sozialliberales Bündnis jenseits der alten Lager von „Rechts“ und „Links“ zu bilden. Seitdem sind 26 Parlamentarier ausgeschieden. (afp)
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